Archiv für den Autor: Bernd F. Lunkewitz

Verfasssungsbeschwerde

V e r f a s s u n g s b e s c h w e r d e

            1.) des Herrn Bernd F. Lunkewitz,

                  Beschwerdeführer zu 1.)

             2.) der BFL Beteiligungsgesellschaft mbH,

vertreten durch ihren Geschäftsführer, Herrn Bernd F. Lunkewitz,

 Beschwerdeführerin zu 2.)

        –  Prozeßbevollmächtigter:

            Wie zuvor –.

Namens und im Auftrag der Beschwerdeführer erhebe ich

                        Verfassungsbeschwerde

gegen den

        –  Beschluß des Kammergerichts vom 13.05.2020

22 W 73 / 14

nach

AG Charlottenburg

84 HRB 35 991 B,

zugestellt am 27.05.2020,

(Anlage VB 14)

                    –  Beschluß des Kammergerichts vom 11.06.2020

22 W 73 / 14

nach

AG Charlottenburg

84 HRB 35 991 B,

zugestellt am 17.06.2020,

(Anlage VB 16)

und beantrage,

1.)

die Verfassungsbeschwerde zur

Entscheidung anzunehmen,

2.)

festzustellen, daß die Beschwerdeführer

durch die angefochtenen Beschlüsse in

ihren Grundrechten verletzt worden sind,

und zwar in ihrem grundrechtsgleichen

Recht auf Gewährung des rechtlichen Gehörs,

vgl. Art. 103 (1) GG,

in ihrem Grundrecht aus Art 3 (1) GG,

in ihrem grundrechtlich geschützten

allgemeinen Justizgewährungsanspruch,

vgl. Art 2 (1) GG sowie Art. 19 (4) GG

iVm dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. Art 20 (3) GG,

3.)

die Sache unter Aufhebung der angefochtenen

Entscheidungen zur Ausführung der Löschung

an das AG Charlottenburg Berlin abzugeben,

hilfsweise,

die Sache unter Aufhebung der angefochtenen

Entscheidungen unter Beachtung der Rechts-

auffassung des Bundesverfassungsgerichts an

das Kammergericht, dort an einen nicht

vorbefaßten Spruchkörper, zurückzuverweisen,

4.)

das Land Berlin und die

Bundesrepublik Deutschland zu verpflichten,

den Beschwerdeführern ihre notwendigen

Auslagen zu erstatten.

Ich überreiche:

                    –  Auf mich lautende Vollmacht

nach § 22 (2) BVerfGG

                        des Beschwerdeführers zu 1.)

                        (Anlage VB 1)

                    –  Auf mich lautende Vollmacht

nach § 22 (2) BVerfGG

                        der Beschwerdeführerin zu 2.)

                        (Anlage VB 2).

Nachfolgend als „… Anlage VB …“ in Bezug genommene Unterlagen sind Bestandteil dieses Schriftsatzes. Angeführte Unterlagen mit Verweis finden sich in den als solche bezeichneten Verfahrensakten, die ich separat aus meiner Verfahrensakte überreiche.

Den Streitwert bemesse ich mit € 10.000,00.

 

 

 

 

Begründung

Ich überreiche:

                        Gliederung

                        der nachfolgenden Ausführungen

                        (Anlage ASt 0)

  1. A) Ausgangslage

Die Verfassungsbeschwerde hat ihre Grundlage in einem handelsregisterlichen Amtslöschungsverfahren nach § 395 (1) FamFG.

I.) Streitgegenstand: Eigentum am Aufbau-Verlag

Unter dem 29.11.1990 sind beim AG Charlottenburg Berlin zu HRB 35 991 betreffend den Aufbau-Verlag, den bekannten belletristischen Verlag der ehemaligen DDR, folgende Firma und folgender Umwandlungsvermerk eingetragen worden:

                        „Nr. 2

Aufbau-Verlag

                        Gesellschaft mit beschränkter Haftung

                        im Aufbau

                        …

                        Nr. 6

                        Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Aufbau,

entstanden nach dem Treuhandgesetz durch

Umwandlung des Aufbau-Verlag Berlin und Weimar.“

HRB 35 991

(Anlage VB 3)

Damit korrespondiert die Eintragung im Handblatt Nr. 538 zum Register der volkseigenen Wirtschaft – Handelsregister Abteilung C – folgend: HRC – vom 19.12.1990.

„Nr. 1

  1. a) Aufbau-Verlag
  2. b) B e r l i n

Nr. 10

Umwandlung gem. Treuhandgesetz vom 17.06.1990

Amtsgericht Charlottenburg

HRB 35 991″

HRC 538

(Anlage VB 4)

Die Beschwerdeführer haben beim AG Charlottenburg durch Schriftsatz vom 26.04.2010 die Löschung der Umwandlungsvermerke mit der Begründung beantragt, die unter dem 16.08.1945 in Berlin gegründete Aufbau-Verlag GmbH habe sich seit Gründung im Eigentum des Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, der bekannten Massenorganisation  der DDR, befunden, und dieser sei nachfolgend und auch während  der  gesamten  Existenz  der  DDR  und  über  den  01.07.1990 – Inkrafttreten des Treuhandgesetzes, folgend auch THG – und über den 03.10.1990 – Vereinigung der bisherigen Teilstaaten – ununterbrochen Eigentümer geblieben, bis er ihn durch Vertrag vom 21.12.1995 an den Beschwerdeführer zu 1.) verkauft und übertragen habe. Da der Aufbau-Verlag also nie in Volkseigentum geraten sei, sei eine Kapitalgesellschaft im Aufbau nach THG nie entstanden, vgl. §§ 1 (4), 11 (2) THG.

Dazu haben sich die Beschwerdeführer – u. a. – auf drei speziell zur Eigentumslage am Aufbau-Verlag ergangene Entscheidungen des BGH bzw. auf die diesen zu Grunde liegenden Urteile des OLG Frankfurt am Main gestützt, die genau das bestätigt haben. Das durchgehende Eigentum des Kulturbund bis zum 21.12.1995 ist dort mit der Maßgabe festgestellt, daß die Aufbau-Verlag  GmbH durch ihre – auf Veranlassung des Kulturbund erfolgte – Umtragung vom 05.04.1955 von HRB nach HRC nach dem Recht der DDR in einen organisationseigenen Betrieb – OEB – umgewandelt worden  ist,  der  weiterhin  dem  Kulturbund  gehört  hat.  Nach  Wegfall der Rechtsform des OEB mit Ablauf des 02.10.1990 ist der Kulturbund Eigentümer der Vermögensmasse geblieben und hat diese wie bemerkt unter dem 21.12.1995 an den Beschwerdeführer zu 1.) verkauft und übertragen.

                    –  BGH

                        vom 10.12.2007 zu II ZR 213 / 06

                        und

                        vom 03.03.2008 zu II ZR 213 / 06

                        (Anlage VB 5)

                    –  OLG FfM

                        vom 17.08.2006 zu 16 U 175 / 05

                        (Anlage VB 6)

                    –  BGH

                        vom 27.09.2010 zu II ZR 182 / 07

                        (Anlage VB 7)

                    –  Rücknahmeschriftsatz

                        vom 11.11.2010

                        (Anlage VB 8)

                    –  BGH

                        vom 12.07.2011 zu II ZR 134 / 10

                        (Anlage VB 9)

                        BGH

                        vom 19.09.2011 zu II ZR 134 / 10

                        (Anlage VB 10)

Zum Komplex Umwandlung der Aufbau-Verlag GmbH des Kulturbund in einen OEB des Kulturbund stellte der BGH wörtlich fest:

                        „Die Rechtssache ist richtig entschieden.

                        Das Berufungsgericht ist in nicht zu

                        beanstandender Würdigung der unstreitigen

                        Tatsachen zu der Überzeugung gelangt, daß

                        die 1945 gegründete Klägerin 1955 wirksam

                        in einen OEB umgewandelt worden und

                        damit zum Zeitpunkt des Beitritts unter-

                        gegangen ist.

                        Die dagegen gerichteten Angriffe der

Revision sind unbegründet.

Daß die Umwandlung einer GmbH in einen

OEB nach dem Recht möglich war, das im

Zeitpunkt der Umwandlung in Ost-Berlin,

dem Ort des Sitzes der Klägerin, gegolten

hat, folgt aus § 2 der Verordnung über Maß-

nahmen zur Einführung des Prinzips der

wirtschaftlichen Rechnungsführung in den

dem Magistrat von Groß-Berlin unterstehenden

Betrieben der volkseigenen Wirtschaft vom

  1. September 1952 (VOBl. für Groß-Berlin

Teil I Nr. 46 s. 446) in Verbindung mit

  • 2 Abs. 2 der hierzu erlassenen Dritten

Durchführungsbestimmung vom selben Tag

(aaO S. 447), auf die der Magistrat von

Groß-Berlin die Löschungsanordnung mangels

Register B und die Anordnung der Eintragung

mangels Register C gestützt hat.“

                    –  BGH

                        vom 27.09.2010 zu II ZR 182 / 07

                        (Anlage VB 7)

                    –  BGH

                        vom 12.07.2011 zu II ZR 134 / 10

                        (Anlage VB 9)

Die dortige Klägerin ist die am 16.08.1945 gegründete Aufbau-Verlag GmbH gewesen.

Zum Komplex ununterbrochen fortbestehendes Eigentum des Kulturbund am Aufbau-Verlag seit seiner Gründung am 16.08.1945 auch über den 01.07.1990 hinaus und auch über den Ablauf des 02.10.1990 hinaus bis zum 21.12.1995 stellte der BGH wörtlich fest:

                        „Das Berufungsgericht ist

                        in rechtlich unangreifbarer

                        Würdigung der unstreitigen

                        Tatsachen und der vorgelegten

                        Urkunden zu der Überzeugung

                        gelangt, daß der Kulturbund

                        bis zum Beitritt der DDR seine

                        Inhaberrechte an der ehemaligen

                        Aufbauverlag GmbH nicht

                        verloren hatte und diese Rechte

                        deswegen wirksam auf den

                        Beklagten hat übertragen können.“

                        BGH  

                        vom 10.12.2007 zu II ZR 213 / 06

                        (Anlage VB 5)

Der dortige Beklagte ist der hiesige Beschwerdeführer zu 1.), wie bemerkt der Käufer des Vermögens des Aufbau-Verlag nach dem Vertrag vom 21.12.1995 mit dem Kulturbund e. V. Die Beschwerdeführerin zu 2.), deren Alleingesellschafter der Beschwerdeführer zu 1.) ist, hat durch die Verträge vom 18.09. / 27.09.1991 und vom 24.11.1992 die Geschäftsanteile erworben, die nach den Erklärungen der Verkäuferin, der Treuhandanstalt, an einer vermeintlich durch Umwandlung nach §§ 1 (4), 11 (2) THG entstandenen Aufbau-Verlag GmbH im Aufbau entstanden waren.

Die BVS ist sowohl im Verfahren BGH zu II ZR 213 / 06 als auch im Verfahren BGH zu II ZR 134 / 10 durch die Instanzen hindurch als Streitverkündete beteiligt gewesen und hatte sich dort umfassend geäußert, vgl. Anlagen VB 5, VB 6, VB 9, VB 10.

In dem Verfahren BGH II ZR 213 / 06 ist die BVS Streithelferin der Klägerin gegen den Beschwerdeführer zu 1.) gewesen, so daß diese Entscheidung auch ihr gegenüber in Rechtskraft erwachsen ist, vgl. Anlagen VB 5 und VB 6.

Das  Kammergericht hat den Anträgen durch Beschluß vom 16.12.2013 zu 12 W 32 / 12 stattgegeben und die Sache zur Ausführung der Löschung mit der Maßgabe an das AG Charlottenburg zurückgegeben, daß die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben – BVS – am Verfahren zu beteiligen war.

                        KG

vom 16.12.2013 zu 12 W 32 / 12

                        (Anlage VB 11)

Darauf hat das AG Charlottenburg durch rechtlichen Hinweis vom 08.01.2014 die Löschung der Umwandlungsvermerke angekündigt und durch Beschluß vom 24.07.2014 den Widerspruch der BVS zurückgewiesen. Das Vorliegen einer Ausnahme von der Bindungswirkung des Beschlusses des KG vom 16.12.2013 hat es ausgeschlossen, weil neue Tatsachen nicht vorgetragen waren.

                    –  AG Charlottenburg

                        vom 08.01.2014 zu HRB 35 991

                        (Anlage VB 12)

                    –  „Eine Ausnahme von dieser Bindungs-

wirkung der vorgenannten Entscheidung

liegt nicht vor, weil keine neuen

Tatsachen vorliegen, die eine abweichende

Entscheidung rechtfertigen …“

                        …

                        Alle entscheidungserheblichen Tatsachen

und Entscheidungen lagen dem Beschwerde-

gericht vor. Es handelt sich insgesamt um

dasselbe Löschungsverfahren.“

                        AG Charlottenburg

                        vom 24.07.2014 zu HRB 35 991

                        (Anlage VB 13)

Auf die Beschwerde der BVS und nach einem Zuständigkeitswechsel mit Wirkung zum 01.01.2015  hat  das  Kammergericht  durch  Beschluß  vom 13.05.2020 zu 22 W 73 / 14, also nach knapp 5 ½ – jähriger Verfahrensdauer, entgegen dem vorangegangenen Beschluß des 12. Senats das Löschungsverfahren eingestellt. Die dagegen gerichtete, 33 Seiten umfassende  Rüge  der  Beschwerdeführer  wegen  Verletzung des Anspruchs

auf  rechtliches  Gehör,  vgl. § 44 FamFG,  vorgelegt  vorab  per  Telefax am 10.06.2020, Eingang bei Gericht um 13.54 Uhr, wies der erkennende Senat durch Beschluß vom 11.06.2020 zurück, vgl. nachfolgend Anlagen VB 16, VB 14.

                    –  KG

vom 13.05.2020 zu 22 W 73 / 14

                        (Anlage VB 14)

                    –  Empfangsbekenntnis dazu

                        vom 27.05.2020

                        (Anlage VB 15)

                    –  KG

                        vom 11.06.2020 zu 22 W 73 / 14

                        (Anlage VB 16)

                    –  Empfangsbekenntnis dazu

                        vom 17.06.2020

                        (Anlage VB 17)

II.) Untätigkeit

      Ablehnungsgesuch vom 03.04.2019

Da das beim 22. Senat seit dem 01.01.2015 anhängige Verfahren in den nachfolgenden Jahren nicht betrieben wurde und auch Nachfragen nach dem Fortgang nicht mehr beantwortet wurden, lehnten unter dem 03.04.2019 die Beschwerdeführer  die  mit  dem  Verfahren  befaßten  Mitglieder  des  Senats wegen Befangenheit unter dem Gesichtspunkt der Untätigkeit ab. Namentlich konnten sie diese – im FamFG – Verfahren – nicht benennen, zumal der erkennende Senat auch Erörterungstermine / Persönliche Anhörungen nicht durchgeführt  hatte,  vgl. §§ 32, 34  FamFG, demzufolge auch keine Protokolle / Vermerke vorlagen, aus denen die befaßten Richter hätten identifiziert werden können.

                        Schriftsatz

vom 03.04.2019

                        Verfahrensakte Band IV

Zur Begründung beriefen sie sich unter Darlegung des Sachverhalts auf die Rechtsprechung des BVerfG, wonach die Parteien auch in zivilistischen und im Verfahren nach FamFG einen verfahrens – und verfassungsrechtlich basierten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz haben, vgl. Art 2 (1) GG, Art 20 (3) GG, Art 19 (4) GG, Art 6 (1) EMRK, woraus sich die Verpflichtung der Fachgerichte ergibt, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zu einem Abschluß zu bringen, umso dringlicher, je länger ein Verfahren bereits anhängig ist.

                        BVerfG vom 05.08.2013

                        1 BvR 2965 / 10

                        NJW 2013, 3432 (3233) RdNr. 20 mwN BVerfG

In dem Gesuch ist u. a. dargelegt, daß die Verzögerung der Entscheidung im Rechtsmittelzug auch deswegen nicht nachvollziehbar war, weil nach Rückgabe  der  Sache  durch  den  Beschluß  des  KG  vom  16.12.2013  zu 12 W 32 / 12 an das AG Charlottenburg keine der Parteien irgendwelchen neuen Tatsachenvortrag gehalten hatte. Die BVS hatte keinerlei neue Umstände mitgeteilt. Die Beschwerdeführer hatten lediglich ergänzend zu genau den Umständen vorgetragen, die von allen Beteiligten bereits in den Verfahren

                    –  BGH

                        II ZR 213 / 06

                    –  BGH

                        II ZR 181 / 07

                    –  BGH

                        II ZR 134 / 10

als entscheidungserheblich  vorgetragen und erkannt und entschieden worden und seit Jahr und Tag auch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gewesen waren.

                        AG Charlottenburg

                        vom 24.07.2014 zu HRB 35 991

                        (Anlage VB 13)

Per   Hinweis   vom   15.04.2019  hielt  das   KG  durch  Herrn   RiKG  Kuhnke wegen unterbliebener Nennung der Namen der abgelehnten Richter und wegen vermeintlich fehlenden Sachvortrags rechtsmißbräuchliches Verhalten vor, über das der erkennende Senat in der Ursprungbesetzung entscheiden könne. Durch Schriftsatz vom 03.05.2019 verwiesen die Beschwerdeführer auf die Sach(vortrags)- und Rechtslage. Darauf kam es unter dem 06.06.2019 zu   einer  ‚… Klarstellung …‘  durch  Herrn  RiKG  Kuhnke:  Soweit  sein „… Hinweis vom 15. April 2019 offenbar als konkret mißverstanden worden (sei), stelle (er) klar, daß es sich um einen allgemeinen rechtlichen Hinweis handelte.“

                    –  KG

                        Hinweis vom 15.04.2019

                        (Anlage VB 18)

                    –  Schriftsatz

                        vom 03.05.2019

                        Verfahrensakte Band IV

                    –  KG

                        Hinweis vom 06.06.2019

                        Anlage VB 19)

Dem Vorsitzenden Richter, Herrn Dr. Müther, lagen ausweislich seiner dienstlichen Erklärung vom 06.06.2019

                        „… die Akten offenbar genau

                        zweimal vor.

                        Einmal am 29. April 2015 wegen

einer Sachstandsanfrage des

Amtsgerichts Charlottenburg …

                        und am 04. April 2019 wegen

des Ablehnungsgesuchs vom

  1. April 2019 …“

                        Herr Dr. Müther

                        Dienstliche Erklärung vom 06.06.2019

                        (Anlage VB 20)

Die Beschwerdeführer vertieften ihre Darlegungen zu den Beschleunigungspflichten der erkennenden Richter, ferner zu denjenigen der Vorsitzenden Richter, die insgesamt nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung vermöge ihrer besonderen Auswahl die Güte und die Einheitlichkeit / Stetigkeit der Rechtsprechung unter Beachtung der Prozeßvorschriften  zur  Gewährleitung  eines Fair Trial in besonderem Maße zu gewährleisten haben, wobei sie zur allseitigen   Aufklärung  des Sachverhalts   und   zu  umfangreichem  Aktenstudium   verpflichtet   sind,   vgl.  §§  21 f, 59 (1),  150 GVG,  ferner § 19 a DRiG,

                    –  Schriftsatz

                        vom 03.05.2019

                        Verfahrensakte Band IV

                    –  Schriftsatz

                        vom 08.07.2019

                        Verfahrensakte Band IV

allerdings vergeblich. Das Gesuch ist durch Beschluß vom 11.07.2019 zurückgewiesen worden. Zur Begründung in bezug auf Herrn Dr. Müther, den Vorsitzenden,  hieß  es,  aus  etwaigen  Unterlassungen – das  könne dahinstehen – für sich sei auf eine mögliche Befangenheit nicht zu schließen. Die Beschwerdeführer seien schließlich nicht daran gehindert gewesen, zunächst einmal die Verzögerung gegenüber dem Vorsitzenden Richter anzuzeigen und dessen Reaktion abzuwarten.

                        KG

                        vom 11.07.2019

                        (Anlage VB 21)

III.) Akteneinsicht

       Verfahrens- / Aktenführung zu Lasten der Beschwerdeführer

       Ablehnungsgesuch vom 21.08.2019

Weiter ergab sich:

1.) Rechtlicher Hinweis

Unter dem 01.08.2019 verband der erkennende Senat die Mitteilung, „…  die Sache am 29. Juli 2019 vorberaten …“ zu haben, mit einem rechtlichen Hinweis zu verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten.

                        KG

                        Hinweis vom 01.08.2019

                        (Anlage VB 22)

Zunächst verwies er auf das Statut des Aufbau-Verlag vom 10.01.1961, das die BVS durch ihre Bevollmächtigten – KPMG – durch Schriftsatz vom 14.07.2014 eingereicht habe. Dieses könne für die Beurteilung von Bedeutung sein, vgl. Anlage VB 22 Blatt 1 Absatz 2. Dann beschäftigte er sich  kritisch  mit  den  Rechtsgrundlagen,  auf  denen  die  Umwandlung  der Aufbau-Verlag  GmbH  in   einen  OEB  des  Kulturbund  in  1955  beruhten, vgl. Anlage VB 22 Blatt 1 letzter Absatz. Ferner war nachzulesen, daß der Antrag auf Eintragung als GmbH im Aufbau von einem „… Vertretungsorgan des Verlages …“ gestellt worden sei, vgl. Anlage VB 22 Blatt 1 letzter Absatz am Ende.

Die Ausführungen überraschten, weil die Beschwerdeführer die Entwicklung der Eigentumslage am Aufbau-Verlag seit seiner Gründung durch Schriftsatz vom 22.05.2014 wohlgeordnet und umfassend und  umfassend urkundlich  unterlegt auf  75  von insgesamt 90 Seiten zusammengefaßt hatten. Nichts von diesem Vortrag hatte ausweislich des Hinweises vom 01.08.2019 der erkennende Senat erörtert oder auch nur zur Kenntnis genommen.

                    –  Schriftsatz

                        vom 22.05.2014

                        Verfahrensakte Band II

                    –  Gliederung dazu

                        (Anlage VB 23)

Das Statut des Aufbau-Verlag vom 10.01.1961 hatten die Beschwerdeführer in seiner Endfassung vom 10.01.1961 mit allen dazugehörigen Erklärungen aller beteiligten Stellen vorgelegt und sich damit im einzelnen auseinandergesetzt.

                    –  Schriftsatz

                        vom 22.05.2014

Blatt 24 bis Blatt 28 unter III.) mwN

Verfahrensakte Band II

                    –  Gliederung

Blatt 2 unter B) III.)

                        (Anlage VB 23)

Die BVS – KPMG – hat in ihrem Schriftsatz vom 14.07.2014 das Statut überhaupt nicht angesprochen, durch Schriftsatz vom 28.02.2014 einen nie unterzeichneten und nie wirksam gewordenen Vorentwurf vorgelegt.

                    –  Schriftsatz

                        vom 28.02.2014

                        Blatt 10 / Blatt 11 unter IV.) mwN

                        Verfahrensakte Band I

In   bezug   auf   die   Rechtsgrundlagen   der   Umwandlung   in   1955 widersprach der Hinweis nicht nur der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu BGH II ZR 213 / 06 sowie zu II ZR 181 / 07 sowie zu II ZR 134 / 10. Er war überdies schon deswegen fehlerhaft, weil die dort dargelegte Differenzierung zwischen der Rechtslage für Groß-Berlin einerseits und das Gebiet der DDR andererseits in Wahrheit überhaupt nicht existierte. Auch nach der für das Gebiet der DDR geltenden Rechtslage waren sog. gleichgestellte Unternehmen – wie eben die Aufbau-Verlag GmbH – auf Grund    entsprechender    Anordnung    umzutragen    und   wurden   dadurch umgewandelt. Nur fand sich – auch – jene Bestimmung nicht in der aaO mitgeteilten VO selbst, wie vom erkennenden Senat fälschlich postuliert, sondern in den Durchführungsbestimmungen.

                    –  Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 18 bis Blatt 21 mwN

                        Verfahrensakte Band II

                    –  Gliederung

Blatt 2 unter B) II.)

                        (Anlage VB 23)

Der Hinweis ging unabhängig vom Vorigen ins Leere. Da der Aufbau-Verlag seinen Sitz in Groß-Berlin hatte, galt das dortige Recht mit seiner auch vom erkennenden Senat ausdrücklich festgestellten Anordnungsbefugnis des Magistrats.

                        KG

                        vom 01.08.2019

Blatt 1 letzter Absatz Satz 1 und Satz 2

                        (Anlage VB 22)

Ein „… Vertretungsorgan …“ hätte den Antrag auf Eintragung einer GmbH im Aufbau nach THG nur stellen können, wenn es zu einer Umwandlung nach THG gekommen wäre. Der Hinweis besteht aus einer petitio principii.

Die Beschwerdeführer baten um Akteneinsicht, die ich unter dem 08.08. / 13.08.2019 wahrnahm. Aus dieser ergab sich zunächst, daß Herr Dr. Müther unter dem 01.08.2019 zwei Verfügungen erlassen hatte, beide mit dem gefertigt und ab – Vermerk versehen.

                    –  Verfügung

                        vom 01.08. / 01.08.2019

                        (Anlage VB 24)

                    –  Verfügung

                        vom 01.08. / 02.08.2019

                        (Anlage VB 25)

Inhaltlich sind die Verfügungen identisch, mit Ausnahme des folgenden Passus, der sich nur in der Verfügung vom 01.08. / 01.08.2019 befindet, die entgegen dem gefertigt und ab – Vermerk nicht herausgegangen ist:

                        „Herr Rechtsanwalt Schrader

                        wird gebeten, seinen Schriftsatz

                        vom 22. Mai 2014 mit Anlagen

                        (nochmals) einzureichen.

                        Dieser ist in den Registerordner(n)

                        nicht zu finden.

                        Er ist offenbar nicht eingescannt

                        worden und demgemäß auch hier

                        für die Akten nicht ausgedruckt

                        worden.“

                        Verfügung vom 01.08. / 01.08.2019

                        vom 01.08. / 01.08.2019

                        (Anlage VB 24)

Daraus erwies sich also, daß der erkennende Senat den Schriftsatz vom 22.05.2014 mit seinen grundlegenden Ausführungen zur Eigentumslage zunächst bis zum 01.08.2019, also über einen Zeitraum von mehr als 4 ½ Jahren, überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hat. Er war seit seinem Eingang bei Gericht – Eingangsstempel des AG Charlottenburg vom 23.05.2014 – Bestandteil der Akte, auch im Rechtsmittelzug beim 22. Senat, wie ich anläßlich der Akteneinsicht feststellen konnte.

                        Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 1 / Blatt 90

                        (Anlage VB 26)

Mithin ist der Vortrag auch nicht Gegenstand der Vorberatung vom 29.07.2019 gewesen.

Wenn das physische Vorhandensein der Ausführungen am 01.08.2019 bestätigt worden war, hatte es der erkennende Senat jedenfalls nicht für erforderlich gehalten, sie zur Kenntnis zu nehmen und die Ergebnisse der Vorberatung vom 29.07.2019 zu überdenken, da die Parallelverfügung vom 01.08. / 02.08.2019 ja unverändert herausgegeben wurde, ohne daß zwischenzeitlich eine erneute Beratung stattgefunden hatte. Dies belegen die dienstlichen Stellungnahmen der beteiligten Richter.

2.) Nicht übermittelter Schriftsatz der BVS vom 11.01.2019

Unter dem 11.01.2019 hatte die BVS einen Schriftsatz verfaßt, der am 14.01.2019 beim erkennenden Senat einging. Er ist in Band VII der Akte Blatt 101 bis Blatt 109 aufgenommen worden. Gegenstand sind umfassende Ausführungen zur Sach- und Rechtslage mit Anlagen. Ich habe den Schriftsatz erst im Zuge der Akteneinsicht am 08.08. / 13.08.2019 aufgefunden. Die beglaubigte Abschrift, die mir hätte zugestellt werden müssen, fand sich in einer Pappmappe mit der Bezeichnung

                        Faxe / Überstücke

                        22 W 73 / 14

                        (Anlage VB 27)

3.) Ablehnungsgesuch vom 21.08.2019

Die im Zuge der Akteneinsicht festgestellten Umstände veranlaßten die Beschwerdeführer zu ihrem Ablehnungsgesuch gegen die Mitglieder des erkennenden Senats einschließlich Herrn Dr. Müthers vom 21.08.2019. Darin stellten sie vertieft die soeben unter 1.) und 2.) dargelegten Umstände dar und rügten die vollständige Übergehung ihres seit länger als 4 ½ Jahre vorliegenden Sachvortrags vom 22.05.2014, der auch keinen Eingang in die Vorberatung vom 29.07.2019 gefunden hatte.

Ferner rügten sie im einzelnen, daß ihnen der Schriftsatz der BVS vom 11.01.2019 nie zugestellt worden war, daß sie diesen nur zufällig anläßlich der Akteneinsicht in der erwähnten Pappmappe aufgefunden hatten. Dies verbanden sie mit der Feststellung, außerstande zu sein, sich überhaupt ein Urteil über die Vollständigkeit der Gerichtsakte bilden zu können.

                        Schriftsatz

                        vom 21.08.2019

                        Verfahrensakte Band IV

Dieses Gesuch ist durch Beschluß vom 21.01.2020 zurückgewiesen worden. Im wesentlichen heißt es dort, daß sich etwaige Vorhaltungen gegen den seinerzeitigen Berichterstatter richteten, der zwischenzeitlich aber ausgeschieden sei.

Warum der Schriftsatz der Beschwerdeführer vom 22.05.2014 nicht Gegenstand der Vorberatung vom 29.07.2019 hätte gewesen sein können, erschließe  sich nicht und unterliege im übrigen dem Beratungsgeheimnis, vgl. § 43 DRiG. Außerdem habe es sich ja lediglich um eine Vorberatung gehandelt.

Aus der Akte ist dargelegt, daß der erkennende Senat den Schriftsatz vom 22.05.2014 frühestens am 01.08.2019 zur Kenntnis genommen hat.

Aus der fehlenden Übersendung des Schriftsatzes der BVS vom 11.01.2019 an die Beschwerdeführer sei den abgelehnten Richtern kein Vorwurf zu machen, da den Akten nicht entnommen werden könne, ob diese für die Bearbeitung überhaupt zuständig gewesen seien.

                        KG

                        vom 21.01.2020

                        (Anlage VB 28)

IV.) Vergebliche Nachfragen nach der Vollständigkeit der Akte

Nach Auffinden des nicht zugestellten Schriftsatzes vom 11.01.2019 haben die Beschwerdeführer den erkennenden Senat nach dem Befangenheitsgesuch vom 21.08.2019 noch dreimal um Auskunft gebeten, ob ihnen die Schriftsätze nunmehr vollständig vorlagen.

                    –  Schriftsatz

                        vom 21.08.2019

                        Blatt 16 bis Blatt 18 unter IV.), V.)

                        Verfahrensakte Band IV

                    –  Schriftsatz

                        vom 25.10.2019 Blatt 11

                        Verfahrensakte Band IV

                    –  Schriftsatz

                        vom 12.02.2020

                        Verfahrensakte Band IV

                    –  Schriftsatz

                        vom 27.02.2020 Blatt 21 unter C)

                        Verfahrensakte Band IV

Eine Erklärung, überhaupt eine Antwort haben sie nie erhalten.

V.) Nicht übermittelter Schriftsatz der BVS vom 09.04.2020

Einhergehend mit dem Beschluß vom 13.05.2020 übermittelte der 22. Senat den Beschwerdeführern den Schriftsatz der BVS vom 09.04.2020 mit seinen nochmals umfassenden Ausführungen zur Sach- und Rechtslage, der beim KG bereits am 09.04.2020 zugegangen war.

                        Schriftsatz

                        BVS vom 09.04.2020

                        (Anlage VB 29)

Auch zu diesen Ausführungen ist den Beschwerdeführern mithin das rechtliche Gehör, und zwar erkennbar gezielt, verweigert worden. Der Schriftsatz der BVS vom 09.04.2020 ähnelt bemerkenswert dem angegriffenen Beschluß.

  1. B) Der Beschluß vom 13.05.2020

Der Beschluß vom 13.05.2020 ist verfassungswidrig wegen Verstoßes gegen Art. 103 (1), Art 3 (1), Art 2 (1), Art 19 (4), Art 20 (3) GG.

I.) Grundlagen

Der Beschluß geht von folgendem aus:

–  Das für die Löschung erforderliche öffentliche Interesse oder dasjenige Dritter liege zwar nicht vor. Jedoch sei der erkennende Senat insoweit an den vorangegangenen Beschluß des KG zu 12 W 32 / 12 vom 16.12.2013 gebunden.

                        BA

                        Blatt 5 Absätze 3 und 4 / Blatt 6 Absatz 1

–  Jedoch fehle es an den weiteren Voraussetzungen des § 395 FamFG. Die

                        „… Löschung einer Eintragung

                        (komme) nur dann in Betracht, wenn

                        ihre Unzulässigkeit nach Überprüfung

                        aller hierfür maßgebenden Umstände

                        ohne vernünftige Zweifel zu bejahen

                        (sei) …“

                        BA

                        Blatt 6 Absätze 2 und 3 Satz 1

Weiter wird festgestellt:

                        „Hierzu sind alle maßgebenden

                        Fakten unter Berücksichtigung

                        des Vortrags der Parteien nach

  • 26 FamFG von Amts wegen

                        zu ermitteln.

                        Soweit – wie hier in Bezug auf

                        die Vorgänge vor der Wiederver-

                        einigung – die Rechtslage nach

                        dem Recht der DDR zu beurteilen

                        ist, ist insoweit nicht nur von dem

                        Wortlaut der jeweiligen Norm

                        auszugehen, sondern es ist auch

                        die konkrete Ausgestaltung des

                        Rechts in der damaligen Rechts-

                        praxis einschließlich der ergangenen

                        Rechtsprechung zu berücksichtigen.“

                        BA

                        Blatt 6 Absatz 3 Sätze 2 und 3

–  Danach stehe nicht fest, daß der Aufbau-Verlag am 01.07.1990 – noch dem Kulturbund gehört habe und – kein VEB nach § 1 (4) THG gewesen sei.

                        BA

                        Blatt 7 Absatz 1

Weder komme entgegen dem Vortrag der Beschwerdeführer ein Fortbestand der am 16.08.1945 gegründeten Aufbau-Verlag GmbH – im Eigentum des Kulturbund – in Betracht, da nach dem Recht der DDR durch die Umtragung vom 05.04.1955 von einem Rechtsformwechsel auf Grund staatlicher Anordnung auszugehen sei.

                        BA

                        Blatt 7 Absatz 3

Noch stehe mit Sicherheit fest, daß der Aufbau-Verlag am 01.07.1990 ein OEB des Kulturbund gewesen sei. Vielmehr liege es

                        „… eher nahe, daß schon die

                        Eintragung am 05. April 1955

                        in das Register C der volkseigenen

                        Betriebe auch dazu geführt hat,

                        daß ein solcher Betrieb entstanden

                        ist.“

                        BA

                        Blatt 8 Absatz 4 ff

Es sei auch nicht auszuschließen,

                        „… daß sich der Verlag jedenfalls

                        Anfang 1990 in einen volkseigenen

                        Betrieb umgewandelt hat.“

                        BA

                        Blatt 9 Absätze 2 ff

–  Insofern entfalte der Beschluß des KG vom 16.12.2013 zu 12 W 32 / 12 keine Bindungswirkung. Diese sei wegen der Anordnung zur Beteiligung der BVS unabhängig davon weggefallen, ob diese neue Tatsachen vorgetragen habe, oder nicht.

                        BA

                        Blatt 10 Absatz 2 / Blatt 11 Absatz 1

–  Eine  Bindungswirkung  ergebe  sich  auch  nicht  aus   dem   Urteil   des LG  Frankfurt  am  Main  vom  18.11.2005  zu 2 – 27 O 238 / 04 = BGH zu II ZR 182 / 07. Anders als die Zivilgerichte müßten die Registergerichte auch dem öffentlichen Interesse und den Interessen Dritter gerecht werden.

                        BA

                        Blatt 11 Absatz 3

–  Entsprechendes gelte für die Entscheidungen BGH zu II ZR 182 / 07 und BGH zu II ZR 134 / 10.

                        BA

                        Blatt 12 Absatz 1

Nach dem Vorigen kommt es maßgeblich auf die Eigentumslage am Aufbau-Verlag an.

 

II.) Vortrag der Beschwerdeführer zur Eigentumslage am Aufbau-Verlag

      Die grundlegenden Fragestellungen

Zu den darauf bezogenen Ausführungen des angegriffenen Beschlusses

                        BA

                        Blatt 8 Absatz 2 bis Blatt 9 Absatz 1 unter bb)

ist zunächst festzustellen, daß die Beschwerdeführer sich dazu in ihrem zentralen Schriftsatz vom 22.05.2014 geäußert haben, darüber hinaus ergänzend wie folgt:

                    –  Schriftsatz

                        vom 15.03.2017

                        Verfahrensakte Band III

                    –  Schriftsatz

                        vom 23.02.2018

                        Verfahrensakte Band III

                    –  Schriftsatz

                        vom 23.05.2018

                        Verfahrensakte Band III

                    –  Schriftsatz

                        vom 17.10.2018

                        Verfahrensakte Band III

                    –  Schriftsatz

                        vom 12.12.2018

                        Verfahrensakte Band IV

                    –  Schriftsatz

                        vom 27.02.2020

                        Verfahrensakte Band IV

Ihren Vortrag zur Eigentumslage am Aufbau-Verlag haben sie versehen mit den jeweiligen Schriftsatznachweisen unter dem 27.02.2020 für die Zeit ab der Verlagsgründung am 16.08.1945 zusammengefaßt und durch Schriftsatz vom 27.02.2020 zur Akte gereicht.

                    –  Zusammenfassung

                        Eigentum des Kultusbund am Aufbau-Verlag

                        vom 27.02.2020

                        (Anlage VB 30)

                    –  Schriftsatz vom 27.02.2020

                        iVm Anlage ASt 151

                        Verfahrensakte Band IV

 

Ferner nehme ich Bezug auf den grundlegenden Schriftsatz vom 22.05.2014 mit seiner Gliederung, hier als Anlage VB 23 überreicht.

Die grundlegenden Fragestellungen / Weichenstellungen sind danach die folgenden:

Hat das Eigentum des Kulturbund im Zuge der Umtragung der Aufbau-Verlag GmbH von HRB nach HRC am 05.04.1955 fortbestanden ?

Hat das Eigentum des Kulturbund im Zuge des Beschlusses des Politbüros der SED vom 31.07.1962 – dazu noch nachfolgend – iVm seiner Umsetzung und  Abwicklung  in den nachfolgenden Jahren und Jahrzehnten fortbestanden ?

Hat  der  Kulturbund  im   Zuge   der   kurzfristigen   Eigentumsberühmung der SED / PDS nach dem 09.11.1989 – dazu noch nachfolgend – sein Eigentum am Aufbau-Verlag verloren ?

Wie ist die Vermögensaufstellung – dazu noch nachfolgend – zu bewerten, die die SED / PDS, nachdem sie bereits – seit dem 01.06.1990 – unter der treuhänderischen Verwaltung der THA Direktorat Sondervermögen stand, auf deren Anweisung angefertigt und im Dezember 1992 weisungsgemäß dem Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen vorgelegt hat – sog. BARoV – Liste –, in der Eigentumsrechte am Aufbau-Verlag gerade nicht geltend gemacht worden sind ?

III.) Vermeintlicher Vortrag zu einem

        Fortbestand der am 16.08.1945 gegründeten Aufbau-Verlag GmbH

Entgegen dem Beschluß

                       BA

                        Blatt 7 Absatz 2 bis Blatt 8 Absatz 1 unter aa)

haben die Beschwerdeführer zu keiner Zeit vorgetragen, die am 16.08.1945 gegründete Aufbau-Verlag GmbH existiere ungeachtet ihrer Umtragung von HRB nach HRC am 05.04.1955, die rechtlich unwirksam sei, tatsächlich fort.

Es handelt sich um eine reine Erfindung des erkennenden Senats.

IV.) Vermeintlich naheliegende Umwandlung

        der Aufbau-Verlag GmbH in einen VEB am 05.04.1955

Die Feststellungen des Beschlusses zu einer vermeintlich naheliegenden Umwandlung des Aufbau-Verlag in einen VEB anläßlich seiner Umtragung von HRB nach HRC am 05.04.1955

                        BA

                        Blatt 8 Absatz 2 bis Blatt 9 Absatz 1 unter bb)

entbehren jeder Grundlage und übergehen völlig den Vortrag der Beschwerdeführer.  Unabhängig  davon  hat  sich  der  erkennende  Senat darauf  beschränkt,  bruchstückhaft  und  zusammenhanglos  Einzelumstände herauszugreifen.  Eine  die  Zeit  bis zum Ende der DDR umfassende historisch / systematische Prüfung der Gesamtentwicklung, die das KG hätte durchführen müssen, und zwar von Amts wegen, und in Berücksichtigung des gerade darauf abgestellten umfassenden und wohlgeordneten Vortrags der Beschwerdeführer auch ohne weiteres hätte durchführen können, hat nicht stattgefunden. Das  KG läßt ferner  sein eigenes im Vorigen zitiertes Postulat völlig  außer  Betracht,  daß  die  konkrete  Ausgestaltung  des   Rechts   in der damaligen  Rechtspraxis  einschließlich  der   ergangenen   Rechtsprechung – solche ist im Fall nicht ergangen – für die Beurteilung einschlägig ist.

1.) Einzelumstände

     Tatsächliche Umstände / Recht der DDR

Schon die im Beschluß allein angesprochenen Einzelumstände tragen das Ergebnis nicht. Insoweit blieb insbesondere der folgende Vortrag der Beschwerdeführer sowohl zu den tatsächlichen Umständen als auch zum Recht der DDR ohne jede Berücksichtigung, bei dessen Beachtung das KG bereits zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre:

–  Ausweislich des Rechts der DDR sowie der Rechtsprechung des BGH waren die gesellschaftlichen Organisationen der DDR, die Eigentümer der OEB, in besonderer Weise, sogar verfassungsrechtlich, privilegiert und haben im Zuge der formwechselnden Umwandlungen der Alt-GmbHs in OEB ihre Eigentumsrechte vollen Umfangs bewahrt, in der Substanz ausgebaut.

                        Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 16 und 19 mwN BGH

                        Verfahrensakte Band II

–  Die Umwandlungen dienten nämlich der nachhaltigen wirtschaftlichen Besserstellung der Unternehmen, u. a. durch substantielle steuerliche Vorteile wie bspw. die faktische Eliminierung der Körperschaftsteuer, die Befreiung von der Kapitalertragsteuer, weitreichende Befreiung von der Umsatzsteuer, weitreichende Befreiung von der Gewerbesteuer, Befreiung von der Vermögensteuer und die weitreichende Befreiung von der Grundsteuer.

                        Wie zuvor

– Auf dieser Grundlage hat die Aufbau-Verlag GmbH den Antrag vom 25.03.1955 auf Umtragung nach HRC auf Anweisung Herrn Johannes R. Bechers, in Personalunion Minister für Kultur und Präsident des Kulturbund, gestellt. Der Antrag bezog sich explizit auf das „… Unternehmen des Kulturbundes …“, der Verlagsleiter Walter Janka war Mitglied im Präsidium des Kulturbund, der weiter eingetragene Geschäftsführer Karl Kneschke war Bundessekretär des Kulturbund.

        –  Antrag

vom 25.03.1955 mit Anlage dazu

(Anlage VB 31)

                    –  Schriftsatz

vom 22.05.2014

                        Blatt 20 / Blatt 21 IVm Anlagen ASt 11 bis ASt 14

                        Verfahrensakte Band II

–  Das Druckerei- und Verlagskontor verwaltete den Aufbau-Verlag auf Grund eines Geschäftsbesorgungsvertrags mit dem Kulturbund vom 05.04.1951 bereits seit 1951 und setzte vereinbarungsgemäß die Verwaltung auch im Zuge der Umtragung in 1955 fort. Deswegen wurde es in den Antragsunterlagen auch als übergeordnetes Organ bezeichnet.

                    –  „HRC 538

                        ANLAGE

                        zum Antrag auf Eintragung des Betriebes

                        Aufbau-Verlag

                        …

                        in das Register der volkseigenen Wirtschaft

                        …

  1. Die übergeordnete Verwaltung des

Betriebes ist: Druckerei- und Verlagskontor …

Berlin, den 28. März 1955

DRUCKEREI- UND VERLAGSKONTOR

Hauptdirektor“

Antrag

vom 25.03.1955 mit Anlage dazu

(Anlage VB 31)

                    –  Schriftsatz

vom 22.05.2014 Blatt 21 unten / Blatt 22 oben

iVm Anlage ASt 12 Blatt 2

Verfahrensakte Band II

Dementsprechend    erfolgte    seine  Eintragung    als   übergeordnetes     Organ in HRC.

                        Schriftsatz

vom 22.05.2014 Blatt 22

iVm Anlage ASt 15

Verfahrensakte Band II

–  Insgesamt unter den zuvor mitgeteilten Prämissen erfolgte die Eintragung auf Anordnung des Sekretariats des Magistrats von Groß-Berlin ausdrücklich „… unter der Firmierung Aufbau-Verlag …“ und unter ausdrücklichem Hinweis auf die bekannte einschlägige Rechtsgrundlage zur Eintragung gleichgestellter Betriebe in HRC.

                        Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 21

iVm Anlage ASt 13

Verfahrensakte Band II

Warum sich an der Ordnungsgemäßheit der Eintragung und der Umwandlung etwas ändern soll, weil die Umtragung nicht von der Abteilung der Justiz des Magistrats von Groß-Berlin, sondern vom Sekretariat der Gesamtkörperschaft und unter explizitem Hinweis auf die Rechtsgrundlage verfügt worden ist, ist nicht mitgeteilt und nicht erkennbar. Bereits der Antrag vom 25.03.1955 war an den Magistrat von Groß-Berlin, Rat des Stadtbezirks Mitte, Abt. Staatliches Eigentum, Handelsregister C, gerichtet worden, erkennbar zuständigkeitshalber, vgl. Anlage VB 31.

–  Aus welchen Gründen sich aus der Aufschrift Volkseigentum auf dem Aktendeckel des HRC Zweifel an der Umwandlung des Aufbau-Verlag in einen  OEB  des  Kulturbund  ergeben  sollen,  ist  nicht  mitgeteilt  und  nicht erkennbar. Die Eintragung der gleichgestellten Betriebe erfolgte eben nach Gesetz in das Register der volkseigenen Wirtschaft. Folgerichtig wurden die dortigen Aktendeckel verwendet.

–  Entgegen den Feststellungen im Beschluß war es für volkseigene Betriebe nicht ‚… eigentlich notwendig …‘, die Bezeichnung VEB zu tragen. Vielmehr handelte es sich dabei um zwingendes und durchgesetztes Recht der DDR, wie die Beschwerdeführer dargelegt und nachgewiesen haben.

                        „(2) Der Name des Betriebes hat

                        stets mit der Kurzbezeichnung VEB

                        zu beginnen, die Bestandteil des

                        Namens ist.“

                        Schriftsatz

vom 22.05.2014 Blatt 22

                        iVm Anlage ASt 16

                        Verfahrensakte Band II

 

Daß das wie bemerkt  ausdrücklich „… unter der Firmierung Aufbau-Verlag …“ eingetragene Unternehmen kein VEB gewesen ist, ergibt sich also unabweisbar bereits aus dem Fehlen der Bezeichnung VEB.

                        Schriftsatz

vom 22.05.2014 Blatt 21 oben

iVm Anlage ASt 13

Verfahrensakte Band II

–  Ein Hinweis – in HRC oder anderswo – dazu, daß man es mit einem organisationseigenen Betrieb zu tun habe, war DDR – gesetzlich überhaupt nicht vorgesehen. Vielmehr  wurde  die  Rechtssubjektivität  der  Unternehmen  als juristische Person in der Rechtsform der OEB durch ihre Eintragung in HRC, mithin gerade ohne besondere Bezeichnung, dokumentiert.

                        Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 19 letzter Absatz

iVm Anlage ASt 10

Verfahrensakte Band II

AaO ist auch dargelegt, daß gerade die Betriebe, die die gesellschaftlichen Organisationen zur Erfüllung ihrer Aufgaben durch wirtschaftliche Leistungen gegründet hatten, organisationseigene Betriebe waren.

                        Wie zuvor

iVm Anlage ASt 10 Seite 75 lSp unter c)

Verfahrensakte Band II

–  Daß demokratische Massenorganisationen und Gesellschaften – wie also der Kulturbund – über das Rechtsinstitut der Rechtsträgerschaft volkseigene Vermögensgegenstände zur Nutzung übertragen bekommen konnten, ergab sich direkt aus Gesetz, nämlich aus der VO über die Bestellung von Rechtsträgern für volkseigene Vermögensgegenstände vom 24.08.1950, vgl. VO § 1 Satz 1 Nr. 4.

                   –  VO

                        über die Bestellung von Rechtsträgern …

                        vom 24.08.1950

                        (Anlage VB 32)

                    –  Schriftsatz

                        vom 27.02.2020 Blatt 13 / Blatt 14 unter II.)

                        iVm Anlage ASt 152

                        Verfahrensakte Band IV

–  Genau auf dieser Rechtsgrundlage beruhte auch die Stellung als Rechtsträger, die dem Aufbau-Verlag durch Rechtsträgernachweis vom 19.04.1955 zweckgebunden zur Nutzung des (Betriebs-) Grundstücks Französische Str. 32 eingeräumt wurde.

        –  „Berlin C 2, den 19.4.1955

                        Rechtsträgernachweis Nr. 21 A 87 / 7104

  1. Aufbau-Verlag, Berlin, W 8,

Französische Str. 32,

ist mit Wirkung vom 1.5.1955 Rechts-

träger des nachstehend bezeichneten

Grundbesitzes.

                        …

  1. Die Veränderung erfolgt auf Grund:

Verordnung über die Bestellung von

Rechtsträgern für volkseigene

Vermögensgegenstände vom 28.4.1950

(VOBl. I 43 / 50 S. 245)

                        …

  1. Der Rechtsträger ist der Verwalter des

ihm übertragenen Volkseigentums.

                        Seine besondere Verantwortung und

Sorgfaltspflicht ergeben sich aus den

für nutznießende Rechtsträger erlassenen

Vorschriften.

                        …

                        Lagebezeichnung

                        Berlin W8

                        Französische Str. 32

                        …“

Rechtsträgernachweis Nr. 21 A 37 / 7104

                        vom 19.04.1955

                        (Anlage VB 33)

                    –  Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 28 bis Blatt 31 unter IV.) mwN

                        iVm Anlage ASt 28

Verfahrensakte Band I

Die Berufung des Aufbau-Verlag als „… nutznießender Rechtsträger …“, vgl. Anlage VB 33, bedeutete also lediglich eine wirtschaftliche Privilegierung.

–  Welche Zweifel sich aus welchen Gründen an der Stellung des Kulturbund als Eigentümer des Aufbau-Verlag daraus ergeben sollen, daß im Statut vom 10.01.1961 „… an so exponierter Stelle …“ ein Hinweis auf die seit dem 19.04.1955 bestehende Rechtsträgerschaft erfolgte, ist nicht mitgeteilt und nicht erkennbar. Offenbar hätte das KG keine Zweifel gehabt, wenn der Hinweis an weniger exponierter Stelle angebracht worden wäre. Aus welchen Gründen ? Wie wurde differenziert ? Nach welchen Rechtsgrundlagen sollen die Rechtsinstitute des Eigentums einerseits und der Rechtsträgerschaft andererseits miteinander verbunden / voneinander abhängig gewesen sein ?

Zu keiner Zeit sind in der DDR die Rechte des Eigentümers beschränkt oder aufgehoben worden wenn er – zu seiner eigenen Privilegierung – zum Rechtsträger von Gegenständen des Volkseigentums bestellt wurde.

–  Das Statut vom 10.01.1961 bekräftigt umfassend in seiner gesamten Ausgestaltung das Eigentum des Kulturbund am Aufbau-Verlag. Das Statut ist zu keiner Zeit aufgehoben worden.

        –  “S t a t u t

für den Aufbau-Verlag,

Verlag des Deutschen Kulturbundes,

Berlin W 8, Französische Str. 32“

Die Überschrift Blatt 1 aaO

        –  “§ 2

Name und Sitz

Der Verlag führt im Rechtsverkehr

die Bezeichnung:

Aufbau-Verlag,

Verlag des Deutschen Kulturbundes,

Berlin W 8, Französische Str. 32.“

  • 2 (1) aaO

        –  “Der Aufbau-Verlag als Verlag des

Deutschen Kulturbundes muß ein

wirksamer Helfer unserer Kultur-

politik sein …“

  • 3 Absatz 1 Unterabsatz 3 Blatt 2 aaO

                    –  Statut

                        für den Aufbau-Verlag

                        Verlag des Deutschen Kulturbundes

                                    vom 10.01.1961

                        (Anlage VB 34)

                    –  Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 24 bis Blatt 28 unter III.) mwN

iVm Anlagen ASt 22 bis ASt 26

Verfahrensakte Band II

–  Daß    das    KG   aaO  –   erstmals   –    die     Rechtsansichten    Herrn   RA Dr. Glücksmanns heranzieht, um vermeintliche Zweifel zu belegen, ist schon damit unvereinbar, daß es dessen Vortrag erst kurz zuvor als falsch festgestellt hatte, zumal seine Auffassung „… erst nach der Wiedervereinigung im Rahmen der Geltendmachung von vermögensrechtlichen   Ansprüchen   entwickelt   worden …“ sei. Er stelle „… auch nicht auf rechtliche Mängel der früheren Vorgänge …“ ab.

                        BA

                        Blatt 9 Absatz 1

                        Gegen

                        BA

                        Blatt 7 Absatz 3

Welche Ansichten Herr Dr. Glücksmann genau geäußert haben und was sich daraus für die Anwendung des Rechts der DDR ergeben soll, ist nicht mitgeteilt und kann nicht überprüft werden, weil die angeblichen Äußerungen nicht Bestandteil der Akte sind. Es kann nur vermutet weden, daß er sich hier wie dort zu identischen vermögensrechtlichen Ansprüchen geäußert hatte.

–  Was damit gesagt sein soll, der Kulturbund habe „… über die Geschicke des Verlages auch nicht verfügt …“, ist ohne jede Erläuterung und unklar, soweit nachvollziehbar, völlig unzutreffend. Über sein Eigentum hatte der Kulturbund zu keiner Zeit  verfügt, weil er das weder wollte noch mußte. Im Sinn des Beschlusses folgt daraus nichts. Auf die Geschicke des Aufbau-Verlag hat er sehr wohl Einfluß genommen, vgl. dazu nachfolgend.

Im Zwischenergebnis zur Beurteilung der Einzelumstände ist festzustellen, daß sich die eingangs formulierten Vorhaltungen gegen den angegriffenen Beschluß bestätigen. Zur Darlegung von Zweifeln am fortbestehenden Eigentum des Kulturbund am Aufbau-Verlag im Zuge der Umtragung 1955 hat das KG lediglich einzelne Umstände herangezogen. Warum es gerade diese – und andere nicht – berücksichtigt hat, hat es nicht begründet. Die Auswahl ist nicht nachvollziehbar. Die herangezogenen Merkmale setzen sich hinsichtlich der tatsächlichen Umstände völlig über den Vortrag der Beschwerdeführer hinweg. Die Tatsachenfeststellungen – soweit solche überhaupt erfolgen – sind falsch. Das gleiche gilt – und insbesondere – für die Ausführungen zur Rechtslage in der DDR und zur dortigen Rechtspraxis, was besonders vorwerfbar ist, weil die Beschwerdeführer die gesetzlichen Grundlagen benannt und vorgelegt haben. Das KG hat in Ansehung der von den Beschwerdeführern lückenlos vorgetragenen und unterlegten tatsächlichen Umstände und der rechtlichen Grundlage unrichtig entschieden.

Unabhängig vom Vorigen hätte das KG zur Beurteilung der Entwicklung der Eigentumslage bis zur Umtragung 1955 auch und insbesondere den Gesamtzusammenhang / die Gesamtentwicklung – also über 1955 hinaus – berücksichtigen müssen, da sich daraus zwangsläufig Rückschlüsse für 1955 ergaben, wozu die Beschwerdeführer gleichfalls umfassend vorgetragen haben. Das KG hat aber auch und gerade diesen Vortrag ohne jede Beachtung gelassen. Das gilt wiederum gleichermaßen für die Rechtslage nach dem Recht der DDR unter besonderer Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung dieses Rechts in der damaligen dortigen Rechtspraxis.

                        Entgegen

                        BA

                        Blatt 6 Absatz 3 Sätze 2 und 3

Vom Amts wegen hat das KG zu keinem Zeitpunkt ermittelt.

Nachfolgend ist ergänzend zu den Vorausführungen der vom KG in seinem Beschluß vom 13.05.2020 mit keinem Wort erwähnte und mithin bei der Entscheidungsfindung offensichtlich völlig übergangene Vortrag der Beschwerdeführer zur Gesamtentwicklung der Eigentumslage am Aufbau-Verlag während der gesamten Existenz der DDR darzulegen.

2.) Gesamtentwicklung

     Tatsächliche Umstände / Recht der DDR

Wie dargelegt hätte das KG die Eigentumslage systematisch und in ihrer historischen Entwicklung untersuchen müssen. Die Beschwerdeführer sind diesen Anforderungen umfassend und beweisbewehrt gerecht geworden. Über die vorgenannten Aspekte hinaus haben sie insbesondere beweisbewehrt vorgetragen:

1945 ff

–  Seit Gründung der Aufbau-Verlag GmbH am 16.08.1945 ist der Kulturbund dessen alleiniger Inhaber gewesen. Die Gründung erfolgte durch Treuhänder, deren Anteile der Kulturbund nach Eintritt seiner Rechtsfähigkeit als e. V. durch Urkunde vom 30.03.1946 übernahm.

                        Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 16 / Blatt 17

                        iVm Anlage ASt 6

Verfahrensakte Band II

–  Dem Kulturbund war unter dem 28.11.1945 von der sowjetischen Militärverwaltung  in  Deutschland  die  Genehmigung  der  Tätigkeit   des „… Kulturbundverlages unter der Bezeichnung Aufbau-Verlag GmbH …“ erteilt worden, die unter dem 07.10.1947 durch die Gewerbeerlaubnis zu Gunsten der Aufbau-Verlag GmbH ersetzt wurde. Unter dem 09.10.1951 erhielt der Kulturbund die Lizenz Nr. 301 als Alleineigentümer zum Betrieb der Aufbau-Verlag GmbH, die auch strikt eigentümergebunden war. Diese Lizenz ist bis zur allgemeinen Aufhebung der Lizenzpflicht in der DDR im Frühjahr 1990 ununterbrochen wirksam geblieben. Sämtliche Bücher des Aufbau-Verlag sind mit genau dieser Lizenz Nr. 301 veröffentlicht worden.

                        Schriftsatz

                        vom 23.02.2018 Blatt 2 bis Blatt 8 oben unter 1.) mwN

Verfahrensakte Band III

–  Die Deutsche Nationalbibliothek hat zur Vorlage bei Gericht unter dem 20.02.2018 im Ergebnis ihrer eigenen Untersuchungen für die Jahre 1951 bis 1989 diesen Sachverhalt bestätigt.

                        Schriftsatz

                        vom 23.02.2018 Blatt 7 / Blatt 8

                        iVm Anlage ASt 124

Verfahrensakte Band III

1955 ff

–  Sowohl im Jahresbericht für das Geschäftsjahr 1955 vom 15.05.1956 als auch im Jahresbericht für das Geschäftsjahr 1956 vom 29.03.1957 wurde der Aufbau-Verlag ausdrücklich als „… Verlag des deutschen Kulturbundes …“ bezeichnet.

                    –  Jahresbericht

                        Aufbau-Verlag für das Wirtschaftsjahr 1955

                        im Auszug

                        (Anlage VB 35)

                    –  Jahresbericht

                        Aufbau-Verlag für das Wirtschaftsjahr 1956

                        im Auszug

                        (Anlage VB 36)

                    –  Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 56

iVm Anlagen Ast 52 und ASt 53

Verfahrensakte Band II

Bereits durch diese Jahresberichte sind die Feststellungen des KG zu vermeintlichen Zweifeln an dem über die Umtragung / Umwandlung 1955 hinaus fortbestehenden Eigentum des Kulturbund widerlegt.

1961 ff

–  Das Verlagsstatut vom 10.01.1961, das bis zum Ende der DDR gültig blieb, ist bereits erörtert.

1962 ff

–  Von grundlegender Bedeutung für die Beurteilung der Eigentumslage, und zwar durchgehend bis zum Ende der DDR, ist sodann der Beschluß des Politbüros der SED vom 31.07.1962 zur sog. Profilierung im Vertragswesen. Diesem lag das politische Anliegen der SED zu Grunde, die organisationseigenen Verlage, die bis dato ökonomisch durch das Druckerei- und    Verlagskontor    geleitet     wurden  –  darunter  der  Aufbau-Verlag –, zentralisiert der politisch-ideologischen und ökonomischen Leitung einer beim Ministerium für Kultur einzurichtenden Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel zu unterstellen. Das Politbüro stellte klar, daß die Eigentümer durch diese politisch / organisatorischen Maßnahmen in ihren Rechten nicht  beschränkt und ihnen dementsprechend die von ihren Verlagen erzielten Gewinne zugeleitet wurden. Der „… Aufbauverlag (Deutscher Kulturbund) …“ wurde als betroffener OEB ausdrücklich genannt.

                    –  „2.) Um die einheitliche staatliche Leitung zu

                        gewährleisten, werden die nachstehenden

                        Verlage

  1. a) der Massenorganisationen

                        Aufbauverlag (Deutscher Kulturbund)

                                    Kultur und Fortschritt (Gesellschaft für

        Deutsch-sowjetische Freundschaft)

        Neues Leben (FDJ)

sowie

  1. b) die parteieigenen Verlage

…“

                        die bisher ökonomisch durch das

Druckerei- und Verlagskontor geleitet

wurden, der politisch- ideologischen

und ökonomischen Leitung der Haupt-

                        verwaltung Verlage und Buchhandel

                        beim Ministerium für Kultur unterstellt.“

                        Beschluß des Politbüros der SED vom 31.07.1962

                        im Auszug

                        I.) 2.) a)

                        (Anlage VB 37)

                    –  Schriftsatz

                        vom 22.05.2014

                        Blatt 31 bis Blatt 33 unter V.) mwN

Verfahrensakte Band II

Zum Eigentum an den betroffenen Verlagen sowie zur Organisation der Gewinnabführung legte das Politbüro fest:

                        „Die von diesen Verlagen erzielten

Gewinne werden den Eigentümern

der Verlage (Partei bzw Massen-

                        organisationen) zugeleitet.

Die Zuführung erfolgt auf Grund

eines Kassenplanes, der mit der

zuständigen Organisation …

aufzustellen ist.

Zwischen der Abteilung Finanz-

verwaltung und Parteibetriebe

beim ZK  und der Hauptverwaltung

Verlage und Buchhandel … ist über

die Prinzipien der Gewinnabführung

eine spezielle schriftliche

                        Vereinbarung zu treffen.“

                        I.) 2.) b)

                        (Anlage VB 37)

Wie soeben zitiert war für die Ausführung der Gewinnabführungen das ZK der SED durch seine Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe zuständig.

Der Beschluß  vom 31.07.1962 galt bis zum Ende der DDR fort.

                        Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 31 Mitte

Verfahrensakte Band II

–  Zur Ausführung des Beschlusses des PB faßte der Ministerrat der DDR unter 21.12.1962 einen Beschluß, in dem – nicht verwunderlich – bestätigt wurde, daß sich durch die Reorganisationsmaßnahmen an den Eigentumsverhältnissen in den Verlagen nichts änderte.

                        „Die Unterstellung der partei – und

                        organisationseigenen Verlage unter

                        die Hauptverwaltung Verlage und

                        Buchhandel im Ministerium für Kultur

                        erfolgt ohne Veränderung der

                        Eigentumsverhältnisse.

                        Die Gewinne dieser Verlage werden

                        nach wie vor an den Eigentümer der

                        Verlage auf Grund einer Vereinbarung

                        und eines aufzustellenden Kassenplanes

                        abgeführt.“

                        Schriftsatz

vom 23.05.2018 Blatt 6 / Blatt 7 unter III.)

iVm Anlagen ASt 131 bis ASt 133

Verfahrensakte Band III

–  Ferner sind zur weiteren Durchführung der Weisungen des Politbüros zwischen den von ihm festgelegten Stellen auch die Verwaltungsvereinbarungen einschließlich der Abreden über die Prinzipien der Gewinnabführung geschlossen worden, am 28.12.1962, am 13.12.1963 und am 18.04.1984. In der Verwaltungsvereinbarung vom 28.12.1962 wurde der Aufbau-Verlag nochmals ausdrücklich als dem Kulturbund gehörig ausgewiesen. Im übrigen wurde in Ausführung des Beschlusses des Politbüros vom 31.07.1962 festgeschrieben:

                        „Für die Verwaltung des Partei- und

                         Organisationsvermögens gelten

                         folgende Prinzipien:

                        1.) Die Eigentumsverhältnisse bleiben

unverändert …

                        …

                        4.) Die Gewinne der Verlage der

Massenorganisationen werden direkt

an die Organisationen abgeführt. Die

                        Umsatzabgabe wird der Zentrag …

abgeführt …“

Schriftsatz

vom 22.05.2014 Blatt 33 / Blatt 34 unter 1.)

iVm Anlage ASt 31

Verfahrensakte Band II

1964 ff

–  Die Profilierung trat mit Wirkung zum 01.01.1964 in Kraft, für den Aufbau-Verlag mit der Maßgabe, daß er sich mit dem Verlag Rütten & Loening unter dem Namen „… Aufbau-Verlag Berlin und Weimar …“ zu einer Wirtschaftsgemeinschaft – profilierter Verlag – zusammenschloß. Die beiden Verlage behielten ihre rechtliche Selbständigkeit und waren jeder für sich in HRC eingetragen. Sie erwarben und verwerteten ihre Rechte jeweils separat. Dabei verblieb es bis zu Wende 1989 und darüber hinaus.

                        Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 34 sowie 73 bis 77 mwN

Verfahrensakte Band II

–  Entsprechend den Festlegungen des Politbüros vom 31.07.1962 wurde das Ministerium für Kultur HV Verlage und Buchhandel anstelle des Druckerei- und Verlagskontors als übergeordnetes Organ in HRC eingetragen.

– Der  profilierte  Verlag  wurde  als   „… Aufbau-Verlag   Berlin   und Weimar …“, also gerade und wie bereits nach der Umtragung in 1955 wiederum ohne die Zusatzbezeichnung VEB in HRC eingetragen, da die Organisationseigentümer ja Inhaber blieben.

–  Das Vermögen des Kulturbund am Aufbau-Verlag wurde in der Schlußbilanz zum 31.12.1963 mit DM DDR 3.606.852,17 festgestellt und in die Eröffnungsbilanz des zum 01.01.1964 profilierten Aufbau Verlag Berlin und Weimar übernommen.

                        Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 36 / Blatt 37 unter 4.)

                        iVm Anlagen ASt 33, ASt 34

Verfahrensakte Band II

–  Dementsprechend stellten der Kulturbund und die Vermögensverwalterin, das Ministerium für Kultur HV Verlage und Buchhandel, in dem Abkommen vom 27.02. / 11.06.1964 das Vermögen des Kulturbund im profilierten Aufbau-Verlag Berlin und Weimar in Übereinstimmung mit den vorgenannten Bilanzwerten iHv DM DDR 3.606.852,17 fest.

                        „Vermögen des Kulturbundes im Aufbau-Verlag

                        …… wie folgt

                                    Grundmittelfonds                    DM    682.552,17

                                     Umlaufmittelfonds                  DM 1.169.700,00

                                    Richtsatzplankredit                  DM 1.754.600,00

                                      Gesamtvermögen des

                                        Kulturbunds                            DM 3.606.852,17

                        ….“

                        Abkommen vom 27.02. / 11.06.1964

                        Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 37 / Blatt 38

                        iVm Anlagen ASt 35 und ASt 36

Verfahrensakte Band II

–  Das      Vermögen      des       Kulturbund     am    Aufbau-Verlag    iHv      DM DDR 3.606.852,17 ist nachfolgend genau in dieser Höhe bis auf zwei Stellen hinter dem Komma durchgehend bestätigt worden. Insbesondere ist genau dieser Wert Gegenstand aller jährlichen Rechenschaftsberichte iVm den dazugehörigen Bilanzen, die das Ministerium für Kultur HV Verlage und Buchhandel als übergeordnetes Organ der Abteilung Finanzen und Parteibetriebe des ZK der SED vorlegte.

                    –  Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 40 bis Blatt 53

iVm Anlagen ASt 38 bis ASt 46

Verfahrensakte Band II

                    –  Schriftsatz

                        vom 15.03.2017 Blatt 10 bis Blatt 14 mwN

Verfahrensakte Band III

–  Der Eigentumslage folgend erfolgten auch die jährlichen Gewinnausschüttungen an den Kulturbund bis zum Ende der DDR.

                    –  Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 52 / Blatt 53 mwN

Verfahrensakte Band II

–  Aus dem Geschäftsjahr 1965 haben die Beschwerdeführer Überweisungen des Ministeriums für Kultur HV Verlage und Buchhandel sämtlich „… aus der Gewinnabführung des Aufbau-Verlages …“ iHv DM 700.000,00 nachweisen können.

                    –  Gutschriften aus Gewinnabführung

                        Geschäftsjahr 1965

                        (Anlage VB 38)

–  Die mit Wirkung zum 01.07.1964 erlassene Arbeitsordnung des nunmehr profilierten Aufbau-Verlag Berlin und Weimar bestätigte den

                        „… Aufbau-Verlag als den Verlag

                        des Deutschen Kulturbundes …“.

                        Schriftsatz

                        vom 23.02.2018 Blatt 8 unter 2.)

                        iVm Anlage ASt 125

Verfahrensakte Band III

–  Ende 1964 beschloß der Präsidialrat des Kulturbund die Einrichtung eines Beirats für den Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, ferner für den Verlag Rütten & Loening. Der Leiter der HV Verlage und Buchhandel im Ministerium für Kultur wurde Mitglied dieses vom Kulturbund

                        „… für seinen Verlag, den

                        Aufbau-Verlag Berlin und Weimar

                        (errichteten) Beirats.“

                        Schriftsatz

                        vom 23.02.2018 Blatt 8 bis Blatt 12 unter 3.)

                        iVm Anlagen ASt 126 bis ASt 130

Verfahrensakte Band III

–  Der Aufbau-Verlag hatte zum Anfang eines jeden Jahres dem Kulturbund sowie dem Ministerium für Kultur über das abgelaufene Geschäftsjahr Rechenschaft abzulegen.

                        Schriftsatz

                        vom 22.05.2014

                        Blatt 55 / Blatt 56 unter VIII.)

                        iVm Anlagen ASt 49 bis ASt 51

Verfahrensakte Band II

1970 ff

–  Als im Verlauf des Geschäftsjahres 1970 deutlich wurde, daß die Gewinnabführungen aus dem Aufbau-Verlag den Erwartungen des Kulturbund – in erheblichem Ausmaß – nicht gerecht werden würden, wandte sich dieser an das Ministerium für Finanzen und erreichte eine Aufstockung der Zuweisungen, die er laufend aus dem Staatshaushalt erhielt. Ferner wurde vereinbart, daß der Kulturbund künftig aus dem Aufbau-Verlag pauschalierte Gewinnabführungen iHv M DDR 1.690.000,00 erhalten würde. So wurde ab dem Geschäftsjahr 1971 bis zum Ende des Geschäftsjahres 1989 auch verfahren.

                        Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 59 bis Blatt 62

                        iVm den dortigen Anlagen

Verfahrensakte Band II

–  Die Unabhängige Kommission nach §§ 20 a, b PartG DDR, seit dem 01.06.1990 treuhänderische Verwalterin des Kulturbund, hat im Zuge ihrer Verwaltung u. a. unter dem 17.03.1994 diese jährlichen pauschalierten Gewinnabführungen bestätigt,

                        „Dementsprechend erhielt der

                        Kulturbund bis 1989 einschließlich

                        pauschalierte Gewinnabführungen

                        vom Ministerium für Kultur.“

                        Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 65

                        iVm Anlage ASt 67 Blatt 3

Verfahrensakte Band II

und  bestätigte  überdies  in  ihrem  Bericht  an  den  Deutschen  Bundestag vom   24.08.1998  auch  genau  die   Höhe   der   Gewinnabführungen pro Geschäftsjahr  mit DM 1.690.000,00, daß nämlich nach

                        „… der planmäßigen Abführung

                        von Teilen des Gewinns in Fonds,

                        für Investitionen und für Zinsen

                        … aus dem Nettogewinn der

                        genannten 1.690.000,00 DM an

                        den Kulturbund … planmäßig

                        weitergleitet (wurden)“.

                        Schriftsatz vom 22.05.2014 Blatt 65 mwN

                        Verfahrensakte Band II

1983 ff

–  Unter dem 12.05.1983 bestätigte das ZK der SED durch seine Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe, daß der Aufbau-Verlag Berlin und Weimar durch das Ministerium für Kultur HV Verlage und Buchhandel lediglich angeleitet und mit seinem Vermögen verwaltet wurde.

„Werter Herr Genosse Seibt!

                        Durch die Hauptverwaltung Verlage- und

                        Buchhandel beim Ministerium für Kultur

werden aufgrund einer Vereinbarung mit

uns vom 28.12.1962 folgende partei- und

organisationseigene Verlage angeleitet und

deren Vermögen verwaltet:

Aufbau-Verlag / Rütten & Loening

…“

Schriftsatz

vom 22.05.2014 Blatt 62 / Blatt 63 mwN

Verfahrensakte Band II

Es ist dargelegt, daß das Politbüro in seinem Beschluß vom 31.07.1962 genau diese Abteilung mit der Ausführung von Vereinbarungen zu den Gewinnabführungen beauftragt hatte.

–  Unter dem 19.12.1985 bestätigte das ZK der SED dem Kulturbund den Finanzplan des Aufbau-Verlag Berlin und Weimar für das Geschäftsjahr 1986 mit den dortigen Gewinnabführungen aus „… Verlagsabführungen …“ in der ab 1971 festgelegten Höhe von DM / DDR 1.690.000,00.

                        Schriftsatz

                        vom 22.05.2014

Blatt 63 letzter Absatz / Blatt 64 Absatz 1

iVm Anlage ASt 66

Verfahrensakte Band II

–  In der jedenfalls nach dem 19.05.1983 angefertigten Verlagskartei des Ministeriums für Kultur Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel ist sowohl das fortbestehende Organisationseigentum des Kulturbund am Aufbau-Verlag  Berlin  und  Weimar  als  auch  der  Verweis  auf  die  Lizenz Nr. 301 als auch der Verweis auf das Verlagsstatut vom 10.01.1961 enthalten, ferner der Hinweis auf die wirtschaftliche – nicht: rechtliche – Einheit mit dem Verlag Rütten & Loening.

                    –  Verlagskartei

                        des Ministerium für Kultur

                        (Anlage VB 39)

                    –  Schriftsatz

                        vom 12.12.2018 Blatt 2 bis Blatt 5 mwN

Verfahrensakte Band IV

1989 ff

–  Nach der Wende 1989 gerierte sich die SED / PDS – erstmals – für einen kurzen Zeitraum, zwischen Januar und April 1990, als Eigentümerin des Aufbau-Verlag Berlin und Weimar. Auf Grund dieser Berühmung kam es zur Erstellung eines sog. Übergabe- / Übernahmeprotokolls vom 14.03. / 02.04.1990. Darin hieß es, die SED / PDS führe aus ihrem Eigentum den Aufbau-Verlag  Berlin  und  Weimar  sowie den Verlag Rütten & Loening in Volkseigentum. Die Überführung erfolge ohne Werterstattung mit allen Rechten und Pflichten. Dieses unter dem 14.03.1990 vom Ministerium für Kultur  und  vom  Verlagsdirektor  unterzeichnete  Protokoll  unterzeichnet unter   dem    02.04.1990    der    Parteivorstand   der   SED / PDS, aber  versehen mit  einer  Zusatzerklärung,  ausweislich derer an die Partei ein Betrag iHv M DDR 16.987 Mio zu zahlen war, wenn der Verlag an Dritte verkauft würde.

                    –  Übergabe- / Übernahmeprotokoll

                        vom 14.03. / 02.04.1990

                        (Anlage VB 40)

                    –  Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 6 bis Blatt 70 unter XIII.) mwN

Verfahrensakte Band II

Das Ministerium für Kultur widersprach den Zusätzen unverzüglich.

                        Schreiben des Ministeriums für Kultur

                        vom 18.04.1990

                        (Anlage VB 41)

–  Diese – kurzfristige – Eigentumsberühmung war durch nichts belegt und konnte durch nichts belegt werden. Sie war falsch. Dies bestätigte die SED / PDS unverzüglich. Sie stand seit dem 01.06.1990 wie der Kulturbund nach PartG DDR unter der treuhänderischen Verwaltung der THA Direktorat Sondervermögen und war von dieser angewiesen, dem Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen – BARoV – eine Zusammenstellung ihrer Vermögenswerte zu übermitteln. Dieser Liste stimmte die treuhänderische Verwalterin zu und sie wurde im Dezember 1992 als sog. BARoV-Liste an das Bundesamt übermittelt. Danach gehörte der Aufbau-Verlag nicht zum Vermögen der Partei.

                        Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 71

                        iVm Anlage ASt 71

Verfahrensakte Band II

–  Die SED / PDS bestätigte dies dem Beschwerdeführer zu 1.) in einem Schreiben vom 10.04.1995.

                    –  Schreiben

                        der SED / PDS vom 10.04.1995

                        (Anlage VB 42)

                    –  Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 71 / Blatt 72 unter 2.)

Verfahrensakte Band II

–  Durch Eidesstattliche Versicherung vom 15.10.2018 hat Herr Klaus Höpcke die Motive für die seinerzeitige Berühmung erläutert, die vorsätzlich falsch erhoben worden war. Herr Höpcke war seit 1968 bis 1990 Mitglied im Präsidialrat des Kulturbund und führte dort die Aufsicht über dessen Finanz- und Vermögensangelegenheiten. Gleichzeitig war er  von März 1973 bis Ende 1989 stellvertretender Minister für Kultur der DDR und in Personalunion  im  selben  Zeitraum  Leiter der HV Verlage und Buchhandel gewesen. Die Eigentumslage sowohl am Aufbau-Verlag als auch im später profilierten Aufbau-Verlag Berlin und Weimar ist ihm aus diesen Tätigkeiten umfassend bekannt gewesen.

Herr Höpcke bestätigte, das seit Gründung der Aufbau-Verlag GmbH am 16.08.1945 ununterbrochen fortbestehende Eigentum des Kulturbund. Er erkannte, daß der Kulturbund im Zuge der Wende am 09.11.1989 handlungs– und beschlußunfähig und weder institutionell noch personell in der Lage war, für den Fortbestand des Verlags zu sorgen. Insbesondere fehlten ihm die finanziellen Mittel dafür. Diese konnten lediglich aus dem Staatshaushalt kommen. Auf Grund dieser Überlegungen unternahm er es im Verbund mit dem Verlagsleiter, Herrn Elmar Faber, und einigen eingeweihten Spitzenpolitikern in der SED / PDS und im Ministerium für Kultur, den Verlag  bewußt falsch als Parteieigentum auszugeben und in Volkseigentum ‚… zu überführen …‘.

                    –  EV

                        Herr Klaus Höpcke

                        vom 15.10.2018

                        (Anlage VB 43)

                    –  Schriftsatz

vom 17.10.2018 mwN

Verfahrensakte Band III

1990 ff

–  Auch im Zuge der fälschlich vorgenommenen Umtragung von HRC in HRB in 1990 ist der Verlag als „… Aufbau-Verlag Berlin und Weimar …“ bezeichnet worden, also ohne die Bezeichnung VEB auch im vermeintlichen Umwandlungsvermerk nach THG.

3.) Zusammenfassung

Anzuknüpfen ist an die Ausführungen zum Zwischenergebnis zur Beurteilung der Einzelumstände Blatt 34 Absatz 4 bis Blatt 35 vorletzter Absatz:  Soweit  sich das KG mit einzelnen Umständen befaßt hat, hat es diese bruchstückhaft und zusammenhanglos und ohne Ausführungen zur Auswahl, insgesamt willkürlich, herausgegriffen. Über den dazu erbrachten – beweisbewehrten – Vortrag der Beschwerdeführer hat es sich völlig hinweggesetzt, sowohl was die tatsächlichen Umstände als auch was die Rechtslage in der DDR und die dortige Rechtspraxis betrifft.

Vor allem hat das KG den Vortrag der Beschwerdeführer zur Gesamtentwicklung nicht berücksichtigt, wie sie unter B) IV.) 2.) im einzelnen – und wiederum beweisbewehrt – dargelegt ist. Es ergibt sich für die Zeit ab der Gründung des Aufbau-Verlag bis zum Ende der DDR – und darüber hinaus – zweifelsfrei das Eigentum des Kulturbund, und es ergibt sich, daß dies von der bestimmenden Macht in der DDR, der SED, und ihrem höchsten Organ, dem Politbüro, auch ausdrücklich und durchgehend so gewollt gewesen ist. Der Kulturbund ist die Massenorganisation der DDR mit einer eigenen Fraktion in der Volkskammer gewesen und geblieben. Ausnahmslos alle von den Beschwerdeführern umfassend vorgelegten Urkunden aller damaligen Entscheider – aus dem Politbüro der SED, aus dem Zentralkomitee der SED, aus dessen Abteilungen, aus dem Ministerrat der DDR, aus dem Ministerium für Kultur, aus den dort angefertigten Rechenschaftsberichten und Bilanzen, aus den Geschäftsbüchern des Kulturbund, aus denjenigen des Aufbau-Verlag, aus den  Akten  der  Registergerichte – bestätigen  die  unangefochten  gebliebene Rechtsstellung des Kulturbund. Er hat sein Eigentum insbesondere nicht in 1955 verloren und insbesondere auch und gerade nicht im Zuge des Beschlusses des Politbüros der SED zur Profilierung im Verlagswesen iVm deren Einführung ab dem 01.01.1964. Im Beschluß vom 31.07.1962 ist das Eigentum des Kulturbund gerade expressis verbis garantiert worden. Es ist auch – und vielfach – urkundlich unterlegt, daß der Kulturbund sein Vermögen am Aufbau-Verlag bis auf zwei Stellen hinter dem Komma – iHv DM DDR 3.606.852,17 – stets bewahrt hat. Auf seine Geschicke hat er stets Einfluß genommen, nicht zuletzt durch das mit dem Ministerium für Kultur geschlossene Abkommen vom 27.02. / 11.06.1964, dem genau – und verbindlich für die Zukunft – der vorerwähnte Vermögensstand zu Grunde lag, ferner über die Rechenschaft, die ihm der Aufbau-Verlag jährlich über das abgelaufenen Geschäftsjahr abzulegen hatte.

Als Eigentümer hat er auch die vorgetragenen Gewinnabführungen erhalten, und zwar bis Ende 1998, wie noch in 1994 und in 1998 die Unabhängige Kommission als Einvernehmensbehörde gegenüber dem Deutschen Bundestag bestätigt hat. Auch daß der Kulturbund stets Einfluß auf die Geschicke des Aufbau-Verlag genommen hat, ist belegt.

Daß das KG entgegen der zweifelsfreien Tatsachenlage sowohl die Einzelumstände falsch beurteilt hat als auch die ihm präsentierte Gesamtentwicklung für seine Beurteilung komplett außer Betracht gelassen hat, entbehrt jeder Grundlage und kann nur als willkürlich bezeichnet werden.

V.) Vermeintlich mögliche Umwandlung

      des Aufbau-Verlag in einen VEB Anfang 1990

Für die weitere Erwägung des KG, auszuschließen sei auch nicht,

                        „… daß sich der Verlag jedenfalls

                        Anfang 1990 in einen volkseigenen

                        Betrieb umgewandelt hat.“

                        BA

                        Blatt 9 letzter Absatz / Blatt 10 Absatz 1

gelten die Vorausführungen zu IV.) entsprechend. Statt den Sachverhalt einer historisch / systematischen Prüfung der Gesamtentwicklung zu unterziehen, wie es hätte geschehen müssen, hat sich das KG wiederum darauf beschränkt, bruchstückhaft und zusammenhanglos Einzelumstände herauszugreifen. Diese sind in keiner Weise tragfähig und der erkennende Senat hat auch hier den Vortrag der Beschwerdeführer komplett übergangen.

Unabhängig vom Vorigen zeigt die gleichfalls vorgetragene Gesamtentwicklung, daß auch dieses vom KG präsentierte Ergebnis unter keinem Gesichtspunkt gerechtfertigt werden kann.

1.) Einzelumstände

     Tatsächliche Umstände / Recht der DDR

–  Bemerkenswerterweise vertritt das KG sogar die Ansicht, daß der Aufbau-Verlag über die Rechtsmacht verfügt haben könnte, eine Umwandlung seiner selbst herbeizuführen.

                        „Schließlich kann auch nicht

                        ausgeschlossen werden, daß

                        sich der Verlag jedenfalls

                        Anfang 1990 in einen volks-

                        eigenen Betrieb umgewandelt

                        hat.“

                        BA

                        Blatt 9 letzter Absatz

Irgendwelche Darlegungen dazu sucht man vergebens.

–  Daß nicht der Kulturbund, sondern ab 1955 das Druckerei- und Verlagskontor und im Zuge der Profilierung ab 1964 das Ministerium für Kultur HV Verlage und Buchhandel als übergeordnetes Organ in HRC eingetragen  waren,  weil  sie  die  Vermögensverwalter  waren,  änderte  wie

dargelegt nichts an dem fortbestehenden Eigentum des Kulturbund, an den ihm deswegen zustehenden Gewinnen und an seinem fortbestehenden Einfluß auf die Geschicke des Aufbau-Verlag.

                        Die Vorausführungen zu B) IV.) mwN

–  Daß das KG die bis zum Ende 1989 ununterbrochen geflossenen Gewinnausschüttungen – entgegen den Vorausführungen und entgegen den ausdrücklichen  Feststellungen  sogar  der Unabhängigen Kommission in ihrer  Funktion  als   Einvernehmensbehörde  nach  PartG  DDR  –  als  bloße „… Zahlungen an den Kulturbund …“ abtut, beleuchtet idealtypisch die völlige Gleichgültigkeit des 22. Senats gegenüber den vorgetragenen Tatsachen.

                        Die Vorausführungen zu B) IV.) mwN

–  Das Vorige gilt entsprechend für die völlig unzutreffende Feststellung, es sei „… jedenfalls auch kein Hinweis auf eine Eigentümerstellung des Kulturbund …“ mehr erfolgt.

                        Die Vorausführungen zu B) IV.) mwN

–  Das Vorige gilt entsprechend erst recht für die Überlegung:

        –  „Im übrigen kann die Gewinn-

zuweisung auch als (einfache)

Nutzung des (Volks-) Eigentums

verstanden werden.“

aaO Blatt 10 Absatz 1

        –  Dazu

Die Vorausführungen zu B) IV.) mwN

–  Zu den im Beschluß genannten Schreiben vom 24.02.1964 und vom 01.05.1983

                        BA

                        Blatt 10 Absatz 1

ist festzustellen: Diese Schreiben spricht das KG erstmals im angegriffenen Beschluß  aaO  an,  nach  einer Verfahrensdauer von knapp 5 ½ Jahren. Hätte das KG den Beschwerdeführern Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, hätten diese wie folgt vorgetragen:

Das aaO erwähnte Schreiben vom 24.02.1964 ist den Beschwerdeführern nicht bekannt. Ferner ist im angegriffenen Beschluß mit keinem Wort dargelegt, was Gegenstand dieses Schreibens ist und was sich daraus aus welchen Gründen in bezug auf die Vertretungsbefugnis für den Aufbau-Verlag ergeben soll. Gleichfalls ist mit keinem Wort mitgeteilt, woraus sich ergeben soll, daß der Kulturbund keinen Einfluß auf die Bestimmung gehabt hätte. Zu einem Schreiben vom 01.05.1983 ist zu sagen, daß ein solches vorliegt, daß ungeachtet dessen aber die Vorausführungen entsprechend gelten. Es ist nicht dargelegt und nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen dieses Schreiben dem Zuständigkeitsgefüge des Statuts vom 10.01.1961 widersprechen, insbesondere woraus sich ergeben soll, daß der Kulturbund die Bestimmung nicht beeinflußt hätte.

–  Eine besonders krasse Übergehung des Vortrags der Beschwerdeführer liegt in dem Verweis auf den Beschluß des Politbüros der SED vom 31.07.1962 und dessen nachfolgende Ausführung – Profilierung mit Wirkung zum 01.01.1964 –, wozu die Beschwerdeführer umfassend und – u. a. – sowohl aus den Urkunden des Politbüros als auch des ZK der SED als auch des Ministerrats der DDR dargelegt haben, daß der Eigentumsschutz zu Gunsten des Kulturbund am Aufbau-Verlag mit der Profilierung grundlegend einherging.

                        Die Vorausführungen unter B) IV.) mwN

–  Das Vorige gilt entsprechend für die Feststellung, das Vermögen des Aufbau-Verlag sei mit dem des Volksverlags Weimar und unter Umständen auch mit dem des Verlags Rütten & Loening „… zusammengelegt …“ worden. Das war schon nach dem Beschluß des Politbüros der SED vom 31.07.1962 ausgeschlossen. Dementsprechend ist es – wie u. a. unter Verweis auf die vorgelegten Bilanzen vorgetragen – gerade nicht zu einer Zusammenlegung   von   Vermögensmassen   gekommen.   Vielmehr  ist  das Vermögen des Kulturbund am unprofilierten Aufbau-Verlag per 31.12.1963 mit DM 3.606.852,17 bewertet worden, ist genau dieser Vermögenswert für den mit Wirkung zum 01.01.1964 profilierten Aufbau-Verlag übernommen worden, und  ist es bei  diesem Vermögensbestand bis auf zwei Stellen hinter dem Komma bis zum Ende der DDR geblieben. Die profilierten Verlage hatten   ihre   Selbständigkeit   gerade   nicht   verloren,   weswegen   sie   als selbständige juristische Personen in HRC – bis über die Wende hinaus – eingetragen blieben. Die Gewinne aus dem Aufbau-Verlag sind durchgehend bis Ende 1989 an den Kulturbund geflossen.

Die Vorausführungen unter B) IV.) mwN

–  Daß „… die Vertretungsorgane des Verlages …“ unter dem 02.07.1990 die Anmeldung nach THG vorgenommen haben sollen, ist wie bereits vorgetragen eine petitio principii. Die Anmeldung war falsch, da ein Umwandlungstatbestand nicht vorlag. Dies ergibt sich bereits aus der im Briefkopf zutreffend wiedergegebenen Firma, die „… Aufbau-Verlag Berlin und Weimar …“ lautete, also den Zusatz VEB gerade nicht enthielt.

2.) Gesamtentwicklung

     Tatsächliche Umstände / Recht der DD

Auch in bezug auf eine vermeintlich mögliche Umwandlung des Aufbau-Verlag in einen VEB Anfang 1990 durch die SED / PDS hätte das KG die Eigentumslage  systematisch  und  in  ihrer  historischen  Gesamtentwicklung untersuchen müssen. Die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte entsprechen dem Vortrag zu B) IV.) 2.), der dem Erfordernis umfassend Rechnung trägt. Darauf wird Bezug genommen.

Es ergibt sich, daß auch in der Zeit ab 1983 – auch nach dem 01.05.1983 – und nach der Wende vom 09.11.1989 und über den 01.07.1990 und über den 02.10.1990 hinaus das fortbestehende Eigentum des Kulturbund am Aufbau-Verlag nachgewiesen ist.

Das KG macht sich auch im Zusammenhang mit einer vermeintlichen Vermögensentziehung zu Lasten des Kulturbund Anfang 1990 nicht einmal ansatzweise die Mühe, seinen zuvor selbst – und zutreffend – festgesetzten Prüfungsvoraussetzungen Rechnung zu tragen, nämlich die Rechtslage nach dem Recht der DDR zu beurteilen unter weiterer Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung des Rechts in der damaligen Rechtspraxis einschließlich der ergangenen Rechtsprechung.

3.) Zusammenfassung

Auf die Vorausführungen zu B) IV.) 3.) ist Bezug zu nehmen. Sie gelten uneingeschränkt entsprechend.

VI.) BARoV – Liste

Nach dem Vorigen ist dem KG überdies vorzuwerfen, daß es komplett die Vermögenserklärung übergangen hat, die die SED / PDS zur Übergabe an das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen im Dezember 1992 zu einer Zeit vorbereitet hatte, als sie längst der treuhänderischen Verwaltung der THA / BVS unterlag, also seit dem 01.06.1990, vgl. § 21 a PartG DDR. Der Aufbau-Verlag war nicht Bestandteil dieser Liste, die SED / PDS nahm ihn also gerade nicht als Vermögen in Anspruch. Dieser Feststellung hatte die treuhänderische Verwalterin zuzustimmen und zugestimmt, wie dargelegt.

Auch dieser Umstand war entscheidungserheblich und das Verhalten des KG ist auch in diesem Punkt als willkürlich zu beurteilen.

VII.) Bindungswirkung

       des Beschlusses KG vom 16.12.2013 zu 12 W 32 / 12

Zur Bindungswirkung des Beschlusses des KG vom 16.12.2013 haben sich die Beschwerdeführer umfassend dahin geäußert, daß die Voraussetzungen, unter denen sie allein nachträglich hätte beseitigt werden können, nicht vorliegen. Die BVS hat auch nach Rückgabe der Sache durch den 12. Senat an das AG Charlottenburg keinerlei neue Tatsachen vorgetragen, erst recht nicht solche, die eine abweichende Beurteilung erforderten. Es ist  auch nicht zu einer nachträglichen Änderung des anzuwendenden Rechts gekommen. Schließlich ist auch das beim 22. Senat anhängig gewordene Verfahren kein anderes Verfahren nach KG 12 W 32 / 12 gewesen.

                    –  Schriftsatz

                        vom 22.05.2014 Blatt 2 bis Blatt 7 mwN

Verfahrensakte Band II

                    –  Schriftsatz

                        vom 01.12.2014

Blatt 5 bis Blatt 16 unter III.) und V.) mwN

Verfahrensakte Band III

                    –  Schriftsatz

                        vom 26.05.2015

Blatt 4 bis Blatt 9 unter IV.) mwN

Verfahrensakte Band III

                    –  Schriftsatz

                        vom 15.09.2015

Blatt 2 bis Blatt 5 unter I.) mwN

Verfahrensakte Band III

                    –  Schriftsatz

                        vom 07.12.2015

Blatt 2 / Blatt 3 unter I.) mwN

Verfahrensakte Band III

                    –  Schriftsatz

                        vom 23.05.2018

Blatt 2 bis Blatt 6 oben unter I.)

Verfahrensakte Band III

Gleichwohl sieht sich der 22. Senat ermächtigt, die Bindungswirkung zu durchbrechen, und zwar mit der Erwägung, die Befugnis dazu ergebe sich aus der Rückgabe der Sache durch den 12. Senat an das Ausgangsgericht iVm der Anordnung der Beteiligung der BVS, da andernfalls die Beteiligung als sinnlose Förmelei zu gelten habe. Im übrigen habe der 12. Senat seiner Entscheidung die in den Zivilprozessen unstreitige Annahme, durch die Eintragung unter HRC 538 sei ein OEB entstanden, ohne Erörterung zu Grunde gelegt.

                        BA

                        Blatt 10 letzter Absatz / Blatt 11 Absatz 1

Bereits die erste Annahme entbehrt jeder Grundlage. Die Beteiligung der BVS hatte den allgemeinen Grundsätzen zu folgen. Sie hatte also Gelegenheit, nach Maßgabe der geltenden gesetzlichen Merkmale in ihrer Ausprägung durch die Rechtsprechung neue Tatsachen, die eine andere Beurteilung erfordert hätten oder eine etwa nachträglich eingetretene Änderung des anzuwendenden Rechts oder aber das Vorliegen eines anderen Verfahrens vorzutragen. Wie dargelegt hat sie einen solchen Vortrag aber gerade unterlassen.

Unter dem Deckmantel der Formulierung ‚…sinnlose Förmelei …‘ verdeckt der angegriffene Beschluß, daß die BVS die eingeräumte Möglichkeit, das Verfahren sach- und gesetzesgerecht zu beeinflussen, nicht genutzt hat, und daß das erkennende Gericht ihr darüber hinweghelfen wollte, um ihr einen Vorteil zu verschaffen, der gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Völlig unzutreffend ist auch die bloße Unterstellung, der 12. Senat habe die Feststellungen der  Zivilgerichte ohne  Erörterung übernommen. Gegenstand der Entscheidungsfindung des 12. Senats sind sogar die Verfahrensakten zu den zivilistischen Verfahren gewesen, die die Beschwerdeführer vorgelegt haben.

                    –  Schriftsatz

                        vom 15.03.2013 Blatt 11 mwN

                        BFL Beteiligungsgesellschaft mbH / BVS

Verfahrensakte Band I

                    –  Schriftsatz

                        vom 15.03.2013 Blatt 8 mwN

                        Lunkewitz / BVS

Verfahrensakte Band I

Die Beurteilungen des 22. Senats entbehren jeder Grundlage. Sie sind willkürlich.

VIII.) Bindungswirkung

         der zivilistischen Entscheidungen

Die    Bindungswirkung   der   Entscheidungen   LG   Frankfurt   am   Main zu 2 – 27 O 238 / 04 = BGH II ZR 213 / 06 u. a. verneint das KG unter Verweis darauf, daß außerhalb von Gestaltungsurteilen eine allgemeine Bindungsfreiheit der Registergerichte bestehe, weil diese auch dem öffentlichen Interesse und den Interessen Dritter gerecht werden müßten.

                        BA

                        Blatt 11 Absatz 3 / Blatt 12 Absatz 1

Abgesehen davon, daß diese Rechtslage streitig ist, ist die aus dem genannten Gesichtspunkt abgeleitete Berühmung der Bindungsfreiheit unvereinbar mit den eigenen, unmittelbar vorangegangenen Befunden des erkennenden Senats. Dieser hatte in

                        BA

                        Blatt 5 Absatz 4 bis Blatt 6 Absatz 1

herausgearbeitet und festgestellt, daß er gerade im Hinblick auf die Merkmale öffentliches Interesse und Interessen Dritter an die Vorfeststellungen des KG vom 16.12.2013 zu 12 W 32 / 12 gebunden ist. Wenige Seiten später soll das nicht mehr gelten. Es handelt sich um eine reine, durchsichtige Umgehungsmaßnahme zur Förderung der Parteiinteressen der BVS.

IX.) Beweismaß

Zu den Anforderungen an das Beweismaß in den vom Untersuchungsgrundsatz geprägten Verfahren haben sich die Beschwerdeführer im einzelnen verhalten.

                        Schriftsatz

                        vom 15.03.2017

Blatt 25 Absatz 3 bis Blatt 26 vorletzter Absatz mwN

Verfahrensakte Band III

Danach bedarf es für die richterliche Überzeugungsbildung

                        „… eines für das praktische

                        Leben brauchbaren Grades

                        von Gewißheit …, der Zweifeln

                        Schweigen gebietet, ohne sie

                        völlig auszuschließen …“.

                        BGH vom 16.04.2013

                        VI ZR 44 / 12

                        NJW 2014, 71 (72) RdNr. 8 mwN BGH

Die Anwendung der Regelungen über das Beweismaß setzt zunächst voraus, daß das erkennende Gericht den zu Grunde liegenden Sachverhalt zutreffend festgestellt hat, bei Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes – wie vorliegend der Fall – im Ergebnis pflichtgemäßer Ermittlungen, weiter – in dieser Auseinandersetzung – in Anwendung des Rechts der DDR in seiner konkreten Ausgestaltung in der damaligen Rechtspraxis. Die Beschwerdeführer haben das durchgehende und fortbestehende Eigentum des Kulturbund am Aufbau-Verlag positiv nachgewiesen. Eigene Ermittlungen hat das KG nicht für erforderlich gehalten und nicht durchgeführt. Mündliche Anhörungen sind nicht anberaumt worden.

Schon bei zutreffender Würdigung der vom KG zur Kenntnis genommenen Umstände, erst recht bei zusätzlicher und zutreffender Würdigung der völlig übergangenen Umstände hätten beim erkennenden Senat irgendwelche Zweifel am Vorliegen der Löschungsvoraussetzungen überhaupt nicht entstehen können. Jedenfalls relevante Restzweifel – welche ? mit welcher Begründung ? – waren nicht festzustellen. Zu der Entscheidung gegen die Löschung des Umwandlungsvermerks konnte es demzufolge nicht kommen.

Im Ergebnis ist dem KG vorzuhalten, daß es auch den Vortrag der Beschwerdeführer zu den Grundlagen des Beweismaßes völlig übergangen hat. Irgendeine Begründung für die vermeintlichen Zweifel in Berücksichtigung der Anforderungen des Rechts des Beweismaßes ist nicht mitgeteilt.

  1. C) Der Beschluß vom 11.06.2020

Es ist dargelegt, daß der erkennende Senat die aus 33 Seiten bestehende Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör der Beschwerdeführer vom 10.06.2020, die am frühen Nachmittag dort einging, bereits durch Beschluß vom 11.06.2020 zurückgewiesen hat.

                    –  Schriftsatz

vom 10.06.2020

Verfahrensakte Band IV

        –  Die Vorausführungen

Blatt 9 / Blatt 10 iVm Anlagen VB 16 und VB 17

Mit den dortigen Ausführungen – die ‚… Begründung …‘ besteht aus sieben Zeilen, vgl. Anlage VB 16 Blatt 3 – setzt das KG sein Vorverhalten fort, weder den Tatsachenvortrag der Beschwerdeführer noch die Rechtslage nach dem Recht der DDR in ihrer konkreten Ausgestaltung in der damaligen Rechtspraxis zur Kenntnis zu nehmen.

  1. D) Verfassungsrecht

Dem KG sind Verstöße gegen Art. 103 (1) GG sowie gegen Art. 3 (1) GG sowie gegen Art 19 (4) GG vorzuwerfen, auf denen die angegriffenen Entscheidungen auch beruhen. Hätte das Gericht die ihm obliegenden verfassungsrechtlichen Verpflichtungen beachtet, hätte es die Löschung der Umwandlungsvermerke nach THG verfügt.

I.) Art. 103 (1) GG

     Übergehen entscheidungserheblichen Vortrags

Der in Art. 103 (1) GG niedergelegte Anspruch auf rechtliches Gehör ist verletzt, wenn im Einzelfall deutlich wird, daß Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist.

                        BVerfG vom 17.12.1998

                        2 BvR 1556 / 98

                        NJW 1999, 1387 (1388 lSp) mwN

Kenntnisnahme setzt Aufnahmebereitschaft des Gerichts voraus.

                        Jarass / Pieroth (Pieroth)

GG Kommentar 15. Aufl. Art. 103 RdNr. 38 mwN

Erwägen bedeutet die Pflicht des Gerichts, Vorbringen der Beteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf seine Erheblichkeit und Richtigkeit zu überprüfen.

                        Jarass / Pieroth (Pieroth)

GG Kommentar 15. Aufl. Art. 103 RdNr. 41 mwN

Das Gericht ist verpflichtet auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von besonderer Bedeutung ist, einzugehen.

                        BVerfG vom 17.12.1998

                        2 BvR 1556 / 98

                        NJW 1999, 1387 (1388 lSp) mwN

Dabei muß der wesentliche, der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienende Vortrag in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden.

                        BVerfG vom 05.02.2004

                        2 BvR 1629 / 03

                        NJW 2004, 1519 rSp mwN

Seine vorgenannten verfassungsrechtlichen Verpflichtungen hat das KG in beiden angegriffenen Beschlüssen manifest verletzt. Die einzelnen Verstöße nach dem Beschluß vom 13.05.2020 ergeben sich aus den Vorausführungen, zunächst und insbesondere aus B) IV.) und aus B) V.), auf die Bezug zu nehmen ist. Die vom KG selbst für den Streitgegenstand der Löschung der Umwandlungsvermerke als entscheidend festgestellte Frage ist diejenige, wer am 01.07.1990 Eigentümer des Aufbau-Verlag gewesen ist. Dazu haben die Beschwerdeführer wie dargelegt – und wohl erschöpfend – vorgetragen. Die gesamten Darlegungen, die sie umfassend urkundlich unterlegt haben und die auch entscheidungserheblich waren, hat das KG schon nicht zur Kenntnis genommen, da es nach Lage der Dinge an der erforderlichen Aufnahmebereitschaft völlig gefehlt hat. Jedenfalls hat es sie für seine Entscheidung nicht erwogen. Dies gilt sowohl für die erörterten Einzelumstände, vgl. die Vorausführungen zu B) IV.) 1.) und zu B) V.) 1.), als auch und erst recht für die unter B) IV.) 2.) und unter B) V.) 2.) dargelegte Gesamtentwicklung. Unter anderem ist das KG gerade an den entscheidenden Weichenstellungen

                    –  Umtragung

der Aufbau-Verlag GmbH von HRB nach HRC

am 05.04.1955

als gleichgestelltes Unternehmen des Kulturbund

                    –  Beschluß

                        des Politbüros der SED vom 31.07.1962

unter völliger Ausblendung des gesamten Tatsachenvortrags der Beschwerdeführer, damit erst recht seines Kerns, schon deswegen zu seiner – falschen – Entscheidung gekommen, weil es die ausdrücklich festgelegten Eigentumsgarantien zu Gunsten des Kulturbund

                        Insbesondere

                    –  Beschluß

des Politbüros der SED vom 31.07.1962

        –  Beschluß

des Ministerrats der DDR vom 21.12.1962

        –  Abkommen

Kulturbund MfK vom 27.02. / 11.06.1964

mit Bestätigung des Vermögens

des Kulturbund iHv DM DDR 3.606.852,17

        –  Bestätigung

des ZK der SED vom 12.05.1983

        –  Geschäftsjahre 1963 ff

Bilanzfeststellungen mit Bestätigung des Vermögens

des Kulturbund iHv DM DDR 3.606.852,17

        –  Jährliche Rechenschaftslegung

des Aufbau-Verlag gegenüber dem Kulturbund

in Ansehung der vorliegenden Urkunden, vgl. Anlage VB 37 sowie die weiteren Nachweise unter B IV.) 2.), ohne jede Beachtung gelassen hat.

Weder hat das KG den beweisbewehrt vorgetragenen Tatsachen Rechnung getragen noch der Rechtsordnung der DDR

                    –  Statut

                        der zentral geleiteten Betriebe …

vom 07.08.1952

Die Vorausführungen

Blatt 29 unten / Blatt 30 oben mwN

                    –  VO

                        über die Bestellung von Rechtsträgern …

vom 24.08.1950

(Anlage VB 32)

        –  Rechtsträgernachweis Nr. 21 A 87 / 7104

vom 19.04.1955

(Anlage VB 33)

        –  VO

über Maßnahmen … vom 04.09.1952

iVm Dritte DFBest

Schriftsatz vom 27.02.2020 Blatt 5 mwN

Verfahrensakte Band IV

                    –  OEB

                        Rechtssubjektivität als juristische Person

                        durch Eintragung in HRC

                        Die Vorausführungen Blatt 30 Mitte mwN

noch der eindeutigen, wiederum umfassend dargelegten Rechtspraxis in der DDR betreffend den Kulturbund und sein Eigentum am Aufbau-Verlag.

Das KG hat auch wie dargelegt mit keinem Wort die Erklärungen der SED / PDS zur BARoV – Liste gewürdigt, die der Zustimmung der THA / BVS bedurft hatte und in der die SED / PDS sich irgendwelcher Ansprüche in bezug auf den Aufbau-Verlag gerade nicht berühmte.

Von einer Verarbeitung des wesentlichen, der Rechtsverfolgung dienenden Vortrags der Beschwerdeführer kann nicht ansatzweise die Rede sein. Aus der gesamten Art und Weise des Vorgehens des KG bei der Entscheidungsfindung kann nur geschlossen werden, daß das Gericht zu Lasten der Beschwerdeführer objektiv und subjektiv willkürlich gehandelt hat.

Für den Beschluß vom 11.06.2020 gilt nichts anderes. Die Zurückweisung der  aus  33  Seiten   bestehenden   Rüge   vom  10.06.2020  innerhalb  von 24  Stunden  nach  Vorlage  und  mit  einer  aus sieben Zeilen bestehenden ‚… Begründung …‘ beweist – jenseits des Inhalts des Beschlusses –, daß das KG die Ausführungen nicht zur Kenntnis genommen hat, weil es nicht wollte.

II.) Art. 3 (1) GG

       Verstoß gegen das Willkürverbot

Ein Gericht handelt entgegen Art 3 (1) GG willkürlich, wenn es offensichtlich einschlägige Normen nicht berücksichtigt oder den Inhalt einer Norm in krasser Weise mißversteht oder eine Norm sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise anwendet.

                    –  BVerfG vom 12.09.2013

                        1 BvR 744 / 13

                        NJW 2013, 3774 (3775 lSp) mwN

                    –  BVerfG vom 08.07.1997

                        1 BvR 1934 / 93

                        NJW 1997, 2305 (2307 lSp) mwN

                    –  BVerfG vom 26.05.1993

                        1 BvR 208 / 93

                        NJW 1993, 2035 (2037 rSp) mwN

Willkürlich ist eine Maßnahme, die im Verhältnis zu der Situation, derer sie Herr werden will, tatsächlich und eindeutig unangemessen ist.

                    –  BVerfG vom 07.04.1992

                        1 BvR 1772 / 91

                        NJW 1992, 1675 rSp mwN

                    –  BVerfG vom 13.11.1990

                        1 BvR 275 /90

                        NJW 1991, 157 lSp mwN

Willkürlich ist es ferner, wenn ein Richterspruch unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß er auf sachfremden Erwägungen beruht,

                        BVerfG vom 17.12.1998

                        2 BvR 1556 / 98

                        NJW 1999, 1387 (1389 lSp) mwN

ferner, wenn sich ein Gericht selbst den Blick auf die konkreten Umstände des Falls auf Grund eines von vornherein vorgestellten Ergebnisses in unangemessener Weise verstellt.

                        BVerfG vom 17.12.1998

                        2 BvR 1556 / 98

                        NJW 1999, 1387 (1389 lSp) mwN

Nach Maßgabe dieser Anforderungen hat das KG auch willkürlich gehandelt. Anzuwenden war, wie vom KG selbst festgestellt, das Recht der DDR unter Berücksichtigung der dortigen Rechtspraxis. Die Beschwerdeführer haben sämtliche einschlägigen Rechtsgrundlagen benannt und vorgelegt. Das KG hat die Norminhalte, soweit es sich überhaupt damit befaßt hat, contra legem ausgelegt und angewendet, wie bspw. das Statut den zentral geleiteten Betriebe, die VO über die Bestellung von Rechtsträgern, den Rechtsträgernachweis   Nr. 21 A 87 / 7104,  die  VO   über   Maßnahmen   der wirtschaftlichen Rechnungsführung iVm der Dritten Durchführungsbestimmung DFBest, die Rechtssubjektivität der OEB der gesellschaftlichen Organisationen als juristische Personen durch Eintragung in HRC.

Darüber hinaus hat es die durchgehende und konsistente Rechtspraxis in der DDR komplett mißachtet, sowohl was den ganzen Sinn und Zweck der Umtragung der Aufbau-Verlag GmbH von HRB nach HRC in 1955 anbetrifft als auch die Umstände der Umtragung selbst als auch und insbesondere den Beschluß des Politbüros der SED vom 31.07.1962, den Beschluß des Ministerrats der DDR vom 21.12.1962, das Abkommen zwischen dem Kulturbund und dem MfK vom 27.02. / 11.06.1964 mit seiner Vermögensfeststellung iHv DM DDR 3.606.852,17, die Bestätigung des ZK der SED vom 12.05.1983, die nachfolgende Bestätigung für das Geschäftsjahr 1986, die durchgehenden Bilanzfeststellungen ab den Geschäftsjahren 1963 ff mit ihren Bestätigungen des Vermögens des Kulturbund iHv genau DM DDR 3.606.852,17.

Die Willkür setzt sich fort in der Nichtbeachtung der Erklärungen, die die unter der treuhänderischen Verwaltung der THA / BVS stehende SED / PDS zur BARoV – Liste 1992 abgegeben hat, in der sie sich irgendwelcher Eigentumsansprüche nicht berühmte.

Die Willkür des KG setzt sich weiter fort in der Beurteilung der Anforderungen an die Vortragslast, vgl. dazu nachfolgend unter III.), ferner im Hinblick auf die Gesamtbeurteilung des Verfahrens unter dem Gesichtspunkt der Verweigerung eines fairen Verfahrens, auf das die Beschwerdeführer aber Anspruch haben, vgl. Art. 20 GG, ferner nachfolgend unter V.).

Aus den Gründen ist das Verhalten des KG als objektiv und subjektiv willkürlich zu beurteilen.

III.) Art. 103 (1) GG

      Verstoß gegen die Anforderungen an die Vortragslast

Ein Verfassungsverstoß nach Art. 103 (1) GG liegt ferner vor, wenn das Gericht Anforderungen an die Vortragslast über das hinaus stellt, was nach der ständigen und unangefochtenen höchstrichterlichen Rechtsprechung verlangt werden kann.

                        BVerfG vom 13.03.1995

                        2 BvR 2119 / 94

                        NJW 1995, 2544 rSp mwN

Die Beschwerdeführer haben dargelegt, daß sie sich sowohl zu den den Rechtsstreit bestimmenden Tatsachen als auch zur Rechtslage in der DDR als auch zur dortigen Rechtspraxis umfassend und beweisbewehrt geäußert haben. Ferner haben sie zu dem Beweismaß vorgetragen, das der richterlichen Überzeugungsbildung – auch im FamFG – Verfahren – zu Grunde  liegt.  Ferner  haben  sie  dargelegt,  daß  die  vom  KG  geäußerten ‚… Zweifel …‘ im gesamten Sachvortrag keinerlei Grundlage haben. Die erkennenden Richter haben solche Zweifel lediglich vorgeschoben, um einen Ansatzpunkt für   eine   Entscheidung  zu  Lasten  der  Beschwerdeführer  zu   finden. Dieses Verhalten ist nicht nur aus den bereits dargelegten – und noch darzulegenden – Gründen verfassungswidrig, sondern darüber hinaus auch deswegen, weil die vom KG faktisch verlangten Anforderungen an das Beweismaß der ständigen und unangefochtenen höchstrichterlichen Rechtsprechung völlig widersprechen. Weiter werden mit einer solchen Vorgehensweise Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt, die diese niemals erfüllen kann. Da das KG nach Lage des gesamten Rechtsstreits auch insofern absichtlich gehandelt hat, ist auch dieses Verhalten als subjektiv willkürlich zu bezeichnen.

IV.) Art 19 (4) GG

       Verstoß gegen die Anforderungen an die Vortragslast

Auch ein Verstoß gegen Art. 19 (4) liegt vor, wenn ein Gericht die Anforderungen an die Vortragslast überspannt.

                        BVerfG vom 13.03.1995

                        2 BvR 2119 / 94

                        NJW 1995, 2544 rSp mwN

Auf die Vorausführungen zu Art. 103 (1) GG wird Bezug genommen. Das KG hat auch das Grundrecht der Beschwerdeführer aus Artikel 19 (4) GG verletzt.

V.) Art 20 GG

      Verweigerung eines fairen Verfahrens

Das Recht auf ein rechtsstaatliches und faires Verfahren wird aus dem Rechtsstaatsprinzip iVm den Freiheitsrechten abgeleitet. Ihm ist auch das rechtsstaatliche Gebot der Unparteilichkeit bzw. der fehlenden Befangenheit des handelnden Amtsträgers zuzuordnen.

                        Jarass / Pieroth (Jarass)

GG Kommentar 15. Aufl. Art. 20 RdNr. 43 mwN

Das KG hat den Beschwerdeführern insgesamt und manifest und bewußt ein faires Verfahren verweigert. Der insoweit festzustellende Verfassungsverstoß ergibt sich jenseits der Vorausführungen / über sie hinaus aus der Gesamtbetrachtung der Verfahrensführung. Dabei sind besonders zu nennen:

–  Die seit dem 01.01.2015 bis zum Ablehnungsgesuch vom 03.04.2019 anhaltende völlige Untätigkeit des erkennenden Senats, für die nicht einmal ansatzweise ein Grund genannt worden ist,

–  die völlige Untätigkeit des Vorsitzenden Richters, der die Akte bis zum 03.04.2019 überhaupt nur ein einziges mal vorliegen hatte, und auch zur Beantwortung einer Sachstandsnachfrage des AG Charlottenburg,

–  die Unvereinbarkeit dieses Verhaltens mit den Pflichten eines Vorsitzenden Richters,

 – die Verfahrens- / Aktenführung des erkennenden Senats, der den zentralen Schriftsatz der Beschwerdeführer vom 22.05.2014 über einen Zeitraum von vier Jahren und acht Monaten komplett außer Acht gelassen hat, obgleich dieser vorlag,

–  die Übergehung sowohl dieser Ausführungen auch nach Kenntnisnahme als auch des weiteren Vortrags der Beschwerdeführer,

–  die Erteilung rechtlicher Hinweise in bewußter Übergehung des zentralen Vortrags der Beschwerdeführer vom 22.05.2014,

– das Verschweigen gegenüber den Parteien, daß das Gericht diesen Schriftsatz über einen Zeitraum von vier Jahren und acht Monaten nicht zur Kenntnis genommen hatte,

–  das Unterlassen der Übermittlung schriftsätzlichen gegnerischen Vortrags, hier des Schriftsatzes der BVS vom 11.01.2019, die Verweigerung einer Erklärung für dieses Verhalten,

–  das Unterlassen der Übermittlung des Schriftsatzes der BVS vom 09.04.2020, der erst zusammen mit dem angegriffenen Beschluß vom 13.05.2020 zugestellt worden ist, die Verweigerung einer Erklärung für dieses Verhalten,

–  die mehrfache und endgültige Verweigerung einer Antwort auf die Nachfragen der Beschwerdeführer zur Vollständigkeit der ihnen zur Verfügung gestellten Akten.

VI.) Ursächlichkeit

Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auch auf der Verletzung der vorgenannten Grundrechte der Beschwerdeführer. Auf die Verfassungsbeschwerde hin ist die Löschung auszuführen. Zumindest kann nicht ausgeschlossen werden, daß das KG anders entschieden hätte, wenn es die Grundrechte der Beschwerdeführer nicht verletzt hätte.

Im Ergebnis hat das KG den Beschwerdeführern gezielt das rechtliche Gehör abgeschnitten und ihnen insgesamt durch seine Verfahrensführung ein faires Verfahren verweigert.

Einfache Abschrift liegt an.

Schrader

 

Zum Tode von Elmar Faber

Elmar Faber hatte einen sehr eigensinnigen Charakter. Er hat im sozialistischen Literaturbetrieb der DDR manche Verdienste erworben und danach sogar mehr noch als selbständiger Verleger in Leipzig. Als Direktor des Aufbau-Verlages hat er acht Jahre lang – die Partei öffentlich lobend – mit sorgfältig verdrehter Sprache zäh die Autoren des Verlages und ihre Werke gegen manche SED Apparatschiks verteidigt. Der Stasi, den übelsten Lügnern in der DDR, hat er die inoffizielle Mitarbeit verweigert und das Vertrauen zwischen Verlag und Autoren so weit wie möglich geschützt. Dabei war er ein loyaler DDR Bürger, der – wie er den alten Genossen gern erzählte – den SED Sozialismus lieber reformiert und behalten hätte, als ihn gegen das kapitalistische System der Bundesrepublik auszutauschen.

Die Diktatur der SED hat in der DDR vor allem die Lüge kultiviert und das Leugnen der tatsächlichen Verhältnisse überlebenswichtig gemacht, weshalb sie für manchen, so auch für Elmar Faber, zur Alltäglichkeit wurde, die ihm den Aufstieg in diesem verlogenen System ermöglichte. Manche Lüge hat Faber so verinnerlicht, dass er sie am Ende wohl selber glaubte. Sein sehr oft wiederholtes Selbstlob, er habe im Kampf gegen die Zensur in der DDR das Buch „Horns Ende“ von Christoph Hein ohne Genehmigung drucken lassen, erledigt sich mit einem Blick in die Erstausgabe. Das Impressum zeigt die Nummer 301 der Lizenz des Verlages und nachfolgend die Nummer der Druckgenehmigung: 120/4/85. Die Genehmigung wurde am 18.12.1984 von Faber beantragt, am 25.2.1985 von Herrn Höpcke erteilt und am 26.2.1985 ausgefertigt.

Faber hat aber gern noch listiger als Odysseus die offene Lüge vermeidend nur die Wahrheit verschwiegen. Er schwieg nach der Wende über die auch von ihm selber „veranstalteten Plusauflagen“ mit denen wegen der Devisenknappheit der DDR viele Autoren aus dem „nicht sozialistischen Währungsgebiet“ um einen Teil ihres Honorars betrogen wurden und erzählte ein Märchen von seinem vergeblichen Widerstand. Er hätte diese Betrügereien wohl verhindern können, wenigstens beim Aufbau-Verlag. Das aber hätte, so sagte er, auch bedeutet, dass die Leser in der DDR noch weniger Zugang zu westlicher Literatur gehabt hätten und das wollte er nicht und damit entschuldigte er diese kriminelle Praxis.

Zu seiner vielleicht wichtigsten und zugleich folgenreichsten Tat für den Aufbau-Verlag hat er ebenfalls geschwiegen und sich nur indirekt zur Wahrheit bekennen können:

Elmar Faber hat hauptverantwortlich dafür gesorgt, dass der Aufbau-Verlag und der Verlag Rütten & Loening nach der Wende von der Treuhandanstalt zu Unrecht als Volkseigentum, sprich als Staatseigentum, behandelt und verkauft wurden. Für beide Verlage mag das auch aus heutiger Sicht die einzige Chance gewesen sein im wiedervereinigten Deutschland zu überleben. Für mich aber auch für die Treuhandanstalt wurde das eine teure Angelegenheit. Sie hat sich von Elmar Faber täuschen lassen und war, als sie ihre Fehler erkannte, auch nicht bereit, die falsche Eigentumszuordnung des Aufbau-Verlages zu korrigieren. Die wiederum beendete nach erfolgreichen achtzehn Jahren meine Kariere als Verleger und kostete mich einen großen Teil meines Vermögens.

Den Aufbau-Verlag gibt es noch heute. Aber es war der Kulturbund, der am 9. Oktober 1951 vom Amt für Literatur und Verlagswesen der DDR die an dessen Stellung als Alleingesellschafter gebundene Lizenz mit der Nummer 301 zur Ausübung der verlegerischen Tätigkeit im Rahmen der Firma „Aufbau-Verlag“ erhielt. Diese Lizenz war bis zum Ende der DDR die Grundlage der Verlagstätigkeit und zugleich der unbestreitbare Beweis für das Eigentum des Kulturbunds am Aufbau-Verlag.

Der Aufbau-Verlag war auf Wunsch des Kulturbunds seit dieser Zeit zusammen mit Verlagen anderer Organisationen und der SED vom Druckerei- und Verlagskontor, einer Firma der SED, wirtschaftlich angeleitet und verwaltet worden. Durch Beschluss des Politbüros wurde im Jahre 1963 das Druckerei- und Verlagskontor aufgelöst und die Verwaltung der dort betreuten Verlage einer neu gegründeten Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel im Ministerium für Kultur übertragen.

Die jährliche Rechenschaftslegung des Aufbau-Verlages fand gegenüber dieser HV Verlage und dem Kulturbund statt. Die HV Verlage wiederum war gegenüber der Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe beim ZK der SED rechenschaftspflichtig. In den akribisch geführten Akten des Verlages, des ZK der SED, der Hauptverwaltung und des Kulturbunds sind alle Vorgänge und Entscheidungen in Programm-, Personal- und Organisationsfragen, der Produktion und Buchhaltung, der Bilanzierung und der Eigentumszuordnung lückenlos dokumentiert. Es gibt darin keinen Hinweis, dass der Kulturbund sein Eigentum am Aufbau-Verlag aufgegeben oder sonst irgendwie an die SED verloren hätte.

Zum 1. 4. 1964 waren die Verlage der DDR auf Beschluss des Politbüros der SED inhaltlich durch eine „Profilierung“ ihrer Programme auf abgegrenzte Tätigkeitsbereiche festgelegt und neu strukturiert worden. In der grundlegenden Verwaltungsvereinbarung zur Umsetzung des Beschlusses wurde prinzipiell festgelegt „die Eigentumsverhältnisse bleiben unverändert“. Der Kulturbund blieb weiterhin der Lizenzträger des Aufbau-Verlages.

Unter Beibehaltung der Eigentumsverhältnisse übernahm der Aufbau-Verlag auch die Weiterführung des belletristischen Programms des parteieigenen Verlages Rütten & Loening. Beide Verlage waren auch weiterhin rechtlich selbständig im Handelsregister C eingetragen und wurden gemeinsam von der HV Verlage betreut und überwacht. Ab 1970 bis zum Ende der DDR erhielt der Kulturbund aus den Gewinnen des Verlages nach Steuern aufgrund einer Absprache mit dem Ministerium der Finanzen und der SED jährlich pauschal 1.690.000,- M DDR, der restliche Nettogewinn ging als Anteil für Rütten & Loening an die SED.

Spätestens am Jahresende 1989 war das Schicksal der DDR und auch das ihrer festgefügten Verlagsstruktur besiegelt.

Der Kulturbund der DDR, dessen Haushalt zu über 80% von staatlichen Zuweisungen abhing, hatte seit Jahrzehnten seinen Verlag nicht mehr selbst verwaltet und würde in kürzester Zeit fast vermögenslos sein. Damit war er nach Elmar Fabers durchaus nachvollziehbarer Ansicht völlig unfähig, künftig selber die Geschäfte des Verlages anzuleiten und das Kapital dafür bereitzustellen. Am 28. November 1989 trat der Präsident und der gesamte Präsidialrat des Kulturbunds zurück. Bis zu einem späteren Bundeskongress war die Organisation somit weitgehend handlungs- und beschlussunfähig.  Gemeinsam mit Herrn Klaus Höpcke, dem Leiter der Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel im Ministerium für Kultur beschloss Elmar Faber den Aufbau-Verlag als Eigentum der SED zu deklarieren und von der Partei in Volkseigentum „überführen“ zu lassen.

Dem Bundessekretär des Kulturbunds Karl-Heinz Schulmeister erklärte er, dass der Kulturbund schon lange nicht mehr der wirkliche Eigentümer des Aufbau-Verlages gewesen sei. Durch die schon 1955 erfolgte Eintragung im Register der volkseigenen Wirtschaft sei der Verlag Volkseigentum geworden. Ab sofort werde er auch die in der Satzung des Kulturbunds bestimmte Mitgliedschaft des Direktors des Aufbau-Verlages im Präsidialrat des Kulturbundes beenden.

In den Wirren der Wendezeit konnte der unter großer Finanznot und extremem Stellenabbau leidende Kulturbund diese Behauptungen nicht überprüfen. Tatsächlich waren in den 50er Jahren die vom Druckerei- und Verlagskontor verwalteten Verlage im Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen worden, weil sie die gleichen Vorteile und Rechte haben sollten wie die volkseigenen Betriebe. Wie inzwischen eindeutig geklärt ist, blieben sie aber weiterhin als organisationseigene Betriebe das Eigentum der jeweiligen Organisation.

Anfang 1990 aber hielt die Leitung des Kulturbunds die von Elmar Faber behauptete Übertragung des Aufbau-Verlages in Volkseigentum durch bloße Registereintragung für wirksam und beantragte schließlich beim Vermögensamt die Restitution des Aufbau-Verlages und seiner Grundstücke oder wenigstens eine Entschädigung.

Mit der Täuschung des Kulturbunds war Elmar Faber der erste Schritt gelungen. Die staatlichen Behörden würden allerdings die gegenüber dem Kulturbund erfolgreiche Behauptung, der Verlag sei durch die Eintragung in das Register der volkseigenen Wirtschaft selbst volkseigen geworden, sofort als falsch erkennen.

Dagegen war es viel glaubhafter und vor allem schwieriger nachzuprüfen, wenn die SED, der die meisten nicht-staatlichen Verlage in der DDR gehörten und der damals alles zugetraut wurde, behauptete, dass sie auch Eigentümerin des Aufbau-Verlages sei und ihn nun – ganz selbstlos – zusammen mit anderen Verlagen der Partei in Volkseigentum übergebe.

Das hatte noch einen weiteren Vorteil, denn Elmar Faber ahnte, was der freie kapitalistische Buchmarkt vor allem verlangen würde: möglichst viel Kapital, das der Aufbau-Verlag oder der Kulturbund nicht hatte, wohl aber die SED. Die Parteispitze beriet damals schon darüber, ein paar hundert Millionen Mark aus ihren Bargeldguthaben an das Ministerium für Kultur zu überweisen und von dort an kulturelle Institutionen in der DDR verteilen zu lassen. Für den angeblich bald volkseigenen Aufbau-Verlag waren davon 9,6 Millionen Mark vorgesehen.

Am 9. Januar 1990 übermittelte Faber dem neuen Minister für Kultur Herrn Dr. Keller persönlich die von ihm schon im November im Verlegerausschuss des Börsenvereins vorgestellten „Thesen zur Veränderung der Verlagspolitik“, in denen er utopische Forderungen nach verlegerischer und wirtschaftlicher Autonomie für die Verlage der DDR aufstellte, die am besten natürlich durch volkseigene Verlage erreicht werden könnte.

Am 10. Januar 1990 erhielt der Parteivorstand der SED/PDS ein Schreiben des Ministers mit der Ankündigung dass die Verwaltung der parteieigenen Verlage durch die HV Verlage sofort beendet wird.

Klaus Höpke, Mitglied des Parteivorstands der SED/PDS und ehemaliger Leiter der Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel und stellvertretender Minister für Kultur der DDR, formulierte für das Präsidium des Parteivorstandes am selben Tag eine Vorlage zur Behandlung der partei- und organisationseigenen Verlage. Die darin enthaltenen Angaben über die Eigentumsverhältnisse am Aufbau-Verlag, dass er 1945 mit Kapital der KPD gegründet wurde, der Kulturbund später lediglich als Eigentümer des Verlages „deklariert“ worden sei und ab der Profilierung der Aufbau-Verlag nicht mehr als Kulturbund-Verlag „firmierte“ sondern Eigentum der SED war, sind grob falsch und irreführend, aber täuschten auch das Präsidium der SED/PDS.

Am 13. Januar schrieb Klaus Höpke an Elmar Faber und dankte für die Übersendung der „Thesen“. Die SED/PDS fühle sich direkt angesprochen und habe „konkrete Schritte getan mit dem Ziel, eine bestimmte Anzahl (der Verlage) in Volkseigentum zu überführen.“

Am 17. Januar richtete Elmar Faber ein aufschlussreiches Schreiben an Klaus Höpke aus dem hervorgeht dass tatsächlich die Entscheidung zum Aufbau-Verlag schon längst getroffen war.

Er schrieb in seiner unnachahmlichen Diktion: „Aufbau ist ja ohnehin klar dass es in Volkseigentum übergeht“. Die Ausführungen zum Verlag Rütten und Loening, dessen Eigentumsentwicklung noch unsicher war, sind etwas gewundener, aber in ihrer Bedeutung ebenso klar: Wenn auch Rütten & Loening nicht zum Eigentum der SED gehört „so müsste auch für Rütten & Loening auf Überführung in Volkseigentum orientiert werden.“ Das Wort „auch“ kann sich hier nur auf den Aufbau-Verlag beziehen, woraus sich ergibt, dass er in Volkseigentum übergehen soll, obwohl er gerade nicht Eigentum der SED ist.

Eigentum Aufbau, R&L Anfang 1990

Am 22. Januar 1990 kam es zur Beratung in den Räumen des Parteivorstands der SED/PDS. Teilnehmer an diesem für den Aufbau-Verlag schicksalhaften Treffen waren:

Dr. Gerd Pelikan, Leiter der Arbeitsgruppe zur Sicherung des Parteivermögens der SED/PDS.

Arno Lange, langjähriger Sekretär der Abteilung Kultur im ZK der SED, dort zuständig für den Aufbau-Verlag.

Dieter Lange, ehemaliger Hauptbuchhalter des Aufbau-Verlages und seit einigen Jahren Hauptabteilungsleiter im Ministerium für Kultur, dort zuständig für den Aufbau-Verlag.

Peter Dempewolf, Direktor für Ökonomie im Aufbau-Verlag

Elmar Faber, Verlagsleiter des Aufbau-Verlages und des Verlages Rütten & Loening.

Diese kleine Gruppe zuverlässiger Genossen, die sich seit vielen Jahren bestens kannten und aus eigener täglicher Arbeit sehr genau wussten dass der Kulturbund seit Jahrzehnten alleiniger Eigentümer des Aufbau-Verlages war, beschloss an diesem Tag – ohne den Kulturbund auch nur zu erwähnen – „die bisher im Eigentum der SED/PDS befindlichen Verlage Rütten & Loening und Aufbau-Verlag werden rückwirkend ab 1.1.1990 in Volkseigentum überführt“.

Am 29. Januar berichtete der Parteivorsitzende Gregor Gysi dem neuen Minister für Kultur von diesem Beschluss und bat um Zustimmung.

Das daraufhin von Dieter Lange im Ministerium verfasste Übergabe / Übernahmeprotokoll sah die Überführung der Verlage „ohne Werterstattung“ vor und wurde gemeinsam von ihm und Elmar Faber am 14.3.1990 unterzeichnet und an den Parteivorstand der PDS geschickt. Weil der Beschluss des Parteivorstands aber nur den Verkauf in Volkseigentum genehmigte, ergänzte Herr Dr. Gerd Pelikan das Dokument auf der Rückseite durch eine Zusatzerklärung mit der die PDS einen Kaufpreis zum Bilanzwert von 16.987.000 Mark fordert, wenn der Verlag weiterverkauft wird. Er unterzeichnete erst am 2.4.1990 und übersandte das Dokument an Dieter Lange im Ministerium für Kultur.

Am 11. 4. 1990 schrieb das Ministerium für Kultur an Elmar Faber dass auf Vorschlag der SED insgesamt 9,6 Millionen Mark als Fördermittel an den Aufbau-Verlag überwiesen wurden.

Dieter Lange schickte das unterzeichnete Übergabeprotokoll am 18.4.1990 an Elmar Faber mit der Anmerkung dass die Zusatzerklärung mit der Kaufpreisforderung „nicht vom Ministerium für Kultur als bindend angesehen wird.“

Elmar Faber wartete auf den Stichtag der gesetzlichen Umwandlung aller volkseigenen Betriebe am 1.7.1990 und meldete danach unter Hinweis auf die Übergabe in Volkseigentum den Aufbau-Verlag, den Verlag Rütten & Loening und sogar noch einen „Aufbau-Taschenbuchverlag“ bei der Treuhandanstalt als ehemals volkseigene Unternehmen an, die nun als GmbH im Aufbau Eigentum der Treuhandanstalt seien und reichte die entsprechenden Unterlagen ein.

Im Handelsregister B wurde auf Antrag von Elmar Faber im November 1990 eingetragen: Aufbau-Verlag GmbH im Aufbau, entstanden nach dem Treuhandgesetz durch Umwandlung des „Aufbau-Verlag Berlin und Weimar“. Der für volkseigene Betriebe gesetzlich zwingend vorgeschriebene Zusatz VEB fehlt in dieser Eintragung, ebenso auch vorher im Register der volkseigenen Wirtschaft.

Die Treuhandanstalt schickte die üblichen Formulare, registrierte die Verlage als ihr Eigentum und fasste erste Gesellschafterbeschlüsse.

Elmar Fabers Plan war gelungen. Für ihn war, gemessen am SED Partei- und Staatsapparat der geliebten DDR, die nach seinen Worten nur „durch die Dämlichkeit einer ungebildeten Herrschaftsclique“ „aus der Vollendung einer Utopie“ herausgerissen wurde, die Treuhandanstalt ein noch „dämlicherer“ Gegner. Offensichtlich kam in den Behörden niemand auf die Idee, dass ein Betriebsleiter mit Hilfe einiger SED Genossen in wichtiger Funktion das von ihm geleitete Unternehmen durch falsche Angaben eigenmächtig zum Volkseigentum erklären könnte.

Elmar Faber wollte, dass der Aufbau-Verlag nach der Wende nicht dem fast mittellosen Kulturbund gehörte, sondern der mächtigen Treuhandanstalt. Ihr gegenüber verstand er es meisterhaft mit der kulturellen Substanz und den prominenten Autoren zu argumentieren. Selbst Herr Dr. Rohwedder nahm den Aufbau-Verlag wahr. Nach ein paar Monaten hatte die Treuhandanstalt bereits hohe Gesellschafterdarlehen an den Verlag ausgereicht, bis zur Verkauf waren es dann insgesamt 8,2 Millionen DM.

Im Herbst 1990 meldete der Kulturbund seine Eigentumsansprüche auf den Aufbau-Verlag bei der Treuhandanstalt und dem Amt für offene Vermögensfragen an. Mehrmals schrieb der anwaltliche Vertreter des Kulturbunds an die Treuhandanstalt, dass der Kulturbund sein Eigentumsrechte am Aufbau-Verlag belegen könne. Die Treuhandanstalt lehnt es ab, sich mit diesem Thema zu befassen und erklärte, die Treuhandanstalt müsse „sich auf den Standpunkt stellen, dass die Übergabe des Aufbau-Verlages in Volkseigentum rechtens sei“. Als im Frühjahr 1991 das Direktorat Sondervermögen und das Sekretariat der Unabhängigen Kommission intern die ersten Zweifel am Eigentumsstatus des Verlages anmeldeten und der Kulturbund noch immer der Behauptung widersprach, dass der Aufbau-Verlag Eigentum der SED gewesen sei, wurden sie vom Direktorat Privatisierung ignoriert. Die zur Privatisierung abgeschlossenen Kaufverträge wurden zwar von der Unabhängigen Kommission noch unter den Vorbehalt ihrer Zustimmung gestellt und diese Zustimmung von der Treuhandanstalt auch beantragt, aber dann überging der Vorstand der Treuhandanstalt das Zustimmungserfordernis. Die Treuhand wartete noch die Reaktion der Käufer zu den Plusauflagen ab. Nachdem ich als Vertreter der Käufer erklärt hatte, dass der Verlag auch nach der Durchsuchung weitergeführt wird, den Kaufpreis zahlte und wegen der Plusauflagen nur an den guten Willen der Treuhandanstalt appellierte, ging die Genehmigungserklärung des Vorstands an den Notar.

Mit der Privatisierung des Verlages schien für Faber das Ziel erreicht. Er hatte einen branchenfremden Gesellschafter, der ihn als Verlagsleiter dringend brauchen würde, so dass sogar der Erwerb eines kleinen Gesellschaftsanteils für ihn möglich war. Im Vertrauen auf die Treuhandanstalt würden die Käufer die Eigentumsverhältnisse des Verlages niemals bezweifeln. Die Zukunft des Aufbau-Verlages schien gesichert als am 4. Oktober 1991 das Rücktrittsrecht der Käufer erlosch und am 7. Oktober 1991 der Tag der Übergabe des Verlages an die Käufer gekommen war.

An diesem Tag kam auch die Staatsanwaltschaft mit 20 Polizisten und durchsuchte die Räume des Aufbau-Verlages und die Wohnung Elmar Fabers wegen des Verdachts auf fortgesetzten Lizenzbetrug durch die Plusauflagen.

Schon am 20./21. August 1991 hatte die Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen zum SED Vermögen auf Antrag der Unabhängige Kommission und der Treuhandanstalt Sondervermögen bei einer Durchsuchung im Büro von Dr. Gerd Pelikan ein Schreiben des Genossen Dieter Lange vom 21./23. Dezember 1989 an den Genossen Klaus Höpke gefunden, in dem die Praxis der Plusauflagen dargelegt worden war. Der Genosse Arno Lange in der Kulturabteilung des ZK erhielt eine Kopie dieses Schreibens. Die für den Aufbau-Verlag zuständigen Mitarbeiter in den übergeordneten Verwaltungsstellen – ZK und Ministerium – gehörten beide auch zu den Teilnehmern der Beratung über den Beschluss zur Übertragung des Aufbau-Verlags aus dem SED Vermögen in Volkseigentum.

2.10.91VermerkPolizeiwgPlusauflagen

Im Herbst 1992 übergab die PDS die vollständige Liste aller ehemaligen und aktuellen Unternehmen der SED an das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (BARoV). Zum Inhalt dieser Liste hatten die Treuhandanstalt und die Unabhängige Kommission ihr Einvernehmen erteilt. Sie enthielt nicht den Aufbau-Verlag.

Das Sekretariat der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR war eine Abteilung des Bundesministeriums des Inneren. Herr Hingst aus ihrem Referat PV2 ermittelte zu dem unter treuhänderischer Verwaltung stehenden Vermögen der SED. Am 14. Dezember 1992 erklärte ihm Arno Lange der inzwischen als Archivar bei der Zentrag arbeitete, dass der Aufbau-Verlag kein Parteibetrieb gewesen sei und die SED/PDS sich nur als Eigentümerin geriert habe.

Am 10. Februar 1993 wurde Arno Lange erneut befragt und bestätigte dass der Aufbau-Verlag ein organisationseigener Betrieb des Kulturbunds gewesen war. Zum Beweis legte er ein Dokument vor, das später aus den Akten entfernt wurde.

Vermerk zur Aussage Arno Lange

Am 30. März 1994 verfasste Arno Lange für den von der Treuhandanstalt eingesetzten Geschäftsführer der SED-Holding Zentrag einen Vermerk, in dem er detailliert darlegte, dass der Aufbau-Verlag ab seiner Gründung im Jahre 1945 durchgehend Eigentum des Kulturbunds war bis er im März 1990 durch das von Dieter Lange, Elmar Faber und Herrn Dr. Pelikan unterzeichnete Übernahme / Übergabeprotokoll in Volkseigentum übergeben wurde.

Bei der Beratung und dem Beschluss vom 26. Januar 1990 zur Übergabe des Aufbau-Verlages in Volkseigentum war Arno Lange wie dargelegt persönlich anwesend. Die Grundlage des Beschlusses war, dass die SED/PDS als Eigentümerin über den Aufbau-Verlag verfügt. Gegenüber der Unabhängigen Kommission hat Arno Lange bestätigt, dass sich die SED/PDS nur als Eigentümerin geriert hat. Irgendeine andere Berechtigung der SED/PDS zur Verfügung über das Eigentum am Aufbau-Verlag nennt Arno Lange nicht.

20 Jahre später, am 15. Oktober 2018, gab Klaus Höpcke, der ehemalige stellvertretende Minister und Leiter der Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel im Ministerium für Kultur der DDR eine Eidesstattliche Erklärung ab, in der er die Ereignisse um den Aufbau-Verlag in der Wendezeit ausführlich darlegt und bestätigt, dass die vermeintliche Übergabe des Aufbau-Verlages in Volkseigentum im Frühjahr 1990 von Anfang an unwirksam war weil die SED/PDS nie Eigentumsrechte am Aufbau-Verlag hatte.

Herr Höpcke erklärte an Eides statt, dass er in der gemeinsamen Absicht, die Verfügungsmacht der SED über den Aufbau-Verlag des Kulturbunds vorzutäuschen, gemeinsam mit Elmar Faber und anderen Beteiligten im Ministerium für Kultur der DDR und der SED/PDS den Verlag wider besseres Wissen als Eigentum der SED deklariert hatte.

NotarielleUrkundeEVKlausHöpcke

In seiner 2014 im Aufbau-Verlag erschienen Autobiographie „Verloren im Paradies“ fabuliert Elmar Faber in ermüdenden Längen und verquaster Sprache über seine Leistungen als Verleger in der DDR und die Ungerechtigkeiten der Nach-Wendezeit. Die Hauptverwaltung Verlage war aufgelöst, die Verwaltung beendet. Die Treuhandanstalt war (noch) handlungsunfähig. Das war Fabers Paradies. Ausgestattet mit ausreichendem Kapital und befreit von jeder Kontrolle führte er den Verlag jetzt wie ein Eigentümer und lehnte für ihn unpassende Kaufinteressenten ab. Seine ständigen früheren Behauptungen, dass die SED in der DDR die Eigentümerin des Aufbau-Verlags gewesen sei, wiederholt er in diesem Buch nicht, sondern schweigt zu diesem interessanten Thema. Er erzählt deshalb auch nicht, wie und wann die SED angeblich das Eigentum am Aufbau-Verlag erwarb und wer wann und wie ihm diese erstaunliche und gewiss überraschende Neuigkeit verkündet oder gar durch echte Dokumente bewiesen hat, denn immerhin galt seit 1945 der Kulturbund als Eigentümer des Aufbau-Verlages.

Selbst zu der für den Verlag so entscheidenden Übergabe in Volkseigentum, die Voraussetzung für die Umwandlung in eine GmbH der Treuhandanstalt, die er ja selbst maßgeblich betrieben und an der er als Unterzeichner des Protokolls beteiligt war, verliert er kein Wort. Nur ganz nebenbei erwähnt er auf Seite 231 den Präsidialrat des Kulturbunds, dem er „als Aufbau-Chef angehörte, weil der Verlag dieser Organisation zugehörig war“ und bekennt damit, wenn auch nur indirekt, wer damals tatsächlich Eigentümer des Aufbau-Verlages war.

In seiner verquasten Sprache wiederholt er dann auf Seite 363 diese Lüge, die auch gern von der Treuhandanstalt verbreitet wird: „Lunkewitz hat für die Öffentlichkeit von sich ein Bild zu entwerfen gewußt, als wäre er in der Privatisierungsphase arglistig getäuscht worden (was nach vieler, auch meiner Meinung nicht stimmte) und als sei er der große Verlierer, der in den Verlag Millionen investieren musste.“

im Jahre 2007 erhielt Elmar Faber das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Er hatte sich besonders aus der Sicht des Finanzministers um die Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht.

BRD und DDR: Rechtsstaat oder Unrechtsstaat?

Der ehemalige Verfassungsrichter Böckenförde äußerte sich in der FAZ vom 12. Mai 2015 zu dieser Frage in Bezug auf die DDR und kommt zu dem Ergebnis, dass die DDR jedenfalls kein Unrechtsstaat war, obwohl es dort vielfaches Unrecht, Freiheitsverletzungen und Ungerechtigkeit gab. Die Rechtsbrecher im Staatsdienst der DDR haben in den meisten Fällen sogar mit gutem Gewissen das Recht gebrochen, etwa nach der Devise: wenn wir (im Interesse des Staates oder des Sozialismus) das Gesetz verletzen, dann ist das trotzdem richtig.

Diese Haltung der Staatsdiener ist jedoch nicht auf die DDR begrenzt. Am entsetzlichsten noch war sie im 3. Reich, als Himmler in seiner Posener Rede behauptet, dass die Mitglieder der SS in der Durchführung des Holocausts „anständig geblieben“ seien. Aber auch in der Bundesrepublik verführt der fatale Chorgeist in der Verwaltung und Justiz immer wieder dazu, das geltendes Recht aus vermeintlich „guten“ Gründen von Staatsdienern gebrochen und rechtswidriges Handeln des Staates von der Justiz gedeckt wird. Das allein macht die Bundesrepublik jedoch nicht zu einem Unrechtsstaat.

Der Rechtsstaat ist nach Böckenförde nicht ein Gerechtigkeitsstaat, sondern ein Staat der das geltende Recht ohne Ansehung der Person anwendet und staatliche Willkür ausschließt. „Ausgangs- und Kernpunkt des Rechtsstaats bleibt, dass sich alles staatliche Handeln in der Weise des Rechts vollzieht.“
Entscheidend sei die Bindung von Verwaltung und Rechtsprechung an Gesetz und Recht – und die Unabhängigkeit der Richter.

Das ist kein Generalverdacht gegen Staatsdiener sondern die realistische Annahme, dass Handlungen der staatlichen Verwaltung rechtswidrig sein können. Deshalb sollen sie von den betroffenen Bürgern mit Hilfe der Justiz kontrolliert und notfalls korrigiert werden können.

Die Verwaltung in der Bundesrepublik genießt bei deutschen Richtern schon traditionell besonderen Respekt, aber schon allein die notwendige Existenz der Verwaltungsgerichte beweist, dass auf allen Ebenen und immer wieder von betroffenen Bürgern das staatliche Verwaltungshandeln mit Hilfe der Gerichte auf den Boden des geltenden Rechts zurückgeführt werden muss. Die Nähe der Verwaltungsrichter zu der staatlichen Verwaltung, aus deren Reihen sie regelmäßig kommen und in die sie regelmäßig zurückkehren, macht das an sich schon schwierig genug. Aber wenigstens können von den Betroffenen die relevanten Akten eingesehen und die Umstände an Hand der gesetzlichen Vorgaben geprüft werden.

Zivilrechtliche Ansprüche gegen staatliche Einrichtungen und Behörden, z. B. auf Schadensersatz, muss der Bürger vor den Zivilgerichten verfolgen wo die staatliche Verwaltung ihre Akten nicht vorlegen muss.

Die Justizverwaltung hat außerdem für Klagen gegen den Staat regelmäßig eine „Sonderzuständigkeit“ eingerichtet, was dazu führt, dass bestimmte Spruchkörper und Richter von dem üblichen „Rotationsprinzip“ ausgenommen über Jahre für solche Fälle zuständig sind. Das hinterlässt tiefe Spuren in ihrer Rechtsprechung. Der betroffene Bürger tritt deshalb von vornherein auf einen übermächtigen Gegner, von dem der Richter – trotzt aller formalen Unabhängigkeit – in der Lebenswirklichkeit auch noch abhängig ist. Zusammen mit der deshalb nur zu „verständlichen“ richterlichen Vermutung, dass staatliches Verwaltungshandeln gesetzmäßig ist, dem „allgemeinen Interesse“ entspricht, kaum der Bereicherung einzelner und wenigstens aber der „Staatsräson“ dient, hat das noch fatalere Auswirkungen auf die Abwägung der vorgebrachten Tatsachen (um Wahrheitsfindung geht es im Zivilprozess nur eingeschränkt) und abhängig davon auf die Rechtsprechung.

Die Vorgänge um die Prozesse bezüglich der Eigentumsverhältnisse des Aufbau-Verlages und das Verwaltungshandeln der Treuhandanstalt sind ein eklatantes Beispiel dafür, wie sehr von den Gerichten in der Bundesrepublik die fiskalischen Interessen des Staates höher bewertet werden als das geltende Recht und seine gesetzmäßige Anwendung ohne Ansehung der Person.

Das Vortragsverhalten der dort verklagten Behörden ist an den entscheidenden Stellen gekennzeichnet von Prozessbetrug und Urkundenfälschung und die Verhandlungsführung der Gerichte von Befangenheit und Parteilichkeit der Richter.

Was sich hier anhört wie die Schimpftirade eines schlechten Verlierers, ist auf dieser Website im Detail nachvollziehbar dargelegt. Die meisten Täter, soweit sie bekannt sind, werden genannt und als das bezeichnet, was sie sind: Lügner, Betrüger, Urkundenfälscher.

Der Glaube an den vermeintlichen Rechtsstaat lässt nun den naiven Leser erwarten, dass nach den schweren Anklagen, die gegen die genannten Mitarbeiter der deutschen Behörden und einige der mit dem Fall Aufbau-Verlag befassten Richter erhoben werden, entweder der Staat als deren Dienstherr wegen Beleidigung oder Verleumdung juristisch dagegen vorgehen oder aber die so peinlich angegriffenen Behörden und ihre Mitarbeiter zur Verantwortung ziehen würde. Aber nichts dergleichen geschieht.

Auch die Erwartung, dass die Presse über die ganz offensichtlichen Vergehen der Mitarbeiter der Behörden und die Manipulationen der Gerichte oder wenigstens über die Existenz so gravierender Verwürfe und ihre Nichtbeachtung schreiben würde, erfüllt sich nicht.

Gleichzeitig wird die Website täglich aufgerufen und gelesen. Die Vorwürfe sind also bekannt und man kann getrost davon ausgehen, dass auch und gerade die Beschuldigten und ihre Vorgesetzten darüber genauestens unterrichtet sind.

Durch Ihr beharrliches Schweigen haben die Täter und ihre Helfer in der Verwaltung und den Gerichten längst anerkannt, dass sie den Ausführungen auf der Website nichts entgegenzusetzen haben und dass die Vorwürfe zutreffen.

Weil sie zurecht fürchten, dass in einem der Wahrheitsfindung unterliegenden Strafverfahren alle diese Vorwürfe als Wahrheit und damit als berechtigt anerkannt werden, versuchen die Täter und ihre Helfer diesen Fall totzuschweigen.

Auf den skrupellosen Rechtsbruch folgt der moralische Bankrott und die verantwortungslose Feigheit dieser Staatsdiener.

Macht das die Bundesrepublik zu einem Unrechtsstaat? In der DDR gab es sehr viel mehr Fälle dieser Art, aber auch sie war keine Unrechtsstaat, sondern „nur“ ein Staat in dem Unrecht in großem Umfang möglich und alltäglich war. Die Bundesrepublik ist nicht qualitativ, sondern nur quantitativ anders zu beurteilen.

Vorstände der Deutschen Bank unter Anklage wegen versuchten Prozessbetruges

Es ist kaum zu glauben mit welchem Aufwand die Staatsanwaltschaft München diese Anklage betreibt. Die Schuld der Angeklagten mag hier dahingestellt bleiben, Die Tatsachen sind von Außen nicht nachprüfbar, der Verlauf des Prozesses wird darüber aber genauer aufklären.
Wenn aber die gleichen Maßstäbe, die hier gegen die Vorstände der Deutschen Bank angelegt wurden, auch für Mitarbeiter der staatlichen Behörden, insbesondere die Mitarbeiter der Treuhandanstalt und der Unabhängigen Kommission gelten würden, müsste die Staatsanwaltschaft umgehend ein Verfahren wegen vollendeten Prozessbetruges gegen die in diesen Verfahren agierenden Verantwortlichen und die Anwälte der BVS einleiten.
Dies wird natürlich nicht geschehen, denn für die Behörden der Bundesrepublik gilt ganz offensichtlich: wenn wir gegen Gesetze verstoßen, dann ist das zulässig, denn wir sind der Staat. Oder wie Sascha Lobe im SPIEGEL zur NSA Affäre schrieb: „Alles ist erlaubt, wenn es dem Staatswohl dient. Und was das Staatswohl ist, bestimmen allein die Behörden.“

Kammergericht: „Nachtigall, ick hör Dir trapsen“

In dem Handelsregisterverfahren um die Löschung der sachlich falschen Eintragung „umgewandelt nach dem Treuhandgesetz aus dem Aufbau-Verlag Berlin und Weimar“ (Siehe: Entscheidung des Kammergerichts im Dezember 2013: die Privatisierung des Aufbau-Verlages war rechtswidrig.) gibt es Neuigkeiten.

Die BVS hatte, wie zu erwarten, gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Charlottenburg, den Einspruch der BVS gegen die Löschung zurückzuweisen, Beschwerde eingelegt und sie vor allem damit begründet, dass dem Senat nicht alle Tatsachen und Unterlagen vorgelegen hätten oder bekannt gewesen seien. Damit soll die Bindungswirkung der Entscheidung des Kammergerichts ausgehebelt werden, die eine Änderung dieser Entscheidung „eigentlich“ nicht mehr zulässt.

Mit Schriftsatz vom 7. 01. 2015 ergänzte die BVS ihren Vortrag mit der Behauptung, insbesondere seien das Statut des Aufbau-Verlages vom 1.10.1961, die Verwaltungsvereinbarung vom 13.12.1963 (zwischen der SES und dem Ministerium für Kultur) und das Abkommen vom 27.02.1964 (zwischen dem Kulturbund und dem Ministerium für Kultur) dem Gericht nicht bekannt gewesen.

Diese freche Behauptung ist allerdings falsch. Die genannten Dokumente und dazu umfangreiche rechtliche Ausführungen aller Beteiligten sind dem erkennenden Senat aus den vorlegenden Gerichts- und Prozessakten selbstverständlich bekannt (siehe: K 55, K 58, BK 33), da sie seit langen Jahren Gegenstand der Verfahren sind. Das weiß auch die BVS, aber darauf kommt es nicht an. Denn es geht nur darum, irgendeinen Vorwand oder Scheingrund für eine neue – der BVS günstige – Entscheidung des Kammergerichts zu schaffen.

Ein erster Schritt dafür ist bereits getan. Ebenfalls am 7.01. 2015 beschloss das Kammergericht, dass die Sache vom 12. Senat an den 22. Senat abgegeben wird. Damit ist der bisher zuständige Senat, der so überraschend der tatsächlichen rechtlichen und tatsächlichen Lage entsprechend die Löschung dieser falschen Eintragung im Handelsregister beschlossen hatte, den Fall los.

Andere Richter werden sich jetzt mit dem Fall befassen. Rechtlich ist auf Grund gesetzlicher Bindungswirkung das Kammergericht an die Entscheidung des 12. Senats vom Dezember 2013 gebunden. Aber zu entscheiden ist der Streit zwischen einem Einzelnen und dem Staat. Man kann jetzt Wetten auf die Unabhängigkeit der Justiz in der BRD abschließen. Die englischen Buchmacher, bekannt für ihre realistische Einschätzung, würden solche Wetten wohl nicht annehmen. Oder, wie der Berliner sagt: Nachtigall, ick hör Dir trapsen.

Januar 2015

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Nach mehr als drei Jahren ist es im März 2018 an der Zeit, diesen Artikel um einige Details zu ergänzen: Der 12. Senat des Kammergerichts, der den Beschluss vom Dezember 2013 gefasst hatte, war besetzt mit den RichterInnen Dr. Hollweg-Stapenhorst, Zillmann und Dr. Sdorra. Der Berichterstatter, Herr Dr. Sdorra hatte vor dem Beschluss der Kammer den bevollmächtigen Anwalt, Herrn Schrader, angerufen und angeregt, das Rechtsmittel zurückzunehmen, weil es angeblich keine Aussicht auf Erfolg habe.

Dann kam der den Aussagen Dr. Sdorras völlig widersprechende und überraschende Beschluss zur Löschung des falschen HR Eintrags aufgrund des unzweifelhaft feststehenden Eigentums des Kulturbunds am Aufbau-Verlag. Das läßt darauf schließen, dass Herr Dr. Sdorra bei der Entscheidung des Senats überstimmt worden war. Die Rechtssache ist damit entgültig und auch für das Gericht selbst bindend entschieden. Das Amtsgericht Charlottenburg, das gesetzlich für die Durchführung der Löschung allein zuständig ist, hat sie nun durchzuführen. Gleichwohl wurde die BVS angehört und legte Beschwerde gegen den Beschluss des Kammergerichts ein. Das Verfahren ging wieder weiter an das Kammergericht, die BVS trug umfänglich und gezielt falsch vor. Aber was kann die Bundesregierung noch tun um die Löschung des HR Eintrags zu verhindern oder wenigstens zu verzögern?

Am 7. 1. 2015 wurde die Sache an den 22. Senat abgegeben.

Am 17.6.2015 gewährte der 22. Senat in diesem Verfahren eine Fristverlängerung – sie wurde unterzeichnet von Herrn Dr. Sdorra, der dorthin versetzt worden war.

Dieser besonders befähigte Richter am Kammergericht ist also – natürlich nur wegen seiner außergewöhnlichen Kompetenz – wieder (oder immer noch) für diesen Fall zuständig und denkt bestimmt seither darüber nach, wie er entschieden werden kann. Eine Lösung des Problems, ganz im Interesse der BVS wäre es, die ganz offensichtlich allein rechtmäßige Entscheidung möglichst so lange aufzuschieben, bis die Rechtsstreitigkeiten zwischen der BVS und den Käufern der nicht existierenden Aufbau-Verlag GmbH i. A. entschieden sind.

Nachdem mehr als vier Jahre seit dem Beschluss des 12. Senats vergangen sind, scheint dies die von der BVS und der Justizverwaltung mit Hilfe von Herrn Dr. Sdorra bevorzugte Lösung des Problems zu sein:

Wenn der verklagte Staat sich die passenden Richter aussuchen kann, triumphiert die Willkür.

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1. November 2019

Inzwischen haben die betroffenen Beschwerdegegner die am Verfahren des 22. Senats beteiligten Richter wegen Untätigkeit und unzulässiger Verfahrensführung als befangen abgelehnt.

Nach den dienstlichen Erklärungen der Richter ist davon auszugehen, dass den Beschwerdegegnern die Anwendung des Rechtsstaatsprinzips einschließlich des Gebots, den Parteien ein faires Verfahren zu gewährleisten, vgl. Art. 20 (3) GG, sowie das rechtliche Gehör, vgl. Art. 103 (1) GG, verweigert worden ist.

Über die Entscheidung zu dem Befangenheitsantrag wird hier demnächst ausführlich informiert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zusammenfassende Darstellung der gescheiterten Privatisierung

Zusammenfassende Darstellung der gescheiterten Privatisierung des Aufbau-Verlags (dieser Text wurde 2008 erstmals veröffentlicht).

Nachfolgend werden die wesentlichen Teile des Verwaltungshandelns der Treuhandanstalt / Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BVS) und der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR (UKPV) in der gescheiterten Privatisierung des Aufbau-Verlags dargestellt.

Die Aufbau-Verlag GmbH wurde am 18.08.1945 durch Treuhänder für den in Gründung als eingetragener Verein befindlichen Kulturbund gegründet, die im März 1946 ihre Geschäftsanteile auf den zwischenzeitlich im Vereinsregister eingetragenen Kulturbund e. V. übertrugen. Die Aufbau-Verlag GmbH wurde 1955 aus dem Handelsregister B für Kapitalgesellschaften in Berlin-Mitte in das Handelsregister C für volkseigene Betriebe und diesen registerlich gleichgestellte Unternehmen umgetragen, wobei die Eigentumsverhältnisse unverändert blieben. Zum 01.01.1964 wurde der Aufbau-Verlag organisatorisch mit dem Verlag Rütten & Loening zusammengelegt. Auch hierdurch haben sich die Eigentumsverhältnisse an den Verlagen nicht geändert.

Die Zeit bis zum Verkauf des Aufbau-Verlags am 18.09. / 27.09.1991

Die Treuhandanstalt / BVS hatte sich seit dem 01.07.1990 als Alleingesellschafterin einer vermeintlich nach dem Treuhandgesetz aus Volkseigentum entstandenen Aufbau-Verlag GmbH ausgegeben und behauptet, dieser gehöre das gesamte Verlagsvermögen des im August 1945 gegründeten Aufbau-Verlags. Durch Vertrag vom 18.09. / 27.09.1991 verkaufte sie die Geschäftsanteile an dieser vermeintlichen Aufbau-Verlag GmbH an eine Gruppe von Investoren unter Führung der BFL Beteiligungsgesellschaft mbH. Im Vertrag war vereinbart, dass das Kapital der verkauften Gesellschaft aus dem Vermögen des umgewandelten Aufbau-Verlags gebildet war.

Jedoch hat der Bundesgerichtshof (BGH) durch Beschluss vom 03.03.2008 rechtskräftig festgestellt, dass in Wahrheit der Kulturbund, die ehemalige Massenorganisation der DDR, seit Verlagsgründung dessen alleiniger Eigentümer gewesen und geblieben ist, bis er ihn im Dezember 1995 an Herrn Bernd F. Lunkewitz persönlich verkauft hat. Die Treuhandanstalt / BVS ist damit entgegen ihren ständigen öffentlichen Behauptungen nie die Eigentümerin des Aufbau-Verlags gewesen und hat den Investoren im September 1991 eine vermögenslose Hülle verkauft.

Das Gesamtverhalten und das Zusammenspiel der mit der Privatisierung des Aufbau-Verlags und des Verlags Rütten & Loening befassten Behörden, also der Treuhandanstalt / BVS sowie der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR, die im Einvernehmen mit der Treuhandanstalt / BVS die Eigentumslage von Aufbau und von Rütten & Loening zu klären hatte, soll im folgenden zusammenfassend dargestellt werden. Dazu werden die eigenen Verwaltungsakten der Behörden herangezogen, die erst ab 1997 in anderen Zusammenhängen bekannt geworden sind.

Die zuständigen Behörden hatten intern schon vor Verkauf der Geschäftsanteile im September 1991 erhebliche Zweifel, ob die Treuhandanstalt / BVS tatsächlich jemals Eigentümerin des Aufbau-Verlags geworden war. Dieser hätte sich dann bei Inkrafttreten des Treuhandgesetzes am 01.07.1990 in Volkseigentum befinden müssen. Dorthin konnte er nur durch den bisherigen Eigentümer übergeben worden sein. Die SED / PDS hatte zwar im Frühjahr 1990 auch für die Behörde überraschend behauptet, der Aufbau­Verlag gehöre ihr, und dann ein Protokoll zur Überführung des Verlags in Volkseigentum unterzeichnet. Dieser Eigentumsanspruch konnte jedoch in den zuständigen Behörden nicht nachvollzogen werden. Die Unabhängige Kommission veranlasste deswegen am 25.07.1991 Nachforschungen unter anderem zu der entscheidenden Frage, wann der Aufbau-Verlag aus dem Eigentum des Kulturbunds in das Eigentum der SED übergegangen sein sollte.

Der Nachforschungsauftrag richtete sich – auch – an die Treuhandanstalt / BVS Direktorat Privatisierung sowie an ihre für den Aufbau-Verlag zuständigen Wirtschaftsprüfer. Dort heißt es:

„Im Hinblick auf den Kulturbund der DDR ergeben sich aus den dargestellten Fakten folgende Fragen:

1.)   Wann ist der Verlag aus dem Volkseigentum in das Eigentum der SED übergegangen ?

2.)   Die Gewinne des Aufbau – Verlags flossen dem Kulturbund zu …

Wurden nach der Übernahme des Verlages durch die SED Verlagsgewinne an den Kulturbund gezahlt ? …

… die Fragestellung mit den Wirtschaftsprüfern erörtern …“

Nachforschungsauftrag Sekretariat UK PV 1 vom 25.07.1991

Die Nachforschungen ergaben am 14.08. / 29.08.1991, dass ein Eigentums­übergang vom Kulturbund auf die Partei nicht festgestellt werden konnte. Die Unabhängige Kommission beantwortete alle gestellten Fragen, insbesondere die Frage, wann der Aufbau-Verlag in das Eigentum der SED übergegangen sein sollte, mit

“…n.b. …“

= nicht bekannt

 Handschriftlicher Vermerk der Unabhängigen Kommission vom 29.08.1991

 Mit diesem Prüfungsergebnis konnte von der Entstehung eines Unternehmens nach dem Treuhandgesetz nicht mehr ausgegangen werden, da die Partei, was ihr nicht gehörte, auch nicht in Volkseigentum hatte übertragen können. Daraus folgte, dass die Treuhandanstalt / BVS, da sie ihrerseits nicht Eigentümerin geworden war, den Aufbau-Verlag nicht übertragen konnte.

Die Problematik der Plusauflagen

Zeitgleich ereignete sich folgendes:

Herr Lunkewitz hatte im Frühjahr 1991 sein Interesse am Erwerb des Aufbau­Verlags und des Verlags Rütten & Loening bekundet und trat mit der Treuhandanstalt / BVS in Verhandlungen ein, die sich im August / September 1991 erfolgreich entwickelten. Die Treuhandanstalt / BVS formulierte den zum Abschluss vorgesehenen Vertrag.

Dann verweigerte sie jedoch unmittelbar nach Vertragsschluss am 18.09.1991 die nach dem Vertrag vorgesehene, nachträgliche Zustimmung durch den Vorstand der Treuhandanstalt / BVS. Zur Begründung erklärte sie – jetzt erstmals -, Herr Lunkewitz müsse mangels Erfahrungen im Verlagswesen für die Führung eines solch renommierten Unternehmens weitere Gesellschafter aus der Verlagsbranche beteiligen. Herr Lunkewitz glaubte dieser Erklärung und bemühte sich um eine Lösung. Alsbald gründete sich unter Führung der durch Herrn Lunkewitz gegründeten BFL Beteiligungsgesellschaft mbH die Investorengruppe, mit der der Ergänzungskaufvertrag vom 27.09.1991 zustande kam. Die Treuhandanstalt / BVS kündigte am 01.10.1991 die erforderliche nachträgliche Zustimmung durch ihren Vorstand an, und die Übergabe des Aufbau-Verlags wurde für Montag, den 07.10.1991 vereinbart. Als Herr Lunkewitz am 07.10.1991, einen Tag vor Beginn der Frankfurter Buchmesse in Berlin eintraf, fand er zu seiner Überraschung das Verlagsgebäude von Polizeieinheiten umstellt, die Räume selbst von Staatsanwälten und Polizisten besetzt, die kompletten Lizenzakten, Herzstück jeder Verlagsarbeit, sowie weitere Unterlagen beschlagnahmt, ferner die versammelten Medien vor und hatte Mühe, sich überhaupt Zugang zu verschaffen. Die Ermittler präsentierten einen gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss vom 07.10.1991 und machten die Leiter und Mitarbeiter des Aufbau-Verlags damit bekannt, dass gegen Angehörige des Aufbau-Verlags und andere wegen des Verdachts des langjährigen fortgesetzten Betrugs in Tateinheit mit Vergehen nach dem Urheberrechtsgesetz ermittelt werde. Ermittlungsführerin war die Zentrale Ermittlungsstelle für die Bekämpfung der Regierungs – und Vereinigungskriminalität (ZERV), die im Haus der Treuhandanstalt / BVS saß und mit dieser eng kooperierte und vernetzt war. Die ZERV informierte umgehend die Öffentlichkeit darüber, dass gegen den Aufbau-Verlag und andere wegen des Verdachts des Verstoßes gegen die vorgenannten Strafnormen ermittelt werde.

Plusauflagen seit den 1960 er Jahren

Einige DDR-Verlage, die vom Ministerium für Kultur verwaltet wurden, hatten seit den 1960 er Jahren auf ministerielle bzw. Parteiweisung Auflagenbeschränkungen, die sich aus den mit West-Verlagen geschlossenen Lizenzverträgen ergaben, gezielt missachtet und als Plusauflagen bezeichnete illegale Auflagen gedruckt und vertrieben. Die an die Vertragspartner nicht abgeführten Erlöse daraus flossen in den Parteihaushalt der SED. Diese Praxis wurde der bereits erwähnten ZERV für den Aufbau-Verlag anlässlich einer Durchsuchung der Räume der SED / PDS in Berlin durch die ZERV im Rahmen der Beschlagnahme von Dokumenten am 20.08. / 21.08.1991 bekannt. Als Beweismittel wurde u. a. ein Vermerk eines Mitarbeiters an den stellvertretenden Kulturminister der DDR Klaus Höpcke vom 28.11.1989 gefunden. Darin heißt es u. a.:

„Information für Genossen Klaus Höpcke

Zwischen der Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe des ZK, der Kulturabteilung des ZK und der Leitung der HV Verlage wurde Mitte der sechziger Jahre vereinbart, daß die Verlage Volk und Welt und der Aufbau-Verlag – beide Verlage sind Eigentum der SED – über die staatliche Vorgabe “Valutaausgaben für Lizenzen“ hinaus Auflagenerhöhungen vornehmen dürfen, die nicht Gegenstand der Lizenzverträge mit den Partnern im NSW waren.

Das wurde getan, um bei den begrenzten Valutamitteln ein für die Bevölkerung höheres Literaturangebot bereitstellen zu können.

Im internationalen Sprachgebrauch: Raubdrucke!“

(NSW: Nichtsozialistisches Währungsgebiet)

Vermerk des Herrn Dieter Lange vom 28.11.1989

Kenntnisse über die Eigentumslage am Aufbau-Verlag standen diesem allerdings mangels Einbindung in die maßgebliche Stufe der Parteihierarchie nicht zur Verfügung. Die ZERV unterrichtete das Direktorat Recht der Treuhandanstalt / BVS zu Händen seines damaligen Leiters, Herr Dr. Hans Richter. Die ersten behördeninternen Schadensberechnungen für den Aufbau­Verlag lagen bei DM 500.000,00 pro Jahr an nicht verjährten, entzogenen Lizenzgebühren. Daraus ergaben sich potentiell Forderungen in der Höhe von bis zu DM 30 Mio. Unter Berücksichtigung des unvermeidlich zu erwartenden Ruf – und Imageschadens, des Schadens aus dem zu erwartenden Rückruf von Autorenrechten und des unvermeidlichen Umsatzeinbruchs musste die Treuhandanstalt / BVS angesichts der Höhe der Forderungen mit dem Zusammenbruch des Unternehmens rechnen.

Die Treuhandanstalt / BVS gab die ihr unmittelbar nach dem 20.08. / 21.08.1991 von der ZERV vorgelegten Informationen über die Plusauflagen und die zu erwartenden Schäden, die für die Beurteilung des zu verkaufenden Verlages von zweifellos zentraler Bedeutung waren, nicht etwa an die Erwerbsinteressenten weiter, sondern hielt sie im Gegenteil strikt geheim. Sie informierte lediglich im Innenverhältnis die Ermittler darüber, dass der Aufbau­Verlag vor dem Verkauf stünde und der Verlust von Beweismitteln drohe, da der Verlag in der am (Sonntag, dem) 06.10.1991 beginnenden Woche von den Erwerbern übernommen werden solle.

Die Erwerber Lunkewitz und Dr. Wechsler seien möglicherweise Strohmänner.

„. ein Immobilienmakler aus dem Raum Frankfurt / M. und ein ehemaliger Mitarbeiter aus dem Bertelsmann – Konzern auf, es gibt aber vage Anhaltspunkte dafür, daß diese Personen nur für Dr. Elmar Faber stehen.

U. Schmidt, KOR“

Vermerk des Herrn KOR U. Schmidt von der Direktion VB B I vom 02.10.1991

Die Ermittler beantragten am Freitag, dem 04.10.1991, mit Eilvermerk Durchsuchungsbeschluss, der am frühen Morgen des 07.10.1991 erging. Die Ermittler besetzten sofort das Verlagsgebäude.

Vermerk der Direktion VB B I an die StA beim LG Berlin vom 04.10.1991

Eilvermerk der StA beim LG Berlin an den Haftrichter Amtsgericht Tiergarten vom 04.10.1991

Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichtes Tiergarten vom 07.10.1991

Auch nach dieser Beschlagnahmeaktion verschwiegen die Treuhandanstalt / BVS und die Unabhängige Kommission den Käufern ihre Erkenntnisse. Die Treuhandanstalt / BVS hatte unter bewusster Übergehung sämtlicher Tatsachen sowohl am 18.09.1991 Herrn Lunkewitz als auch am 27.09.1991 die hinzutretenden Investoren zur Vertragsunterzeichnung veranlasst.

Nach dem 07.10.1991 gingen die Käufer einerseits von einer weit geringeren Schadenshöhe aus und sahen sich andererseits, mangels Kenntnis der Tatsachen und des vorsätzlichen Verhaltens der Treuhandanstalt / BVS, durch den Kaufvertrag gebunden, der keinerlei Aussicht auf Gewährleistung oder Schadensersatz bot. Die Treuhandanstalt / BVS beschränkte sich ihrerseits – in Kenntnis aller Umstände – darauf, durch Schreiben vom 11.10.1991 die noch ausstehende schriftliche Zustimmung des Vorstands zum Kaufvertrag vom 18.09. / 27.09.1991 an den beurkundenden Notar mit dem Bemerken zu überreichen:

„Sehr geehrter Herr Dr. .,

wir übersenden Ihnen hiermit unsere Zustimmungs­erklärungen … zu den im Betreff genannten notariellen Verträgen mit der Maßgabe, daß auch alle zwischenzeitlich den Käufern des Aufbau­Verlages bis heute bekannt gewordenen bzw. bekannt gegebenen weiteren Entwicklungen bei den zu übernehmenden Verlagen als zum Zeit­punkt des Vertragsabschlusses offenbart zu betrachten sind.“

Schreiben der Treuhandanstalt / BVS an den Notar vom 11.10.1991

Hätte die Treuhandanstalt / BVS die Käufer in den laufenden Vertrags­verhandlungen über die Problematik der Plusauflagen informiert, wie es ihre Pflicht gewesen wäre, wäre allerdings ein Verkauf des Aufbau-Verlags unmöglich geworden. Nach Lage der Dinge, in Berücksichtigung der drohenden Ansprüche der Geschädigten und des zu erwartenden katastrophalen Imageschadens musste davon ausgegangen werden, dass der Aufbau-Verlag im Zuge der Aufdeckung der Plusauflagen zusammenbrechen würde. Die Treuhandanstalt / BVS hat diese ihr obliegende Verantwortung nicht wahrnehmen wollen und sie durch arglistiges Verschweigen auf die Käufer abgewälzt. Auf dem Einstieg dreier weiterer Käufer aus der Verlagsbranche nach dem 18.09.1991 hat die Behörde deswegen bestanden, weil sie die Hoffnung hatte, mit deren Einsatz könnte der Aufbau-Verlag den aus den Plusauflagen zu erwartenden Sturm vielleicht auffangen.

Den Investoren sind diese Umstände erst viel später, nämlich Mitte Juli 2006, bekannt geworden, und sie haben darauf hin die mit der Treuhandanstalt / BVS geschlossenen Verträge angefochten, um sodann den Ausgang des nunmehr vom BGH am 03.03.2008 entschiedenen Verfahrens abzuwarten.

Nachfolgende ergänzende Untersuchungen der Behörden haben das fehlende Eigentum der Treuhandanstalt / BVS am Aufbau-Verlag vielfach bestätigt. Jedoch verschwiegen sowohl die Treuhandanstalt / BVS als auch die Unabhängige Kommission den Investoren weiterhin beharrlich ihr Wissen und versuchten auch, die mit den Prozessen um den Aufbau-Verlag befassten Gerichte über die Umstände zu täuschen.

Die Zeit nach Unterzeichnung der Verträge vom 18.09. / 27.09.1991

Am 18.09. / 27.09.1991 verkaufte die Treuhandanstalt / BVS die Verlage an die Investoren. Am 05.03.1992 nahm der für den Verkauf der Verlage verantwortliche Abteilungsleiter der Treuhandanstalt / BVS – Direktorat Privatisierung -, Herr Clemens Molinari, an einer Sitzung der Liegenschaftsgesellschaft der Behörde, der TLG GmbH – Team Berlin II – teil, deren Gegenstand die Verwertung verschiedener Immobilien in Berlin Mitte war. Die Teilnehmer behandelten auch die Französische Straße 32 / 33, deren Eigentümer bis September 1991 der Aufbau-Verlag gewesen war. Herr Molinari erklärte für die Treuhandanstalt / BVS, dass es sich bei der Position

„2.10. Französische Str. 32 / 33, TLG – Nr. 27793 Aufbau – Verlag“

Protokoll der 6. Besprechung der TLG GmbH vom 05.03.1992 unter 2.10

nicht um Parteivermögen handele.

Herr Molinari informierte über eine Entscheidung der „Unabhängigen Kommission“, daß es sich nicht um Parteivermögen handelt.“

Festgestellt war damit auch, dass der Aufbau-Verlag, dem die Grundstücke ja gehörten, seinerseits nicht zum Parteivermögen gehörte.

Weitere Ermittlungen des Sekretariats der Unabhängigen Kommission zum Aufbau-Verlag im Wege der Einvernahme leitender Mitarbeiter der ehemaligen VOB Zentrag führten zu Ergebnissen, die am 29.12.1992 vom Sekretariat der Unabhängigen Kommission wie folgt in einem Vermerk zusammengefaßt wurden:

1.) „Frau Smalla … langjährige leitende Mitarbeiterin in der VOB Zentrag (zuletzt als Prokuristen), erklärt … Der Aufbau – Verlag sei kein Parteibetrieb gewesen, vor allen Dingen sei er nicht von der VEB Zentrag verwaltet oder sonst bei ihr geführt worden. Auch die typischerweise in Betracht kommenden Umstände für eine Parteizugehörigkeit

–  Bilanzierung bei der Zentrag,

–  Gewinnabführung über die Zentrag an die Partei,

–   Einbeziehung der Verlagsbeschäftigten in die „Freiwillige zusätzliche Altersversorgung der Partei“ für Mitglieder der SED, ihrer Einrichtung und Betriebe, hätten nicht vorgelegen,

2.) Im Ergebnis ebenso äußerte sich beiläufig am 14.12.2992 Arno Lange, der … den Eindruck hervorragender Kennerschaft zur Geschichte und Verknüpfung der Verlage vermittelt. Lange hat auch eine nachvollziehbare Erklärung dafür, daß sich die Partei gleichwohl mit dem Protokoll der Übergabe des Verlages in Volkseigentum als Eigentümerin geriert hat.“

Vermerk vom 29.12.1992

In diesem Vermerk befindet sich auf Blatt 2 die zusätzliche Aktennotiz:

„Herr Lange legte dar, daß es sich beim Aufbau Verlag um einen OEB des Kulturbundes gehandelt habe. Er nimmt dabei auf die anliegende Vereinbarung Bezug.

Hi 12 / 1“

Vermerk vom 29.12.1992 (2)

Diese Vereinbarung ist aus der Akte verschwunden.

Am 10.02.1993 kam das Sekretariat der Unabhängigen Kommission zu folgenden Feststellungen:

„Aufgrund weiterer Ermittlungen läßt sich nunmehr Feststellung anschließen, daß der Verlag auch zum 07. Oktober 1989 kein Parteivermögen war …

Es ist somit … davon auszugehen, daß der Aufbau – Verlag am 07. Oktober 1989 nicht zum Partei­vermögen, sondern zum Vermögen des Kulturbundes gehört hat … Gehörte der Aufbau – Verlag zum 07. Oktober 1989 dem Kulturbund, so war seine Überführung durch die SED / PDS in Volkseigentum zum 01. Januar 1990 – unabhängig von den in meinem Schreiben vom 06. September 1991 bereits geäußerten Bedenken – materiell unwirksam, da die SED / PDS als Nichtberechtigte gehandelt hätte …

Gegebenenfalls wären auch die Nachfolgeakte materiell angreifbar; die Umwandlung in eine GmbH i. G. wegen fehlenden Volkseigentums, die Veräußerung der GmbH durch die (allgemeine) THA an Lunkewitz …

Gesprächsvermerk vom 10.02.1993

Die Treuhandanstalt / BVS, und zwar sowohl ihr Direktorat Sondervermögen als auch ihr Direktorat Privatisierung, wurden über die Erkenntnisse informiert.

Am 08.03.1993 telefonierte die Unabhängige Kommission durch ihren Regierungsrat Berger mit der Treuhandanstalt / BVS Privatisierung – zuständiger Sachbearbeiter: Herr Holle – und erörterte die Sach – und Rechtslage im Ergebnis des Vermerks vom 10.02.1993. Die Gesprächspartner verabredeten, dass der Treuhandanstalt / BVS die Erkenntnisse samt Unterlagen nochmals zusammenfassend vorgelegt werden sollten. Das Sekretariat der Unabhängigen Kommission kam dem durch Korrespondenz vom 10.03.1993 nach und erklärte u. a.:

„Aus dem in der Akte befindlichen Vermerk vom 10.02.1993 geht jedenfalls schlüssig hervor, daß es sich bei dem Aufbauverlag Berlin und Weimar um einen organisationseigenen Verlag im Eigentum des Kulturbundes gehalten hat.

Schreiben des Sekretariats der UK PV vom 10.03.1993

Die Treuhandanstalt / BVS und die Unabhängige Kommission dachten also weiterhin nicht daran, die Investoren zu informieren. Es entstand lediglich interner Streit darüber, welche der Behörden den Kaufpreis, den die Investoren im September 1991 gezahlt hatten, für sich behalten durfte. Die Unabhängige Kommission reklamierte den Kaufpreis bereits für ihren Zuständigkeitsbereich.

„…müßte ein positiver Kaufpreis aus der Veräußerung des Verlages … zu gemeinnützigen Zwecken im Beitrittsgebiet … verwendet werden.“

Demgegenüber beanspruchte die Treuhandanstalt / BVS den Kaufpreis für den Bundeshaushalt.

Gegenüber der Treuhandanstalt / BVS Direktorat Sondervermögen wurde das Sekretariat der Unabhängigen Kommission nochmals am 21.06.1993 tätig und stellte auch im dortigen Verhältnis die Unterlagen zur Verfügung mit dem Anschreiben:

„Wie Sie aus dem Aktenvermerk vom 10. Febr. 1993 … ersehen werden, handelt es sich bei dem Aufbau-Verlag Berlin und Weimar um einen Vermögensgegenstand des Kulturbundes der DDR…“

Schreiben vom 21.06.1993

Die Unabhängige Kommission bestand wiederum darauf, dass der Kaufpreis nicht über die Treuhandanstalt / BVS in das Bundesvermögen, sondern über die Unabhängige Kommission in den neuen Bundesländern zu verwenden sei.

„Ich habe in diesem Schreiben darauf hingewiesen, daß der Ertrag aus dem Verkauf des Verlages zu gemeinnützigen Zwecken zu verwenden ist …“

 Schreiben vom 21.06.1993 (2)

 Zur Jahreswende 1993 / 1994 ergab sich bei den Investoren eine erste Unsicherheit darüber, ob die Privatisierung der Verlage überhaupt zustande gekommen war. Die seinerzeitigen Geschäftsführer der Aufbau-Verlag GmbH wandten sich am 29.12.1993 auf Grund folgender Umstände an die Treuhandanstalt:

Die vermeintlich umgewandelte Gesellschaft befand sich seit 1993 vor dem Landgericht Hamburg in einer Auseinandersetzung mit dem Rowohlt Verlag um die Rechte am Werk Carl von Ossietzkys. Rowohlt hatte dort seinerseits die Parteifähigkeit des Aufbau-Verlags wegen mangelnder Umwandlung nach dem Treuhandgesetz in Zweifel gezogen. Die Geschäftsführer der Gesellschaft stellten der Treuhandanstalt / BVS die Problematik dar und erbaten – nach ihrem damaligen Kenntnisstand – vorsorglich die Abtretung etwa von dieser verwalteter Rechte.

Schreiben der Aufbau-Verlag GmbH vom 29.12.1993

Bei der Treuhandanstalt / BVS kam es allein wegen dieser Problematik am

09.02.1994 zu einer Besprechung zwischen den leitenden Mitarbeitern.

der THA Direktorat Privatisierung

der THA Direktorat Sondervermögen

des Sekretariats der Unabhängigen Kommission,

deren einziges Thema die in der Korrespondenz der Geschäftsführer vom 29.12.1993 dargelegte Problematik war. Als Ergebnis der Erörterungen wurde zwischen den beteiligten Behörden einvernehmlich folgendes festgestellt:

„Es wurde dargelegt, daß der Aufbau-Verlag ein organisationseigener Betrieb im Eigentum des Kulturbundes gewesen sei und nicht im Eigentum der SED.

Es bestand Einigkeit darüber, daß dies zur Folge hat, daß die Aufbau-Verlag GmbH, deren Gesellschaftsanteile veräußert wurden, eine vermögenslose Hülle darstellt, da sie nicht gem. § 11 Abs. 2 TreuhG … Rechtsnachfolgerin in das Vermögen des OEB Aufbau – Verlag werden konnte …“

Vermerk vom 11.02.1994

In der Besprechung vom 09.02.1994 stellte die Unabhängige Kommission durch Herrn Regierungsrat Berger klar:

„Ich habe klargestellt, daß die Wirksamkeit der Veräußerung des Aufbau – Verlages (im Außen­verhältnis) nicht in Frage gestellt werden solle, sondern nur intern zwischen der Unabhängigen Kommission und der Treuhandanstalt entschieden werden müsse, ob aus der Veräußerung des Aufbau-Verlages ein positiver Kaufpreis erzielt werden konnte …“

Tatsächlich verschwiegen Treuhandanstalt / BVS und Unabhängige Kommission weiterhin ihren gesamten, wahren Kenntnisstand. Statt dessen erklärte die Treuhandanstalt / BVS im Einvernehmen mit der Unabhängigen Kommission der Aufbau-Verlag GmbH am 11.02.1994 das völlige Gegenteil der Beratungsergebnisse vom 09.02.1994.

„Im übrigen ist die Treuhandanstalt nach dem derzeitigen Kenntnisstand ihren Verpflichtungen aus den Verträgen vom 18. September und 27. September 1991 nachgekommen und hält daher eine Abgabe weiterer Abtretungserklärungen nicht für erforderlich.

 Mit freundlichen Grüßen Dr. Dierdorf.“

 

Schreiben der Treuhandanstalt vom 11.02.1994

Aufgrund dieser Erklärung der Treuhandanstalt / BVS hielten die Aufbau-Verlag GmbH und deren Geschäftsführer wie auch die Investoren guten Glaubens die entstandenen Unsicherheiten für ausgeräumt.

Im Innenverhältnis zwischen den beteiligten Behörden fasste die Unabhängige Kommission deren gemeinsamen Erkenntnisse später nochmals durch Vermerk vom 17.03.1994 zusammen.

 „Als Ergebnis ist festzuhalten, daß der Aufbau – Verlag nach seiner Löschung im Handelsregister B und Eintragung im Register C als Verlag des Kulturbundes behandelt wurde. Dementsprechend erhielt der Kulturbund bis 1989 einschließlich pauschalierte Gewinnabführungen von Ministerium für Kultur.

 Es gibt keine Hinweise auf eine Übertragung des Aufbau-Verlages in Volkseigentum.

Vermerk vom 17.03.1994, vgl aaO Blatt 3

Einige Monate später, am 28.09.1994, eröffnete die Unabhängige Kommission durch Herrn Regierungsrat Berger Herrn Lunkewitz in einem Telefonat, die Unabhängige Kommission und die Treuhandanstalt / BVS hätten schon seit längerem positiv Kenntnis davon, dass die Aufbau-Verlag GmbH nie im Eigentum der SED gestanden, sondern stets dem Kulturbund e. V. gehört habe. Die Aufbau-Verlag GmbH sei nicht Rechtsnachfolgerin des Aufbau­Verlags wie er in der DDR dem Kulturbund gehört habe und noch gehöre.

„Gesprächs-Notiz mit Hr. Lunkewitz in FfM

Ich erkläre, daß spez. im Fall Aufbau Anhaltspunkte dafür bestehen, daß Aufbau nicht OEB SED, sondern OEB Kulturbund … war und er daher eine vermögenslose Hülle erworben habe. Hr. Lunkewitz erklärt (äußerst erregt) die Frage und die rechtl. Konsequenzen prüfen zu lassen.“

 

Aktenvermerk der Unabhängigen Kommission durch Herrn Regierungsrat Berger vom 28.09.1994

 

Das Gutachten Prof. Dr. Schlink

Darauf veranlassten die Investoren eine eigene Überprüfung der Feststellungen der Unabhängigen Kommission, die sie der Treuhandanstalt am 24.10.1994  vorlegten. Daraus bestätigte sich die Richtigkeit der ihnen mitgeteilten Feststellungen. Es kam zu mehreren Verhandlungsrunden zwischen den Parteien, in deren Verlauf die Treuhandanstalt / BVS am 08.12.1994 die Einholung eines Rechtsgutachtens über die Problematik als Grundlage für weitere Gespräche vorschlug, wobei sie den Investoren allerdings ihr gesamtes bereits vorhandenes Wissen verschwieg. Die Behördenvertreter führten aus, sie wollten einen sehr renommierten Gutachter aussuchen. Für dessen uneingeschränkte Integrität und Unabhängigkeit stehe die Treuhandanstalt / BVS besonders ein, da sie eine Gesetz und Recht besonders verpflichtete Körperschaft des öffentlichen Rechts sei. Damit waren die Investoren einverstanden. In Berücksichtigung des großen Eilbedürfnisses der Sache versprach die Treuhandanstalt die Vorlage des Gutachtens ursprünglich zum 18.12.1994, dann spätestens zum 04.01.1995.

Auch am 04.01.1995 legte sie jedoch das Gutachten nicht vor, sondern kündigte eine erneute Verzögerung von drei Wochen an. Herr Lunkewitz wies das zurück und äußerte die Vermutung, es liege durchaus bereits ein Gutachten vor, das jedoch der Treuhandanstalt / BVS nicht genehm sei.

 „. da ich davon ausgehe, daß Ihnen längst ein – allerdings nicht genehmes – Gutachten vorliegt. Die jetzt von Ihnen verlangte weitere Frist von drei Wochen ist offensichtlich für die An­fertigung eines neues, Ihre Rechtsauffassung verteidigenden Gutachtens bestimmt.“

 Schreiben Herrn Lunkewitz an die Treuhandanstalt / BVS vom 04.01.1995

Diese wies das durch ihren Direktor Dreher “. mit Nachdruck .“ zurück.

 “Ihre Behauptung, daß uns ein nicht genehmes Gutachten bereits vorläge, müssen wir allerdings mit Nachdruck zurückweisen. Wir sind an einer sorgfältigen und umfassenden Begutachtung der Angelegenheit ebenso nachhaltig interessiert, wie wir es bisher von Ihnen angenommen haben. Wir dürfen Sie daher bitten, bei der bisherigen fairen Verfahrensführung zu bleiben und uns keine unlauteren Motive zu unterstellen.“

 Schreiben der Treuhandanstalt / BVS vom 04.01.1995

Tatsächlich war der Treuhandanstalt / BVS das Gutachten bereits am 13.12.1994 übergeben worden. Nur waren die Gutachter nicht zu dem von der Treuhandanstalt / BVS gewünschten Ergebnis gekommen. Sie bestätigten im Gegenteil die eigenen Erkenntnisse der Behörde und der Unabhängigen Kommission und die eigenen Überprüfungen der Investoren nach dem 28.09.1994, dass der Aufbau-Verlag nie in das Eigentum, damit: in die Verfügungsmacht der Treuhandanstalt nach THG, gelangt war, sondern weiterhin dem Kulturbund gehörte. Darin lag zugleich die Feststellung, dass die Treuhandanstalt die geschlossenen Verträge gegenüber den Käufern nicht erfüllt hatte.

Der Korreferent der Gutachter, Herr Dr. Hohmann aus Berlin, hatte seinen gutachterlichen Vermerk vom 13.12.1994 am selben Tage mit einem Anschreiben dazu überreicht. Darin heißt es:

 „… hiermit übersende ich Ihnen den angekündigten Vermerk. Leider kann ich Ihnen nichts Positiveres mitteilen … Das DDR-Recht hilft jedoch nicht weiter. Ich denke, daß die THA, wenn sie weiterhin darauf beharren sollte, auf verlorenem Posten steht. Deshalb habe ich auch Abstand davon genommen, Herrn Prof. Schlink von mir aus einzuschalten … „

 Schreiben Herr Dr. Hohmann vom 13.12.1994

Im gutachtlichen Vermerk selbst heißt es im einzelnen wie folgt:

 „Eine Enteignung des Kulturbundes hinsichtlich seines Eigentums am Aufbau-Verlag hat nicht stattgefunden. Der Aufbau-Verlag ist auch nicht aus volkseigenen Mitteln neu- oder ausgegründet worden. Ebensowenig hat ein Verkauf oder eine Schenkung des Kulturbundes an den Staat DDR hinsichtlich des Aufbau – Verlages stattgefunden.

Im Gegenteil, der Kulturbund gehörte nach 1949 zu den … Massenorganisationen, deren Eigentum verfassungsrechtlich besonders anerkannt und geschützt war … „

 Gutachterlicher Vermerk Dr. Hohmann o. D., bei der Treuhandanstalt eingegangen am 13.12.1994,

 

Zwischenergebnis:

Da der Kulturbund das Eigentum am Aufbau-Verlag seit 1946 weder durch Enteignung noch durch Verkauf oder Schenkung an den Staat DDR verloren hat, ist daran jedenfalls kein Volkseigentum entstanden … „

 „Zwischenergebnis:

Auch die Eintragung des Aufbau-Verlages im Register der volkseigenen Wirtschaft führte nicht dazu, daß der Verlag von diesem Zeitpunkt an im Volkseigentum stand …“

 „Gesamtergebnis:

 Der Aufbau-Verlag konnte nicht nach dem TreuhG umgewandelt und privatisiert werden, da er sich nicht im Volkseigentum befand …“

 Herr Dr. Hohmann hatte der Treuhandanstalt / BVS also dargelegt, dass die Treuhandanstalt mit ihren Vorstellungen von der Sach- und Rechtslage „… auf verlorenem Posten …“ stand. Die Treuhandanstalt / BVS war gegen ihr eigenes besseres Wissen nicht bereit, dieses Ergebnis hinzunehmen, da es nicht ihrem Interesse entsprach, die Rechtsansicht der Investoren zu bestätigen. Deswegen beharrte sie auf der Anfertigung eines weiteren ‚Gutachtens‘ und konnte Herrn Prof. Dr. Schlink am 23.12.1994 schließlich zur Kooperation überreden. Diese sah so aus, dass sie die ‚Projektleitung‘ selbst übernahm. Das so entstandene ‚Gutachten‘ legte sie den Investoren Ende Januar 1995 vor. Diese hatten inzwischen, am 27.01.1995, Klage erhoben.

Herrn Prof. Dr. Schlink hatte sie für seine Bemühungen ein Honorar in Höhe von DM 30.000,00 netto zugesagt. Seine Kostennote vom 06.03.1995 glich sie aus.

Kostennote Herr Prof. Dr. Schlink vom 06.03.1995

Anlässlich des Fortgangs des Verfahrens der Investoren-LG Berlin (9 0 57 / 95) / KG (14 U 856 / 96) -, das die ‚Gutachter‘ für sie begleiteten, rief sie durch unhöfliches Benehmen ihres Gruppenleiters Herrn Lothert den Unmut der ‚Gutachter‘ hervor. Herr Lothert entschuldigte sich.

„…

Sehr geehrter Herr Dr. Hohmann,

 …

Sollte meine kurze Notiz vom 09.10.1995 bei Ihnen Unmut hervorgerufen haben, so möchte ich mich dafür entschuldigen. Diese Notiz wurde in aller Eile verfaßt und sollte nur kurz den zeitlichen Rahmen abstecken.

 Ich möchte nochmals betonen, daß ich keinerlei Kritik an dem Gutachten, das unter unserer Mitarbeit entstanden ist, zum Ausdruck bringen wollte: im Gegenteil, nach meiner Meinung war die bisherige Zusammenarbeit sehr konstruktiv und harmonisch.

 In der Hoffnung, daß dieses Mißverständnis nun aufgeklärt ist, bitte ich Sie, meine Entschuldigung auch Herrn Prof. Dr. Schlink zu übermitteln.

 Mit freundlichen Grüßen

 R. Lothert Gruppenleiter“

 Korrespondenz der BVS vom 12.10.1995

 

Die Zeit nach Klageerhebung am 27.01.1995

Am 27.01.1995 reichten die Investoren Klage beim Landgericht Berlin auf Erfüllung und Schadensersatz ein.

Am 28.02.1995 erwarb Herr Lunkewitz vorsorglich vom Kulturbund e. V. die Geschäftsanteile an der im August 1945 gegründeten Aufbau-Verlag GmbH, die im Jahre 1955 in Ost-Berlin aus dem Handelsregister B gelöscht worden war. Der Kulturbund e. V., der als ehemalige Massenorganisation der DDR unter der Zwangsverwaltung der Treuhandanstalt / BVS stand, beantragte bei der Behörde die für den Verkauf erforderliche Zustimmung. Die Behörde beabsichtigte, zumal im Blick auf die Klageerhebung durch die Investoren, diese zu verweigern, verfasste den Entwurf eines Ablehnungsbescheids und legte diesen am 06.03.1995 der Unabhängigen Kommission vor mit der Bitte, diese möge ihr gesetzlich erforderliches Einvernehmen erteilen.

Schreiben der Treuhandanstalt / BVS an die Unabhängige Kommission vom 06.03.1995

Entwurf eines Ablehnungsbescheids gegenüber dem Kulturbund e. V. als Dokument dazu

Im Entwurf heißt es:

 „Das ursprüngliche Eigentum des Kulturbundes an dem OEB Aufbau-Verlag ist, nachdem es zunächst auf die SED / PDS übergegangen war, in Volkseigentum überführt worden und unterfiel dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 4 TreuhG …“

 Dies widersprach völlig den Erkenntnissen bei den Behörden, wie sie sich aus allen anderen Urkunden ergeben.

Herr Regierungsrat Berger vom Sekretariat der Unabhängigen Kommission rief am 07.03.1995 beim Vorsitzenden der Kommission in München an. Dabei handelte es sich um Herrn Prof. Dr. Papier, den späteren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts. Herr Berger legte Herrn Papier den Hintergrund des Vorgangs dar – Schadensersatzansprüche der Investoren – und kündigte die Bitte um Einvernehmen durch Eilentscheidung an.

„Gesprächs – Notiz mit Prof. Papier in München

Betrifft: Aufbau – Verlag

Habe Prof. Papier über den Hintergrund Klage Lunkewitz / BVS wegen Aufbau unterrichtet und Übersendung der Bitte um Einvernehmen per Eilentscheidung angekündigt.“

 Gesprächs-Notiz Regierungsrat Berger

Herr Papier kündigte seine Zustimmung an. Herr Berger versandte am 08.03.1995 um 9.51 Uhr abredegemäß den Entwurf einer Eilentscheidung per Telefax nach München. Herr Papier teilte am 08.03.1995 um 12.00 Uhr seine Zustimmung telefonisch mit. Herr von Hammerstein, der Leiter des Sekretariats der Unabhängigen Kommission, vermerkte dies auf der Entwurfsfassung vom 07.03.1995 und gab die Zustimmung unverzüglich an die Treuhandanstalt / BVS weiter.

Telefax des Sekretariats der Unabhängigen Kommission an Herrn Papier vom 08.03.1995

Telefonvermerk des Herrn von Hammerstein über sein Gespräch mit Herrn Papier vom 08.03.1995

Bestätigungsvermerk des Herrn von Hammerstein über das telefonisch erteilte Einverständnis vom 08.03.1995

Weitergabe des Vorgangs per Telefax durch die Unabhängige Kommission an die Treuhandanstalt / BVS vom 08.03.1995

Am 09.03.1995 erließ die Treuhandanstalt / BVS den Ablehnungsbescheid in der unveränderten Entwurfsfassung und teilte dies der Unabhängigen Kommission am 10.03.1995 mit.

Bescheid der Treuhandanstalt / BVS vom 09.03.1995

Schreiben der Treuhandanstalt / BVS an die Unabhängige Kommission vom 10.03.1995

Am 18.09.1995 wandte sich die Treuhandanstalt durch ihr Direktorat Sondervermögen – Vermögenszuordnung – an die Unabhängige Kommission wegen des Grundstücks Französische Straße 33 und bat um die Beantwortung folgender Fragen:

1.)   Ist das Grundstück 1966 wirksam in das Eigentum des Aufbau-Verlages übergegangen ?

2.)   Hat die PDS das Grundstück Französische Straße 33 im Jahre 1990 wirksam in Volkseigentum überführt ?

 Schreiben der Treuhandanstalt – Direktorat Sondervermögen – Vermögenszuordnung – vom 18.09.1995

Die Unabhängige Kommission besprach die Sache durch Herrn Regierungsrat Berger mit der Treuhandanstalt am 04.10.1995 mit folgendem Ergebnis:

 „Habe Herrn Heimburger auf Prozeßrisisko Lunkewitz ./. BVS hingewiesen. Habe mit ihm vereinbart, daß ich nur zur Frage 1.) Stellung nehme (Eigentumserwerb 66) und die weiteren Fragen reine Rechtsfragen außerhalb der Zuständigkeit der UK sind …“

 Gesprächsnotiz Herr Berger vom 04.10.1995

Am 04.10.1995 verfuhr die Unabhängige Kommission absprachegemäß und nahm im vorbesprochenen Sinne Stellung.

Schreiben der Unabhängigen Kommission an die Treuhandanstalt vom 04.10.1995

Seit dem Frühjahr 1995 befaßte sich das Amtsgericht Charlottenburg als Handelsregistergericht mit der Problematik und kam seinerseits in einer Zwischenverfügung vom 21.06.1995 zu dem Ergebnis, dass der Kulturbund e. V. weiterhin Eigentümer des Aufbau-Verlags war und deswegen eine Aufbau­Verlag GmbH nach dem Treuhandgesetz nicht entstanden war. Am 27.09.1995 legte der dortige Bevollmächtigte einen Schriftsatz bei dem Amtsgericht Charlottenburg vor, der die aus den verwaltungsgerichtlichen Akten neu gewonnenen Erkenntnisse über den Kenntnisstand und das Verwaltungshandeln der Treuhandanstalt und der Unabhängigen Kommission darstellte. Die Bevollmächtigten der Treuhandanstalt, die sich am 27.09.1995 in einem Telefonat mit dem Gericht über diese Umstände in Kenntnis setzen ließen, informierten unverzüglich die Treuhandanstalt.

„Sehr geehrte Herren,

 soeben erfahre ich in einem sehr ausführlichen Telefonat mit der Registerrichterin, daß Herr RA Schrader heute morgen Unterlagen vorbei­gebracht hat .

 Diese Unterlagen belegen angeblich, daß bereits seit langer Zeit THA und UK davon ausgehen, daß der Aufbau – Verlag niemals in Volkseigentum überführt worden sei .

 …

Die derzeitige Einstellung der Registerrichterin mit verärgert zu charakterisieren, wäre eine die Situation nicht treffende grobe Untertreibung.

 …

Das Auftauchen der “neuen Unterlagen“ die jedenfalls hier bislang nicht bekannt waren, könnte die bisherige Position nicht unerheblich erschweren.

 …

Außerdem müssen m. E. auch die gegen die von uns vertretene Rechtsauffassung sprechenden Dokumente –  jedenfalls intern – “auf den Tisch“, denn nur dann ist es möglich, eine Rechtsansicht aufzubauen und zu vertreten, die zumindest in sich schlüssig ist.“

 Schreiben RAe Heuking & Partner vom 27.09.1995

Am 06.10.1995 schrieben die Bevollmächtigten an die Treuhandanstalt:

„Sehr geehrte Herren,

 nunmehr liegt mir die Stellungnahme von Herrn Rechtsanwalt Schrader vor, mit der dieser Aktenauszüge dem Registergericht vorgelegt hat … Angesichts dessen erlaube ich mir – wie bereits mit Herrn Beimesche in Bezug auf das landgerichtliche Verfahren erörtert – die Nachfrage, ob nicht die Möglichkeit besteht, eine Stellungnahme der Unabhängigen Kommission zu erhalten, aus der sich ergibt, daß die damaligen Erkenntnisse nur vorläufige waren, oder die die nun vorgelegten Aktenauszüge in sonstiger Weise relativieren.“

Korrespondenz Rechtsanwälte Heuking vom 06.10.1995

Mit der Formulierung

„Angesichts dessen erlaube ich mir – wie bereits mit Herrn Beimesche in Bezug auf das landgerichtliche Verfahren erörtert – die Nachfrage … „

 war der von den Investoren zwischenzeitlich auf den Weg gebrachte Zivilprozeß auf Vertragserfüllung und Schadensersatz (Landgericht Berlin 9 O 57 / 95) gemeint. Die Bevollmächtigten schlugen also vor, das zuständige Gericht durch die Vorlage einer manipulierten Stellungnahme der zuständigen Behörde – Unabhängige Kommission – über die Sach – und Rechtslage zu täuschen.

Die Treuhandanstalt gab den Vorgang durch den dortigen Herrn Lothert unter Anbringung mehrerer Dringlichkeitszeichen weiter an die Unabhängige Kommission. Sie setzte sich unter dem 09.10.1995 mit ihren Bevollmächtigten ins Benehmen und forderte diese auf, zur Regelung der Angelegenheit direkt mit der Unabhängigen Kommission Kontakt aufzunehmen.

Dabei sah sie sich veranlasst, gegenüber ihren Bevollmächtigten nochmals ausdrücklich klarzustellen:

 „SgH RA Braun,

 … Ich möchte Sie bitten mit Herrn Schmidt Habersack bzgl. der Erklärungen der UK Verbindung aufzu­nehmen. Es ist vor allem darauf abzustellen, daß Herr Berger eine „Privatmeinung“ vertritt …“

 Telefax der Treuhandanstalt vom 09.10.1995 an Herrn RA Braun

Die Bevollmächtigten verfuhren auftragsgemäß und verabredeten mit der Unabhängigen Kommission den Inhalt eines Vermerks, den diese am selben 09.10.1995 zur Verfügung stellte.

Vermerk der Unabhängigen Kommission vom 09.10.1995

Die Bevollmächtigten legten unter Hinzufügung entsprechenden Vortrags den Vermerk vom 09.10.1995 im Erfüllungs- und Schadensersatzprozess der Investoren (Landgericht Berlin 9 0 57 / 95) durch Schriftsatz vom 06.11.1995, aaO Blatt 6, vor.

Schriftsatz der Treuhandanstalt vom 06.11.1995 im Auszug

Am 14.09.1996 wandte sich die Treuhandanstalt durch ihr Direktorat Sondervermögen an die Bonner Rechtsanwälte Türk & Partner, die den Kulturbund in dessen vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen mit der Treuhandanstalt im Rahmen der Zwangsverwaltung vertraten. In der Korrespondenz verlangte sie unter Inanspruchnahme von Befugnissen aus der Zwangsverwaltung die Vorlage einer der streitbefangenen Vereinbarungen des Kulturbunds. Zur Begründung erklärt sie darin:

 „…Nach § 20 Absatz 1 Parteiengesetz der DDR in Verbindung mit den Maßgaben des Einigungs­vertrages werden Vermögensveränderungen nur mit Zustimmung der Treuhandanstalt … wirksam. … Dies gilt insbesondere für das Alt­vermögen, zu dem der Aufbau-Verlag zweifellos gehört …

 Erklärung der Treuhandanstalt vom 14.09.1996

 Zusammenfassung

Die vorgelegten Dokumente beweisen, dass die Treuhandanstalt / BVS und die Unabhängige Kommission entgegen allen öffentlichen Behauptungen von Anfang an und noch vor dem beabsichtigten Abschluss der Verträge mit den Investoren am 18.09. / 27.01.1991 erhebliche Zweifel an der Eigentumslage beim Aufbau-Verlag hatten, die sich bis Vertragsschluss noch verfestigten. Gleichwohl hat die Treuhandanstalt / BVS die Verträge geschlossen, wobei sie den Investoren ihr Wissen, das dem Vertragsinhalt völlig widersprach verschwieg. Spätestens seit Anfang 1992 wussten die Behörden positiv, dass das Eigentum am Aufbau-Verlag zu keiner Zeit auf die Treuhandanstalt / BVS übergegangen war, sondern der Kulturbund weiterhin Eigentümer war. Sie verschwiegen ihr Wissen jedoch weiterhin und haben darüber hinaus gegenüber den Investoren, gegenüber der Öffentlichkeit und gegenüber den Gerichten nach Kräften zusammengewirkt, um alle Beteiligten zu täuschen und für den angerichteten Schaden keine Verantwortung übernehmen zu müssen.

Dem Kulturbund, dessen treuhänderische Verwalterin die Treuhandanstalt / BVS war, haben die Behörden durch ihr gemeinschaftliches Verhalten sein Eigentum am Aufbau-Verlag bewusst gesetzeswidrig für eigene Zwecke entzogen.

Darüber hinaus hat die Treuhandanstalt / BVS die Investoren auch über die Problematik der Plusauflagen getäuscht. Auch diese Umstände waren ihr längst vor Abschluss der Verträge im September 1991 bekannt. Sie hat den Investoren ihr Wissen gezielt verschwiegen, um auch die daraus zu erwartenden Schäden auf diese abzuwälzen.

 

Faber verloren im Paradies

Buchbesprechung:

VERLOREN IM PARADIES“, Ein Verlegerleben

Aufbau-Verlag 2014

Elmar Faber, von 1984 bis 1992 Verlagsleiter des Aufbau-Verlages, hat ein Buch geschrieben, in dem er die schönen Zeiten des Büchermachens in der DDR, als der Aufbau-Verlag noch ein berühmtes „Literaturinstitut“ war, ausführlich und larmoyant beschreibt. Es ist ein sehr nostalgisches Buch: wie schön war doch die Arbeit mit Autoren in der DDR, wie wunderbar die Qualität der Bücher. Es wimmelt vor Autorennamen, ja man hat den Eindruck, dass er fürchtet, vielleicht gewichtige Namen vergessen zu haben und nennt sie gleich mehrfach.

Es sei dem alten Mann gegönnt, den Gipfeln seiner Lebenstätigkeit nachzutrauern und zurückschauend die Vergangenheit und vor allem sich selbst zu loben. Aber mehr Genauigkeit und Ehrlichkeit hätte er doch aufbringen müssen oder sich eines anderen Lektors bedienen sollen als den inzwischen gefeuerten, sich gern „verlegerisch“ nennenden, Geschäftsführer des Verlages. Deshalb fügt sich dieses Buch wahrlich nicht, wie vom Verlag anmaßend behauptet, in die Reihe der Memoiren von Hans Mayer bis Marcel Reich-Ranicki. Damit meine ich nicht die verklärende Nostalgie, die bei vielen in der DDR erfolgreichen aber später abgewickelten Funktionären dieser Generation nur zu verständlich ist. Aber die Bitterkeit und Häme, die er über die endlich wieder vereinte Nation und unsere heutige Gesellschaft ausgießt, ist doch erschreckend.

Da tritt eine verlorene, eine enttäuschte und besiegte Generation ab, die aus der Diktatur des Dritten Reiches in die Unfreiheit der DDR gefallen war und dort ihr Leben gestaltete, vorübergehend Position und ein bisschen Bedeutung hatte und wieder verlor, und deshalb den Zusammenbruch dieses Systems nie verkraften konnte. Die verbitterten Mitglieder dieser Generation weisen jedem und allen die Schuld an ihrem Scheitern zu, nur nicht sich selber. Sie behaupten, das Geld zu verachten, zetern aber am lautesten, dass die Wende ihnen alles genommen habe und die „anderen“ reich oder jedenfalls reicher seien.

Der Neid und die Missgunst, von jeher ein allgemeiner deutscher Charakterzug, sind bei ihnen besonders ausgeprägt, ebenso die Überheblichkeit und der Dünkel, denn sie halten sich für besser als alle anderen und schauen aus imaginären Höhen auf sie herab. Die Diktatur der SED hat in der DDR vor allem die Lüge kultiviert und das Leugnen der tatsächlichen Verhältnisse überlebenswichtig gemacht, so dass sie für manchen, so auch für Elmar Faber, zur alltäglichen zweiten Natur wurde, die ihm den Aufstieg in diesem verlogenen System ermöglichte.

Wenn man den Wahrheitsgehalt des ganzen Buches an dem des Kapital 25 misst, ist es damit nicht weit her und noch weniger mit der bei Memoiren unvermeidlichen Dichtung, denn auch die beruht auf – innerer – Wahrheit.

Es geht dort um die „Plusauflagen“, also den Betrug gegenüber den eigenen Autoren durch nicht vereinbarte und erst recht nicht bezahlte Druckauflagen, ein Thema, das für die Verlagsbranche immer brisant ist, denn es soll ja selbst schon in besten Häusern vorgekommen sein, dass die Abrechnung gegenüber den Autoren nicht ganz korrekt war.

Aber was in der DDR passierte, ist eine Dimension an systematischem Betrug, die es bis dahin und seither im Verlagsgeschäft nicht gegeben hat. Die von Faber an den Haaren herbeigezogenen, offenen, gerade nicht durch Betrug gekennzeichneten Kämpfe, die der unbeugsame Walter Janka in den 50ger Jahren mit westdeutschen Verlegern über Lizenzvergaben auszufechten hatte, oder angebliche Lizenzverstöße westdeutscher Verlage, erst recht das Verhalten der russischen Verlage, die den Urheberrechtsabkommen gar nicht beigetreten waren, entschuldigen das alles nicht, sondern lassen es noch erbärmlicher erscheinen. Als ich 1992 mit Janka über dieses Thema sprach, schüttelte er sich vor Ekel.

Elmar Faber kostümiert sich in diesem Buch als tapferer Ritter von der traurigen Gestalt, der, als er sofort nach seinem Dienstantritt im Aufbau-Verlag im Jahre 1983 mit angeblichen Erstaunen hört, welche Niedertracht des Lizenzbetruges an fremden Verlagen und eigenen Autoren im Staate DDR möglich war, zwar den systematischen Lizenzbetrug jahrelang selbst weiterführte, aber angeblich doch den Kampf gegen diese bösen Machenschaften aufnahm, nur leider, leider in den sieben Jahren bis zur Wende nichts erreichen konnte, als die Ausarbeitung eines „Papiers“, das er Anfang 1988 zusammen mit seinem Knappen Jürgen Gruner von Volk & Welt vorgelegt haben will (S. 223). Wem hat er es vorgelegt? Das erfahren wir nicht. Das „Papier“ soll dann nach der Wende Auslöser einer Polizeiaktion gegen den Aufbau-Verlag und den Verlag Volk& Welt geworden sein, weil es „irgendwo in den Parteiarchiven gefunden worden war“. Damit sei das Papier zu einer „Selbstanklage“ geworden, seine mutige Tat hätte sich damit gegen ihn gewendet. Oh, welche Ungerechtigkeit!

Die Wirklichkeit ist viel banaler. Es gibt ein solches „Papier“ nicht. Kein Original. Keine Kopie. Keine Akte. Kein Ort. Nirgends. Dieses „Papier“ ist ein „Papiertiger“, eine Lüge, die zur Minderung der eigenen Schuld erfunden wurde. Aber es gibt ein anderes „Papier“. Es stammt vom ehemaligen Direktor für Ökonomie des Aufbau-Verlages Dieter Lange, der 1984 als Mitarbeiter in das Ministeriums für Kultur der DDR gewechselt war, und ist an den Stellvertretenden Minister Höpke gerichtet. Darin beschreibt er trocken die seit den 60ger Jahren fortgeführte kriminelle Praxis („Im internationalen Sprachgebrauch: Raubdrucke!“) und nennt den Schaden: allein „im Zeitraum 1986 bis 1989 waren das durchschnittlich rd. 1 Mio. DM jährlich“.

Dieses Schreiben war es, das am 20./21.08.1991 bei einer Hausdurchsuchung in den Räumen der PDS gefunden wurde und den Anfangsverdacht lieferte für das Ermittlungsverfahren gegen Elmar Faber u.a. wegen „Verdacht des Betruges in Tateinheit mit Vergehen nach dem Urheberrechtsgesetz (Paragraph 106, 106a, 109) im Fortsetzungszusammenhang.“

Der Vermerk der Polizei vom 2.10.1991 über die vorläufigen Ergebnisse der Ermittlungen ist auf der Website prozessbeobachter.net in dem Verfahren Aufbau vs. BVS als Anlage K 74 des Klägers einsehbar.

Aus dem Schluss dieses Vermerks geht aber auch hervor, dass der Vorstand der Treuhandanstalt über seine „Stabstelle für besondere Aufgaben“ und deren Leiter, Herr Dr. Hans Richter, von Anfang an in die Ermittlungen einbezogen war und von dem Umfang des Schadens – bis zu 30 Millionen DM – wusste, aber diese Kenntnis noch über den Abschluss der Kaufverträge hinaus gegenüber den Käufern verheimlichte, weil er die Käufer – groteskerweise – für Komplizen von Herrn Faber hielt.

Das vorsätzliche Verschweigen eines solch gravierenden Mangels der Kaufsache ist aber ebenfalls Betrug, oder zivilrechtlich eine „arglistige Täuschung“, die den Käufer zur Anfechtung des Vertrages berechtigt.

Gar nicht mehr zu bezweifeln ist nach den eigenen Erzählungen Elmar Fabers in diesem Buch, dass er die Praxis der Plusauflagen als Verlagsleiter selbst verantwortet und diesen systematischen Betrug und die daraus entstandenen Verbindlichkeiten nach der Wende verschwiegen hat. Selbst als die Existenz von Plusauflagen – allerdings ohne irgendwelche Zahlenangaben – nach der Durchsuchung des Verlages bekannt wurde, hatte er mir gegenüber, der ich die konkreten Abläufe nicht kennen konnte, die persönliche Beteiligung bestritten und den potentiellen Schaden mit nur wenigen zehntausend DM angegeben, weshalb ich in der Bilanz 1991 eine Rückstellung in Höhe von 100.000 DM vorsah. Erst nachdem ich eine genaue Untersuchung angeordnet hatte, stellte ich im Frühsommer 1992 fest, dass die Schadenssumme 8 Millionen DM überstieg.

Der Aufbau-Verlag hatte das „Glück“ gehabt, dass die zuständigen Betrüger in der Treuhandanstalt in den Kaufvertragsverhandlungen die Ermittlungen zu den Plusauflagen gegenüber mir und den anderen Käufern verheimlicht hatten. Diese Ermittlungen waren seit August 1991 von ihrer „Stabsstelle für besondere Aufgaben“ und der Staatsanwaltschaft Berlin in gegenseitiger Amtshilfe verdeckt durchgeführt wurden. Am Freitag, den 4.10.1991 war das Rücktrittsrecht der Käufer abgelaufen. Erst am Montag, den 7.10.1991 kamen die Durchsuchung des Verlages und wurde der Vorwurf der Plusauflagen bekannt, allerdings noch von Faber verharmlost.

Wären die Plusauflagen und ihre Dimension auch nur einige Tage früher bekannt geworden, hätten die Käufer ihr Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag nutzen können. Der Aufbau-Verlag wäre in diesem Fall wegen der zusätzlichen Belastung von mehr als 8 Millionen und wegen des katastrophalen Ansehensverlustes unverkäuflich gewesen, zumal er zu dieser Zeit monatliche Verluste von durchschnittlich 500.000 DM machte. Die Treuhandanstalt hätte dann zweifellos den Verlag, wie viele andere Unternehmen der DDR, plattmachen „müssen“. Die Treuhand stritt wahrheitswidrig mir gegenüber die vorvertragliche Kenntnis der Plusauflagen ab und berief sich auf den im Kaufvertrag vereinbarten Ausschluss jeglicher Gewährleistung für die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verlages. Entschieden lehnte sie die Übernahme der Verbindlichkeiten aus den Plusauflagen ab. Ich war erst mal im Netz des Betruges gefangen. Damit hatte der Aufbau-Verlag aber auch das Glück, dass ich mich nun als sein verantwortlicher Verleger mit aller Kraft für ihn einsetzte.

Dies bringt mich jetzt zum Kapitel 38, das sich ab S. 356 mit mir beschäftigt. Die hämischen Zeichnungen meines Charakters lasse ich unkommentiert, solche Dinge sagen selber mehr über den Erzähler als über den, der damit diffamiert werden soll. Nur eine Anmerkung: fast amüsant ist es, wenn er mir jegliches literarische Verständnis abspricht und mich als ferngesteuert von meiner „jungen schönen Frau“ hinstellt. Welche triebhaft untergründigen Ängste doch manche verklemmten Spießer vor „jungen schönen Frauen“ haben und wie sie überhaupt Frauen gleichzeitig begehren und verachten, ist hier gut zu sehen.

Noch eine Behauptung muss ich zurückweisen. In indirekter Lüge behauptet Faber über mich: „Nach eigenem Zeugnis hatte er seine erste Million an seinem Dienstherren vorbei erwirtschaftet“ (S. 357) und in direkter Lüge gleich danach: wohlhabend sei ich geworden „unter Beihilfe des SPD-Politfilzes in Frankfurt am Main“ der mir „lukrative Immobiliengeschäfte zuschanzte“.

Im Klartext sollen diese Lügen wohl heißen: Lunkewitz hat einen ehemaligen Arbeitgeber betrogen und ist korrupt. Nun, Herr Faber schließt hier von sich auf andere. Nach seinen eigenen Angaben hat er den weltberühmten Verlag Faber & Faber im Jahre 1990 gegründet. Damals war er doch angestellter Verlagsdirektor beim Aufbau-Verlag? Wusste sein damaliger Dienstherr davon und hat er das genehmigt? Wer verschaffte ihm die Verlagsrechte? Aus welchen Mitteln, etwa des Aufbau-Verlages, wurde dieser Verlag finanziert und unter welchen Umständen wurden seine Bücher hergestellt, bezahlt und vertrieben? Dass er Mittel des Aufbau-Verlages abgezweigt hat, kann ich aber nicht behaupten, denn vielleicht hatte er ja im Gegensatz zu den meisten DDR-Bürgern genügend eigenes Kapital gespart.

Faber, in der DDR ein typischer roter Boss, der gar nichts von Marx´ Texten begriffen hat, stellt sich generell den Weg zum wirtschaftlichen Erfolg als Kriminalstück vor. Er ist der festen Überzeugung, dass man im Kapitalismus nur durch Betrug und Korruption reich werden kann. Vielleicht macht ihm diese spießige Vorstellung es leichter sein eigenes Lügen und Betrügen zu ertragen.

Als ich kurze Zeit nach dem Kauf zum ersten Mal mit seiner „Nebentätigkeit“ konfrontiert wurde, dachte ich wohl etwas zu großzügig, „man soll dem Ochsen, der da drischt das Maul nicht verbinden“ und genehmigte sie ab diesem Zeitpunkt. Aber es war ein erster Riss, denn solche Interessenskonflikte von Mitarbeitern sind auf Dauer nicht zu akzeptieren.

Als Faber während des Verkaufs der Verlage angeblich wegen der ominösen „Ich war nie bei der Stasi-Erklärung“, die er abgeben sollte, oder seiner anderen Behauptung nach wegen eines Buchtitels, der Frau Breuel angeblich verärgert haben soll, in Wirklichkeit aber wegen der Plusauflagen, von der Treuhandanstalt gefeuert wurde und ich vertraglich zusagen musste, ihn nicht erneut zum Geschäftsführer zu machen, hat das ihn verständlicherweise beunruhigt. Aber diese innere Unruhe „kollabierte wenige Tage später von selbst, als der Aufbau-Verlag in Privateigentum überging und ein Beschluss der neuen Gesellschaft meine bisherigen Kompetenzen bestätigte. Es gab nur einen Unterschied. Ich bekam mehr Geld.“ (S. 355) Die Treuhandanstalt hatte ihn zwar entlassen, aber versäumt, ihn als Geschäftsführer abzuberufen. Ich nahm schlicht die Entlassung zurück, das war nach dem Kaufvertrag möglich. Selbst dass ich ihn ein Jahr später selbst entließ und als Geschäftsführer abberief, kommentiert er noch so: „Ich erhielt eine Abfindung. Die stattliche Belohnung steckte ich ohne Zögern sofort in den eigenen Verlag Faber & Faber.“ (S. 377) Dass dieses Geld aus meinem Vermögen stammte und ich persönlich diese Beschlüsse gefasst hatte, statt ihn, wie es vielleicht doch richtig gewesen wäre, sofort als Betrüger mit Schimpf und Schande davonzujagen, übergeht Herr Faber hier ganz bewusst, denn aufrichtige Dankbarkeit ist nicht seine Sache.

Dagegen ist die Verleumdung seine besondere Stärke, denn auch mein Verhalten beim Verkauf der Grundstücke des Verlages rückt er in den Nähe des Betruges, diesmal zum Schaden der Treuhandanstalt. Er behauptet, die Treuhand habe die Grundstücke vom Verlag – nach seinem Verständnis „ungesetzlich“ – einfach abgespalten, aber dabei einen Fehler gemacht, der es mir ermöglicht hätte, sie dann „nach vier oder sechs Wochen“ für 1,- DM an meine Gesellschaft zu verkaufen, die sie dann für 9 Millionen an die Treuhand wieder zurück verkaufte. „Im Handumdrehen hatte er fünf Millionen gewonnen“ (S. 363)

Wie war es tatsächlich? Im Frühjahr 1990 hatte der Verlag vom Ministerium für Kultur 9,6 Millionen Mark der DDR als „Zuweisung“ aus dem Vermögen der SED erhalten, weitere 8,2 Millionen DM waren ab Herbst 1990 als von der Treuhandanstalt verbürgte Bankkredite verbraucht worden, trotzdem waren weitere drei Millionen DM aktuelle offene Verbindlichkeiten des Verlages aufgelaufen, darunter 800.000 DM gegenüber Gesellschaften der Treuhandanstalt (hauptsächlich Druckereien). Unter der Führung Fabers hatte der Aufbau-Verlag in seiner Geschäftstätigkeit vom 1.7.1990 bis zum Verkauf im September 1991 etwa 16 Millionen DM Liquiditätsverluste gemacht. Nach der Bilanz waren noch acht Millionen DM Eigenkapital aus der Bewertung des Anlage- und Umlaufvermögens vorhanden, allerdings war bereits damals klar, dass die Geschäftstätigkeit noch jahrelang verlustbringend sein würde, so dass noch mindestens 10 Millionen DM Kapital benötigt würden.

Vor dem Verkauf der Verlagsgesellschaften kaufte die Treuhandanstalt dem Aufbau-Verlag die Grundstücke für 8,2 Millionen DM ab, was als Sanierungsgewinn verbucht wurde und verrechnete den Kaufpreis mit ihren Gesellschafterdarlehen. Anschließend kauften die Investoren die Verlage für 1 Million DM und zahlten als neue Gesellschafter sofort 3 Millionen DM in die Kapitalrücklage zur Abdeckung der Verbindlichkeiten. Wenige Tage später platzte die Bombe der Plusauflagen. Als im Frühjahr 1992 die Höhe der daraus entstandenen zusätzlichen Verbindlichkeiten feststand, immerhin mehr als 8 Millionen DM, und gleichzeitig auch das Umlaufvermögen (hauptsächlich Buchbestände und Rechte) drastisch abgewertet werden musste, war der Verlag überschuldet und damit konkursreif. Die Treuhandanstalt lehnte zunächst alle Forderungen zur Nachverhandlung mit den Worten ab: „Wir verkaufen Chancen und Risiken, Sie haben ein Risiko gekauft, machen sie doch den Laden zu“.

Die von mir beauftragen Wirtschaftsprüfer des Verlages hatten bei der Aufstellung der Bilanz und Inventur festgestellt, dass unter der Leitung Fabers entgegen der üblichen und anerkannten Regeln des Verlagsgeschäfts die erworbenen Lizenzen und die Buchbestände des Verlags um mehr als 7 Millionen DM überhöht bewertet waren, was eine sofortige Wertberichtigung um diesen Betrag erforderte.

Erst als ich mit der Anfechtung der Kaufverträge und möglichem Konkurs drohte, zeigte sich die Treuhandanstalt verhandlungsbereit und schloss im Sommer mit dem Verlag eine bedingte Freistellungserklärung für die Forderungen der geschädigten Autoren und Verlage, nach der sich der Verlag aber mit allen juristischen Mitteln gegen die Ansprüche wehren und jeden einzelnen Schritt gegenüber der Treuhandanstalt rechtfertigen musste, wenn er nicht die Freistellung gefährden wollte.

Durch die in der Verantwortung auch Fabers entstandenen Verbindlichkeiten aus den Plusauflagen und der von ihm verantworte Geschäftstätigkeit und die falsche Bilanzierung der verdeckten realen Verluste aus der Produktion 1990/91 ergab sich im Frühsommer 1992 für den Verlag ein Fehlbetrag in Höhe von 15 Millionen DM, der mir vor dem Kauf der Verlagsgesellschaften verschwiegen wurde und der auch für mich vorher nicht erkennbar war. Ohne weitere Kapitaleinschüsse war der Konkurs unvermeidlich.

In dieser Not hatte ich nach „Chancen“ gesucht, die ja von der Treuhandanstalt auch verkauft wurden. Ich prüfte den Vertrag über den Verkauf der Grundstücke auf Lücken und fand dass der Notar für den Auflassungsanspruch der Treuhandanstalt keine Vormerkung ins Grundbuch hatte eintragen lassen. Das ermöglichte es, die Grundstücke, zwar nicht etwa nach „vier oder sechs Wochen“, sondern erst im Sommer 1992 erneut und zwar an eine meiner Gesellschaften verkaufen zu lassen. Aber nicht wie von Faber behauptet für 1,- DM, sondern für 20 Millionen DM, die ich vertraglich bereit war, dem Verlag dafür zu zahlen und ich leistete sofort eine Anzahlung in Höhe von 2 Millionen DM. Der Verlag bot der Treuhandanstalt an, aus dem erhöhten Kaufpreis die 8,2 Millionen DM Darlehen zurückzuzahlen.

Dazu kam es nicht. Am 24.11.1992 schloss die Treuhand, die insgeheim von einem Wert von über 30 Millionen DM für die Grundstücke ausging, einen Vergleich mit dem Aufbau-Verlag: nach dem die Wirtschaftsprüfer der Treuhand die korrigierten Bilanzen des Verlages geprüft und die Unterbilanz in Höhe von sieben Millionen DM bestätigt hatten, zahlte sie für das Grundstück weitere 9 Millionen DM an den Verlag und übernahm separat auch fast 6 Millionen der Verbindlichkeiten aus den Plusauflagen. „Nur“ zwei Millionen davon musste der Verlag selber tragen. Diese Lösung führte dann aber zu schnellen Vergleichen mit den Geschädigten, so dass wenigstens materiell die Affäre beendet war.

Die durch die Plusauflagen und die abenteuerliche Führung und Programmpolitik unter Faber entstandene Gefahr der Überschuldung um 15 Millionen DM und die deshalb drohende Insolvenz war damit abgewendet und ich konnte mich danach für eine kurze Zeit beinahe der Gerechtigkeit der faszinierenden Programmarbeit zuwenden, die ich mit der Vervollständigung der wichtigsten Werkausgaben des Aufbau-Verlages begann, weil ausgerechnet diese Stärke des Aufbau-Verlages von Faber überhaupt nicht beachtet worden war.

In dieser Zeit nach Faber wurden nicht nur die gerade erst gemeinsam mit Suhrkamp begonnene Große kommentierte Berliner und Frankfurter Brechtausgabe trotzt hoher Verluste für den Aufbau-Verlag fertig gestellt, sondern gleichzeitig die in der DDR fast nie komplett lieferbaren Werkausgaben von Dostojewski, Gogol, Fontane, Feuchtwanger, E.T.A. Hofmann, Kisch, Shakespeare, Schiller, Storm, Turgenjew und zahlreichen anderen bedeutenden Autoren endlich vollständig lieferbar gemacht, so dass der Verlag sie noch über Jahre verkaufen konnte, bis schließlich mit den Höhepunkten der Herausgabe der Tagebücher von Victor Klemperer, aber auch der „Päpstin“ von Donna Cross bei Rütten & Loening, ab 1995 der Wiederaufstieg des Aufbau-Verlages eingeleitet war.

Diese beiden Titel verkörpern idealtypisch, was ich für die Verlagsgruppe programmatisch wollte: anspruchsvolle Belletristik und Sachbücher auf dem Niveau der Weltliteratur bei Aufbau, ebenso besondere Unterhaltungsliteratur, bevorzugt historische Romane, bei Rütten & Loening und von beiden zusammen das Beste als Verwertung im Aufbau-Taschenbuchverlag. Das alles auf der Grundlage der Bewahrung unserer Verlagstradition und der besonderen Pflege der für das Programm und die Ausrichtung des Verlages wichtigen Autoren auch in Werkausgaben, wie sie in den Folgejahren z. B. mit der Großen Brandenburger Fontaneausgabe, der Werkausgabe von A. Seghers, A. Zweig oder Schiller immer wieder vorgelegt wurden.

Der von Faber stilisierte Grund für seine Entlassung, es habe eine Auseinandersetzung mit mir um die programmatische Ausrichtung der Verlage gegeben, ist seine Erfindung: das hehre Eintreten des honorigen Verlegers Faber für Aufbau als anspruchsvollen Autoren- und Programmverlag und Rütten & Loening als „buchkulinarische Spielwiese“ (S. 375) einerseits und andererseits die Beliebigkeit des Immobilienmaklers Lunkewitz der stattdessen aus den Verlagen „eine literarische Parfümfabrik“ (S. 360) des schnellen Geldes mit „Strandkorbliteratur“ (S. 359) machen wollte, diesen Streit hat es nicht gegeben, weil ich diesen verschrobenen Blödsinn Fabers noch nicht einmal ignoriert habe. Ich kenne keinen Verleger, der irgendwelche „Spielwiesen“ für Verlagsleiter finanziert, selbst wenn sie „buchkulinarisch“ sein sollten.

Mein Modell für Aufbau und Rütten & Loening war das bewährte Modell S. Fischer und Krüger, das ich seit langem bestens aus Frankfurt kannte und etwa so versuchte ich in den folgenden Jahren die Verlagsgruppe zu formen, dafür brauchte ich keinen Faber.

Er wurde endgültig zum Hindernis nicht nur wegen der unverzeihlichen Plusauflagen. Ich wollte den Verlag gründlich kennenlernen, aber Faber sah darin instinktiv und durchaus realistisch eine Gefahr für seine Stellung. Er schottete sich immer mehr ab und verwaltete eifersüchtig das vermeintliche Herrschaftswissen des Verlagsleiters. Anfang September 1992 legte ich ihm eine Kopie von Brechts berühmter Geschichte des Herrn Keuner „Vom unentbehrlichen Beamten“ auf den Tisch. Tage später war er gekündigt.

Der famose Herr Faber hinterließ mir den Verlag in Trümmern und mit 15 Millionen DM versteckten Verbindlichkeiten und der Schande der Plusauflagen. Außerdem war er hauptsächlich dafür verantwortlich, dass die SED/PDS behauptet hatte, Eigentümerin der Verlage gewesen zu sein, was in der Folge zum Scheitern der Privatisierung führte weil die Käufer gar nicht Eigentümer der Verlage wurden obwohl sie Millionen dafür ausgegeben hatten. Mangels Eigentum der SED/PDS am Aufbau-Verlag war der nicht volkseigen geworden. Deshalb konnte die von der Treuhandanstalt verkaufte Aufbau-Verlag GmbH i. A. nicht durch eine Umwandlung nach dem Treuhandgesetz entstehen sondern war nur eine nicht existente Scheingesellschaft, die nicht identisch war mit dem Aufbau-Verlag des Kulturbunds.

Dieser famose Herr Faber, der nach der Wende immer wieder behauptet hat, dass in der DDR die SED, bzw. nach der Wende die Treuhandanstalt und nicht der Kulturbund rechtmäßiger Eigentümer des Aufbau-Verlages ist, berichtet jetzt so nebenbei auf Seite 231 in seinem Buch, dass der Aufbau-Verlag in der DDR doch „dem Kulturbund zugehörig“ gewesen sei.

Auf Seite 363 schreibt er trotzdem Lunkewitz hat bloß „ein Bild von sich zu entwerfen gewußt, als wäre er in der Privatisierungsphase arglistig getäuscht worden (was nach vieler, auch meiner Meinung nicht stimmte) und als sei er der große Verlierer, der in den Verlag Millionen investieren mußte.“

So weit hinten im Buch hat er die schon weiter vorn von ihm gestandenen Plusauflagen vergessen oder den Schaden von 8 Millionen für eine Kleinigkeit gehalten. Auch die arglistige Täuschung der Treuhandanstalt und in der Folge auch der Investoren ist ihm entfallen. Statt wahrheitsgemäß anzugeben, dass der Aufbau-Verlag in der DDR „dem Kulturbund zugehörig“ war, hat er fast zwanzig Jahre lang diese Tatsache geleugnet und statt dessen die SED als Eigentümerin bezeichnet. Er selbst hat 1990 wider besseres Wissen das Übergabe-/Übernahmeprotokoll unterzeichnet, mit dem die SED versuchte, den Verlag aus ihrem angeblichen Vermögen in Volkseigentum zu übertragen und dabei einen Kaufpreis in Höhe von 17 Millionen ergattern wollte.

Das Verschweigen der tatsächlichen Eigentumsverhältnisse am Aufbau-Verlag, das Verhalten der Treuhandanstalt und anderer Behörden dazu und das unsägliche Vorgehen der Justiz, aber letztlich die Lügen und Verdrehungen Fabers, der von Anfang an wusste, dass der Kulturbund rechtmäßiger Eigentümer des Verlages war, waren ursächlich für das Scheitern der Privatisierung und die Insolvenz der vermögenslosen Aufbau-Verlagsgruppe GmbH im Jahre 2008 war.

Diese Insolvenz im Jahre 2008 betraf aber nicht den Verlag selbst, der bekanntlich als Einzelfirma oder OHG mir persönlich gehörte, weil ich ihn im Jahre 1995 vom Kulturbund wirksam erworben hatte, sondern nur die vermögenslose GmbH. Deshalb konnte ich den Verlag auch mit seinem gesamten Vermögen verkaufen, deshalb gibt es heute noch alle Arbeitsplätze und Autoren, sofern sie nicht seither aus anderen Gründen verloren wurden und vor allem gibt es noch das Ansehen das Aufbau-Verlages als einer der führenden belletristischen Verlage Deutschlands. Möge der neue Verleger es besser machen als ich.

Bernd F. Lunkewitz

 

 

Entscheidung des Kammergerichts im Dezember 2013: die Privatisierung des Aufbau-Verlages war rechtswidrig.

 

Es geschehen noch Zeichen und Wunder in der Weihnachtszeit, selbst in Berlin beim Kammergericht.

Der 12. Senat hat am 16.12.2013 nach fast vierundzwanzig Jahren eine komplette Kehrtwende des Kammergerichts in der Rechtsprechung zum Streit über die Privatisierung des Aufbau-Verlages vollzogen und in dem Beschluss 12 W 32/12 zur Registereintragung der Aufbau-Verlag GmbH 1992 endlich die Löschung des sachlich falschen Umwandlungsvermerks

„Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Aufbau, entstanden nach dem Treuhandgesetz durch Umwandlung des Aufbau-Verlag Berlin und Weimar“

im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg angeordnet. (Link zum Beschluss siehe unten) 

Mit dieser Entscheidung des Kammergerichts zur Frage der Existenz der „Aufbau-Verlag GmbH im Aufbau“, der Entstehung der „Aufbau-Verlag GmbH“, des Eigentums am Aufbau Verlag und zur Rechtsnachfolge des Kulturbund e. V. nach dem Kulturbund der DDR wird die von dem Verleger Bernd F. Lunkewitz und den Käufern der Verlage seit Jahren vorgetragene Tatsachen- und Rechtslage, die noch immer von der Treuhandanstalt/BVS – wider besseres Wissen – vehement bestritten wird, in vollem Umfang bestätigt. 

Der Verleger Bernd F. Lunkewitz, die Aufbau-Liquidationsgesellschaft und die BFL Beteiligungsgesellschaft mbH hatten am 26.10.2010 bei dem zuständigen AG Charlottenburg als Registergericht beantragt, den Vermerk zu löschen, in dem die in HRB 35991 eingetragene Aufbau Verlag GmbH, später umfirmiert in Aufbau-Verlagsgruppe GmbH, inzwischen Aufbau-Liquidationsgesellschaft i. L, fälschlich als eine “nach dem Treuhandgesetz durch Umwandlung des Aufbau-Verlag Berlin und Weimar“ entstandene Kapitalgesellschaft „im Aufbau“ bezeichnet wurde.

Das Amtsgericht hatte den Antrag noch im vorauseilenden Gehorsam gegenüber den bisherigen Entscheidungen des Kammergerichts abgelehnt. Das Kammergericht hat jetzt – sehr überraschend – der dagegen gerichteten Beschwerde stattgegeben und die Löschung des Umwandlungsvermerks angeordnet. Das ist für die noch laufenden Schadensersatzprozesse des Verlegers gegen die BVS vor den Gerichten in Frankfurt von großer Bedeutung.                                

Offensichtlich war der 12. Senat des Kammergerichts nicht mehr bereit, die bisherige Farce der falschen Gerichtsentscheidungen des Kammergerichts zugunsten des Fiskus mitzumachen und hat sich deshalb entschlossen, sich den Urteilen des OLG Frankfurt am Main und den dazu ergangenen Beschlüssen des BGH zu II ZR 213/06 vom 10.12.2007 und 03.03.2008, II ZR 182/07 vom 27.09.2010 und II ZR 134/10 vom 12.07.2011 im vollen Umfang anzuschließen.

In der vom BGH mehrfach bestätigten Rechtsprechung der Frankfurter Gerichte war bekanntlich gegen die Aufbau-Verlagsgruppe GmbH und die Treuhand/BVS aus den jetzt auch vom Kammergericht vertretenen Gründen festgestellt worden, dass der Verleger Bernd F. Lunkewitz den Aufbau-Verlag wirksam vom Kulturbund erworben hatte, da die PDS nie Eigentümer des Verlages war und ihn nicht in Volkseigentum übertragen konnte, so dass er auch nie Eigentum der Treuhand/BVS wurde. Deshalb war die Aufbau-Verlagsgruppe von Anfang an lediglich eine vermögenslose Hülle, die als fehlerhafte Gesellschaft erst im Jahre 1992 durch die Registereintragung entstand und nicht Rechtsnachfolger des Aufbau-Verlages wurde.

Obwohl der 10. Zivilsenat des Kammergerichts noch am 10.02.2011 in dem Schadensersatzprozess der Aufbau-Liquidationsgesellschaft zu Gunsten des Fiskus mit der Begründung, die wirksame Übergabe des Verlages in Volkseigentum lasse sich nicht zweifelsfrei ausschließen, das Gegenteil entschieden hatte, bestehen nach der neuen Entscheidung jetzt solche Zweifel nicht mehr.

Mit dem nachfolgend im Einzelnen analysierten Beschluss steht die seit zwanzig Jahren vor den Berliner Gerichten streitgegenständliche Tatsachen- und Rechtslage zweifelsfrei wie folgt fest:

1. Zweifel an dem über die Wende in der DDR hinaus fortbestehenden Eigentum des Kulturbunds am Aufbau-Verlag bestehen nicht mehr.

                                    Blatt 5 Abs. 3

2. Die Eintragung des Umwandlungsvermerks im Handelsregister bezüglich des Aufbau-Verlages am 29.11.1990 war unzulässig, weil sie unter Verletzung von § 15 Abs.1 TreuhG erfolgte. Die Eintragung setzt prinzipiell die Umwandlungsfähigkeit nach § 11 TreuhG voraus. Daran fehlte es hier.

                                    Blatt 5 Abs. 4/ Blatt 6 Abs. 1

3. Der Aufbau-Verlag war ein organisationseigener Betrieb (OEB) des Kulturbunds, der sein Eigentum am Verlag nicht verloren hatte. Der Aufbau-Verlag ist nicht Eigentum der SED gewesen und konnte daher von der SED/PDS nicht in Volkseigentum überführt werden.

                                    Blatt 6 Absatz 2

4. Die  in HRB 35991 eingetragene Aufbau Verlag GmbH ist entgegen der  HR-Eintragung “nicht Rechts- und Vermögensnachfolgerin des Aufbau-Verlag Berlin und Weimar geworden“.

             Blatt 6 Absatz 2

5.  Die Eintragung der Aufbau-Verlag GmbH i. A. war unzulässig, “da die Voraussetzungen für eine Umwandlung und damit die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen für eine Eintragung fehlten“.

Da auch keine sonstige „gesellschaftsvertragliche Grundlage“ vorhanden war, nämlich  kein – auch mangelhafter – Gesellschaftsvertrag, war die „Aufbau-Verlag GmbH i. A.“ rechtlich nicht existent, sondern eine „Scheingesellschaft“. Folglich existierten auch die vertragsgegenständlichen Geschäftsanteile nicht.

 Blatt 6 Absatz 3 und 4                 

6. Erst durch die Eintragung der Löschung des Zusatzes „im Aufbau“ im Handelsregister am 06.08.1992 und der vermeintlichen Nachgründungsmaßnahmen der Käufer vom 20.02.1992 ist die Aufbau-Verlag GmbH als vermögenslose leere Hülle und unbeabsichtigte Neugründung von den Käufern selbst gegründet worden. 

                                                Blatt 6 Absatz 4

7.  „Allerdings scheiterte die Rechtsnachfolge durch Umwandlung, so dass die  Beteiligte zu 1.“ (die Aufbau-Verlag GmbH) “„auch durch den statuarischen Akt vom 20. Februar 1992  nicht Trägerin des Aufbau-Verlages wurde.

 Blatt 6 Absatz 4 / Blatt 7 Absatz 1

8. Das Verlagsvermögen des Aufbau-Verlages wurde am 22.12.1995 durch den Verleger Bernd F. Lunkewitz vom Kulturbund wirksam erworben, so dass er “seit Übertragung der Verlagsrechte durch den Kulturbund dessen Inhaber war“. Er hat in der Folge  “seine vom Kulturbund erworbenen Rechte am Verlag an einen Dritten weiter veräußert“, nämlich an die heutige Aufbau-Verlag GmbH & Co KG. 

 Blatt 8 Absatz 2 / Blatt 9 Abs. 1

9. “Die erst 2009 begonnenen Prozesse gegen die BVS wegen Vorgängen aus dem Jahr/ 1992 zeigen, “dass Haftungsfragen trotz der lange zurückliegenden Ereignissen auch in späteren Jahren noch relevant werden“.

                                                Blatt 8 Absatz 1

10. Der Umwandlungsvermerk ist nicht nur wegen zweifelsfreier Rechtslage zu löschen, sondern auch deswegen, weil gerade für den Verleger Bernd F. Lunkewitz als einen der (Haupt-) Beteiligten “ ein Bedürfnis nach Rechtssicherheit besteht“. 

 Blatt 8 Absatz 1

11. „In Anbetracht des Vorliegens von Urteilen und Beschlüssen, die der vorerwähnten Rechtsprechung des BGH noch entgegenstehen steht es im öffentlichen Interesse, die Frage des streitigen Vermögensübergangs zu klären“ und deswegen den Umwandlungsvermerk zu löschen.

 Blatt 9 Absatz 1 letzter Satz

 

Die zutreffende Tatsachen- und Rechtslage zum Aufbau-Verlag:

Auf der Grundlage dieses Beschlusses ist die Tatsachen- und Rechtslage zum Aufbau-Verlag bis zum 1.07.1990 daher wie folgt zusammenfassen:

1. Die Aufbau-Verlag GmbH wurde 1945 von vier Privatpersonen gegründet. Diese übertrugen 1946 ihre Geschäftsanteile zu 100% an den Kulturbund e.V., der damit Alleineigentümer der Aufbau-Verlag GmbH wurde. Am 19.04.1955 wurde die Aufbau-Verlag GmbH im Handelsregister B gelöscht und bei gleichzeitiger identitätswahrender Umwandlung in einen rechtsfähigen organisationseigenen Betrieb des inzwischen zu einer der Massenorganisationen der DDR umgewandelten Deutschen Kulturbunds unter der Firma „Aufbau-Verlag Berlin“ am 5.04.1955 im Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen.

2. Zum 1.1.1964 wurde nach einem Beschluss des Politbüros der SED zur Profilierung des Verlagswesens der DDR der inzwischen umfirmierte „Aufbau-Verlag Berlin und Weimar“ und der „Verlag Rütten & Loening“ zu einer Arbeitsgemeinschaft zweier wirtschaftlich und rechtlich selbständiger Verlage zusammengefasst und die Verwaltung beider Verlage der Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel (HV) im Ministerium für Kultur der DDR übertragen. Der Kulturbund schloss am 27.02.1964 darüber einen Vertrag mit dem Ministerium für Kultur, nahm bis zur Wende in der DDR als Eigentümer den jährlichen Rechenschaftsbericht des Verlages entgegen und erhielt die Gewinne des Verlages ausgezahlt, zuletzt in der vom Kulturbund selbst festgelegten pauschalierten Höhe von jährlich 1.690.000 MDR.

3. Anfang 1990 verlangte das Ministerium für Kultur der DDR gegenüber der SED/PDS im Zuge der Trennung von Partei und Staat ultimativ die sofortige Beendigung der Verwaltung der organisationseigenen Verlage durch die HV Verlage.

Die SED/PDS gerierte sich entgegen der tatsächlichen Rechtslage als Eigentümer des Aufbau-Verlages und bot nach parteiinternen Beratungen dem Ministerium für Kultur zunächst die kostenlose Übergabe („ohne Wertersatz“) des Verlages in Volkseigentum an, erhob aber nach Unterzeichnung eines Übergabe-/Übergabeprotokolls durch das Ministerium für den Fall des Weiterverkaufs der Verlage eine Erlösforderung in Höhe von 16.987.000 MDR. Dies lehnte das Ministerium ab, so dass schon wegen des offenen Dissenses der Vertrag nicht zustande kam. Da die SED/PDS nicht Eigentümerin des Verlages war, konnte sie ohnehin den Verlag nicht in Volkseigentum übertragen

Zum Verschulden der Treuhand/BVS 

Ab dem 1.07.1990 wurde der Aufbau-Verlag von der Treuhand rechtswidrig als ihr eigenes Unternehmen behandelt, obwohl sie über alle Akten und Dokumente verfügte, die das Eigentum des Kulturbunds am Aufbau-Verlag beweisen und der Kulturbund ernst zu nehmende Ansprüche auf das Eigentum am Aufbau-Verlag erhoben hatte, die aber von der Treuhand ohne pflichtgemäße Prüfung zurückgewiesen wurden:

1. Die Treuhand übernahm den Verlag zum 01.07.1990 entgegen der für sie als Fachbehörde leicht erkennbaren Rechtslage als GmbH i. A. in ihren Unternehmensbestand und berief die vermeintlichen Geschäftsführer. Diese beantragten nach TreuhG die Eintragung des Verlages in das Handelsregister B des Amtsgerichts Charlottenburg. Am 29.11.1990 wurde im Register der folgende Umwandlungsvermerk aufgenommen:

„Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Aufbau, entstanden nach dem Treuhandgesetz durch Umwandlung des Aufbau-Verlages Berlin und Weimar.“

Der Kulturbund, der inzwischen seine Umwandlung in den Kulturbund e. V. bewirkt hatte, widersprach beim Amtsgericht Charlottenburg und bei der Treuhand, die das Vermögen des Kulturbundes nach PartG DDR zwangsverwaltete, dieser Eintragung und der Behandlung des Verlages als Eigentum der Treuhand und erhob selbst Eigentumsansprüche auf den Aufbau-Verlag. Sowohl das AG Charlottenburg als auch die Treuhand wiesen die Ansprüche des Kulturbunds zurück. Die Treuhand bestärkte in dem Zusammenhang wider besseres Wissen den Irrtum des Kulturbunds, dass er durch die Registereintragung 1955 enteignet worden sei und nunmehr Restitutionsansprüche habe. Deshalb erklärte der Kulturbund sich irrtümlich mit dem Verkauf der Aufbau-Verlag GmbH i. A. einverstanden und erwartete für den Verzicht auf die Restitution eine Entschädigung in Höhe des Erlöses.

2. Nach den Feststellungen des OLG Frankfurt, des BGH und jetzt auch des Kammergerichts,  hat der Kulturbund e. V. das Eigentum am Aufbau-Verlag aber nicht an die SED/PDS oder in Volkseigentum verloren, sondern ist über die Wende hinaus Eigentümer des Aufbau-Verlages geblieben.

Nachdem am 3.10.1990 die Rechtsform des organisationseigenen Betriebes (OEB) ersatzlos entfallen war, bestand der Aufbau-Verlag trotzt der rechtswidrigen Übernahme und Führung durch die Treuhand und der nichts ahnenden Käufer als Einzelunternehmen im Eigentum des Kulturbunds weiter und wurde von diesem am 22.12.1995 mit seinem gesamten Vermögen wirksam an den Verleger Bernd F. Lunkewitz verkauft und übertragen.

Durch den rechtswidrigen Verwaltungsakt vom 09.03.1995 untersagte die Treuhand den Verkauf und erklärte erst Ende 1999 angesichts des drohenden Prozessverlustes vor dem Verwaltungsgericht Berlin, dass eine Zustimmungspflicht für den Verkauf nicht bestünde, bestreitet aber bis heute die materielle Wirksamkeit dieses Vertrages.

3. Durch die am 29.11.1990 unter Verletzung des § 15 Abs. 1 TreuhG erfolgte Eintragung der vermeintlichen Umwandlung des Aufbau-Verlags Berlin und Weimar in eine vermeintliche Aufbau-Verlag GmbH i. A. ist indes keine Gesellschaft entstanden, da das TreuhG nicht auf organisationseigene Betriebe – auch nicht analog – angewendet werden kann und eine sonstige gesellschaftsvertragliche Grundlage nicht vorlag.

Die  von der Treuhand durch die Verträge vom 18./27.09.1991 und 24.11.1992 verkaufte Aufbau-Verlag GmbH i. A. und deren vertragsgegenständlichen Geschäftsanteile existierten daher nicht und konnten nach dem 1.07.1990 aus Rechtsgründen auch nicht mehr entstehen. Dies war der Treuhand bekannt oder hätte ihr bekannt sein müssen, da sie nach entsprechenden Hinweisen der Unabhängigen Kommission bereits vor dem Verkauf auch selbst von fortbestehendem Organisationseigentum an den Verlagen ausging.

Die Treuhand hat trotzt der bereits vor Abschluss der Kaufverträge vorliegenden ernsthaften eigenen Zweifel an ihrer Verfügungsgewalt, den zugrundeliegenden Eigentumsverhältnissen und der Existenz der verkauften Gesellschaften, die ihr bekannten Tatsachen und Umstände und die daraus von ihr bereits gezogenen Schlüsse den Käufern und dem Verleger Bernd F. Lunkewitz jahrelang verheimlicht und auf spätere Nachfragen sogar vorsätzlich falsche Auskünfte erteilt.

Nach der Auskunft der Unabhängigen Kommission vom 28.09.1994 gegenüber dem Verleger Bernd F. Lunkewitz hat sie die tatsächlichen und rechtlichen Umstände wider besseres Wissen bestritten und in den seit 1995 geführten Rechtsstreitigkeiten manipulierte Dokumente und verfälschte Urkunden vorgelegt und insgesamt vorsätzlich falschen Vortrag erbracht, um die Käufer weiter zur Finanzierung und zum Betrieb der den Aufbau-Verlag zu Unrecht führenden vermögenslosen Hülle „Aufbau-Verlag GmbH“ zu zwingen.

Durch dieses rücksichtlose und vorsätzlich sittenwidrige Verhalten der Treuhand entstand die extreme Rechtsunsicherheit, die den Verleger Bernd F. Lunkewitz und die Käufer dazu veranlassten, einerseits zur Schadensminderung weiterhin die Aufbau-Verlag GmbH wenigstens zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes zu finanzieren, andererseits durch kostspielige Prozesse die Rechtslage zu klären. 

7. Erst durch die vermeintlichen Nachgründungsmaßnahmen der Käufer vom 19.02.1992 und  die Löschung des Zusatzes „im Aufbau“ im Handelsregister ist die Aufbau-Verlag GmbH, nach der Insolvenz umfirmiert in Aufbau-Liquidationsgesellschaft, unter der Nummer HRB 35991 als fehlerhafte Gesellschaft entstanden. Diese Gesellschaft haben die Käufer damit selbst begründet. Da mangels rechtlicher und tatsächlicher Grundlage keine Umwandlung stattgefunden hat, ist die Gesellschaft nicht Rechts- und Vermögensnachfolger des Aufbau-Verlages geworden, sondern blieb eine vermögenslose Hülle.

Ab dem 1.07.1990 hat folglich die Treuhand den gesetzlich nach PartG DDR unter treuhänderischer Verwaltung stehenden Aufbau-Verlag unberechtigt auf eigene Rechnung geführt und ihn am 7.10.1991 ebenso unberechtigt an die von diesen Umständen nichts ahnenden Käufer faktisch übergeben und diese vertraglich durch Arbeitsplatzgarantien und – beim Zukauf der Leipziger Verlage – durch Fortführungsgarantien bis zum Jahre 2003 zur Weiterführung verpflichtet, obwohl sie wusste, dass die Aufbau-Verlag GmbH eine vermögenslose Hülle und der Aufbau-Verlag weiterhin Eigentum des Kulturbundes ist.

Vom 1.07.1990 bis zur Insolvenz der Aufbau-Verlagsgruppe GmbH und dem nachfolgenden Verkauf des Aufbau-Verlages durch den Verleger Bernd F. Lunkewitz an die von Herrn Matthias Koch neu gegründete Aufbau-Verlag GmbH & Co KG und dem dort vereinbarten Rechteübergang zum 1.11.2008 wurden daher insbesondere die Firmen- und Verlagsrechte des Aufbau-Verlages laufend verletzt und erst der Kulturbund e. V., dann der Verleger Bernd F. Lunkewitz in seinen Eigentumsrechten und seinem Vermögen vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt.

Der erste Antrag zur Löschung der falschen Eintragung wurde im Jahre 1995 gestellt. Das Amtsgericht gab damals dem Antrag statt. Aber auf Beschwerde der BVS/ Treuhandanstalt verweigerte das Kammergericht die Löschung.

In den drei sich über Jahrzehnte hinziehenden Verfahren ergingen zahlreiche falsche Entscheidungen, die durch gezielten Prozessbetrug der kriminellen Mitarbeiter der Treuhand/BVS und nach deren Abwicklung des Bundesministers der Finanzen beeinflusst wurden.

Die Verantwortlichen dieser staatlichen Stellen haben im kollusiven Zusammenwirken mit den beteiligten Anwälten im Rahmen bandenmäßigen Betrugs den Gerichten gefälschte Urkunden vorgelegt, bei anderen Behörden wissentlich falsche Auskünfte „bestellt“ und als „Beweis“ in die Verfahren eingeführt, angeblich von unabhängigen Dritten erstellte „Gutachten“ heimlich selbst erstellt, entscheidungserhebliche Tatsachen – wenn es von Nutzen war – vor einem Gericht selbst vorgetragen, gleichzeitig in den Verfahren um den Aufbau-Verlag jedoch wider besseres Wissen geleugnet.

Die obersten Berliner Richter haben zwanzig Jahre gebraucht, um die Tatsachen- und Rechtslage endlich zutreffend in ihrer Rechtsprechung zu berücksichtigen. Der Beschluss ist aber erst ergangen, als auch der letzte noch in Berlin geführte Schadensersatzprozess auf der Grundlage der bisherigen – falschen – Darstellung des Kammergerichts mit einer Klageabweisung beendet war.

Im Beamtendeutsch: die Berliner Justiz hat durch sehr weit gehende „Amtshilfe“ ihren Auftrag zum Schutz des Fiskus „zur vollsten Zufriedenheit“ der betroffenen Behörden erledigt und nachfolgend sogar auch noch die tatsächliche Rechtslage geklärt. Die Bundesrepublik Deutschland ist eben ein Rechtsstaat. Falls jemals ein Staatsanwalt von diesem Fall erfährt, schaut er betreten weg. Das Publikum lacht.

 

Hier der Link zu dem Beschluss: 12_W_32_12_2013-12-16_Beschluss_KG

„DER PROZESS“

DIE BERLINER GERICHTE UND DAS VON FRANZ KAFKA VERFASSTE HAPPY END DES ROMANS.

„Einen solchen Prozess haben, heißt ihn schon verloren haben“

DER PROZESS, Kapitel 13

Immer wieder wird mir geraten, mich gegenüber den Gerichten äußerst vorsichtig zu verhalten und auf keinen Fall irgendeinen Richter zu verärgern, denn damit würde man alle Richter verärgern: „Nur keine Aufmerksamkeit erregen! Sich ruhig verhalten, selbst wenn es einem noch so sehr gegen den Sinn geht! Einzusehen versuchen, dass dieser große Gerichtsorganismus gewissermaßen ewig in der Schwebe bleibt und dass man zwar, wenn man auf seinem Platz selbständig etwas ändert, den Boden unter den Füßen sich wegnimmt und selbst abstürzen kann, während der große Organismus sich selbst für die kleine Störung leicht an einer anderen Stelle – alles ist doch in Verbindung – Ersatz schafft und unverändert bleibt, wenn er nicht etwa, was sogar wahrscheinlich ist, noch geschlossener, noch aufmerksamer, noch strenger, noch böser wird.“ (Kafka, DER PROZESS,7. Kapitel).

 

Ich sehe das wohl, aber ich kann mich trotzdem gegenüber dem Unrecht nicht ruhig verhalten, das wäre gegen meine Natur. Obwohl ich schon fast zwanzig Jahre gegen das kälteste aller kalten Ungeheuer, den Staat, prozessiere und gesehen habe, wie dieses Ungeheuer lügt und betrügt und manche Richter davor die Augen und Ohren verschließen, führe ich immer noch den gleichen Kampf vor Gericht, denn noch habe ich Hoffnung, zwar nicht Gerechtigkeit, aber wenigstens Recht zu bekommen. In Berlin ist mir dieses Recht verweigert worden. Der Vorsitzende Richter am Kammergericht Grüter sagte mir schon am 26.10.2000 für die Berliner Gerichte: „Herr Lunkewitz, wir wissen, dass Sie Recht haben, das kriegen Sie hier aber nicht.“

 

Die Öffentlichkeit wird noch erfahren, ob dagegen die Justiz in Hessen auch bei einer solchen politisch aufgeladenen Klage gegen den Staat, nochmal zu einem fairen, offenen Verfahren, einer objektiven Beweisaufnahme und einer nachvollziehbaren, mit den rechtlichen Regeln übereinstimmenden Begründung des Urteils fähig ist. Das ist hinsichtlich des Aufbau-Verlages schon einmal gelungen.

(Inzwischen ist diese Frage geklärt. Das Landgericht und das OLG Frankfurt haben sich für den Fiskus verdient gemacht und die Klage abgeschmettert. Alles was hier geschrieben wurde gilt für diese furchtbaren Juristen um so mehr. Trotz ihrer erfolgreichen Bemühungen, das Recht zu beugen und zu brechen werden eines Tages nicht nur die Akten, sondern auch die Wahrheit öffentlich und die Geschichte ihr Urteil fällen. Mögen diese Richter als Gauner vergessen werden.)

Die mit dem Aufbau-Verlag befassten Richter des Landgerichts Berlin und des Kammergerichts waren nicht dazu fähig. Sie mögen sich die Hände reiben oder sich gegenseitig gratulieren für den Dienst, den sie mit der Klageabweisung dem Fiskus  geleistet haben. Tatsächlich aber haben sie unserem Gemeinwesen einen Bärendienst erwiesen, den sie mit ihrem Gewissen ausmachen müssen. Denn jedes ungerechte Urteil eines Richters ist ein Riss im Fundament der gesellschaftlichen Ordnung. Dieser Riss ist um so größer, je leichter die objektive Willkür der Richter erkennbar ist. In dem Verfahren der insolventen früheren Aufbau-Verlagsgruppe (ALG) gegen die BVS ist die objektive Willkür ganz offensichtlich, ja fast demonstrativ gezeigt worden:

 

Die BVS hat durch die Verträge vom 18./27.9.1991 und vom 24.11.1992 zusammen mit der Aufbau-Verlag GmbH i. A. auch die Verlag Rütten & Loening GmbH i. A verkauft und beide Verkäufe wurden durch ein Junktim in Kaufvertrag (Anlage K 132, § 9.2) miteinander verbunden: Wenn der eine Verkauf nichtig ist und rückabgewickelt werden muss, dann muss auch der andere rückabgewickelt werden.

 

Die Klägerin hat im Verfahren vor dem Landgericht Berlin und dem Kammergericht neben dem gesamten Vortrag zum Aufbau-Verlag ebenfalls vorgetragen und bewiesen, dass die Rütten & Loening GmbH im Jahre 1952 in Berlin Ost von drei privaten Gesellschaftern gegründet wurde und einer der Gesellschafter, die indirekt der SED gehörende Volk & Welt GmbH, die Vermögensmasse des Altverlages Rütten & Loening als Sacheinlage in die Rütten & Loening GmbH eingebracht hatte. 1954 wurde diese GmbH im HRB gelöscht und der Betrieb in HRC eingetragen, ohne dass jedoch ein Gesellschafter- oder Eigentumswechsel stattfand, bzw. die privaten Gesellschafter ihr Anteile an die SED verkauft hätten. Daran änderte sich bis zum Ende der DDR nichts.

 

Da aus diesem Grund die SED nicht Eigentümerin des Betriebes war, konnte sie den Verlag Rütten & Loening im Jahre 1990 nicht in Volkseigentum übertragen. Darauf hat auch die Unabhängige Kommission in ihrem Vermerk vom 10.2.1993 (Anlage K 16) hingewiesen. Unabhängig davon war das Übernahme-Übergabe Protokoll vom 14.3./2.4.1990 (Anlage K 69) wegen der von der SED einseitig eingefügten Kaufpreisklausel unwirksam. Auch dies wurde von der Unabhängigen Kommission in einem Schreiben an die BVS von 6.9.1991 (Anlage K 73) festgestellt. Auch wegen der in § 64 ZGB der DDR vorgeschriebenen Frist von maximal zwei Wochen für die Annahme von Vertragsangeboten, die durch die erst am 2.4.1990 erfolgte Unterzeichnung des bereits am 14.3.1990 erfolgenten Angebots des Ministeriums für Kultur an die SED/PDS für jedermann erkennbar überschritten war, ist das Übernahme/Übergabeprotokoll unwirksam, so dass Rütten & Loening selbst dann nicht volkseigen geworden wäre, wenn der Verlag sich im Eigentum der SED/PDS befunden hätte. Die angebliche „Rütten & Loening GmbH i. A.“ ist auch deshalb nie durch Umwandlung nach dem Treuhandgesetz entstanden, sondern war eine nichtige Scheingesellschaft.

 

Parallel zum Vortrag bezüglich des Aufbau-Verlages sind die Kaufverträge mit der BVS auch aus diesen Gründen nichtig und haftet die BVS für den eingetretenen Schaden.

 

Die BVS hat sich zu diesem beweisbewehrten Vortrag der Klägerin während des gesamten Verfahrens vor den Berliner Gerichten überhaupt nicht geäußert und ihn damit unstreitig gestellt.

 

Aber auch das Landgericht Berlin und das Kammergericht haben sich zu diesen – unstreitigen – Tatsachen nicht geäußert.

 

Weder in den Schriftsätzen des Winkeladvokaten der BVS, Herrn Aldejohann, noch in den Urteilen des Landgerichts und Kammergerichts finden sich dazu irgendwelche Ausführungen, obwohl der – unbestrittene – Vortrag zu Rütten & Loening für die Klage ebenso entscheidungserheblich ist wie der Vortrag zum Aufbau-Verlag.

 

Die Berliner Gerichte haben hinsichtlich des Verlages Rütten & Loening daher die Klage abgewiesen, obwohl sie zutreffend begründet ist und dafür substantiierter Beweis erbracht wurde, der auch noch unbestritten geblieben ist und sie haben dieses Urteil mit keinem einzigen Wort begründet.

 

Man könnte meinen, sich in dem Roman von Franz Kafka „DER PROZESS“ zu befinden: ein Geschädigter, in dem Roman Josef K., reicht eine begründete Klage gegen die Obrigkeit ein. Die entscheidungserheblichen Tatsachen werden  substantiiert und beweisbewehrt vorgetragen. Der Prozessgegner bestreitet sie nicht. Die Rechtslage ist daher eindeutig. Das Gericht aber weist die Klage ab und überreicht ein Urteil, dass außer dem Satz: „Die Klage wird abgewiesen“ nur leere Seiten enthält. Keine Darstellung des Sachverhalts. Keine Begründung. Der Kläger reicht Beschwerde zum obersten Gericht ein. Die Beschwerde wird ohne Begründung abgewiesen, weil die Sache nicht von grundsätzlicher Bedeutung sei.

 

In den Kommentaren auf dieser Website wird den Richtern der 9. Zivilkammer des Landgerichts Berlin und des Kammergerichts zu Recht objektive Willkür, massives und systematisches Übergehen des Vortrags der Klägerin und insgesamt grobe Fehler bei den gerichtlichen Entscheidungen in den Prozessen über den Aufbau-Verlag und Rütten & Loening vorgeworfen. Das klingt dann fast so, als hätten sich diese Richter juristisch der Rechtsbeugung schuldig gemacht, um politische oder fiskalische Interessen der Bundesregierung zu schützen.

 

Doch ein solches rechtswidriges Verhalten ist natürlich unmöglich und daher völlig ausgeschlossen und sollte auch nicht behauptet werden. Schon die bloße Vorstellung, dass der „politische“ Bereich der Exekutive, der eng mit der Justiz vernetzt ist, auch nur versuchen könnte, auf richterliche Entscheidungen irgendeinen Einfluss zu nehmen, ist abwegig und mit großer Entrüstung zurückzuweisen. Ganz absurd ist die Vorstellung, dass jemals ein Richter sich durch einen solchen politischen oder gesellschaftlichen Druck – von Vorgesetzten oder Kollegen, gar aus anderen Behörden, – beeinflussen lassen würde.

 

Eine Rechtsbeugung im strafrechtlichen Sinne könnte von deutschen Richtern grundsätzlich nur in extremen, praktisch aber nie vorkommenden Ausnahmesituationen begangen werden. Bekanntlich ist ja selbst von den Richtern der Nazijustiz kein einziger wegen Rechtsbeugung verurteilt worden.

 

Den an den Entscheidungen des Landgerichts Berlin und des Kammergerichts zum Aufbau-Verlag beteiligten Richtern sind also höchstens – wenn auch grobe – Fehler unterlaufen, sie haben in dem komplizierten Fall den Vortrag der Parteien möglicherweise falsch verstanden und dazu vielleicht eine zwar unzutreffende, aber gerade noch zulässige Rechtsansicht vertreten oder bei ganz offensichtlichen „Fehlern“ einen „Blackout“ gehabt, wodurch dann Irrtümer entstanden, die sich wiederum höchst zufällig zugunsten der beklagten BVS auswirkten. Insgesamt sind diese Richter ganz gewiss rechtlich unbefangen zu der – wenn auch irrtümlichen – Überzeugung gelangt, dass die Klage so oder so abzuweisen ist, lediglich die Begründung in diesem Einzelfall mag grob fehlerhaft sein.

 

Die grob fehlerhaften Begründungen des Landgerichts Berlin und des Kammergerichts nicht nur bezüglich des Verlages Rütten & Loening zeigen sich an fast allen Sachverhalten des Rechtsstreits, insbesondere aber an zwei weiteren zentralen Punkten, an denen sich gut erkennen lässt, wie die Richter vorgegangen sind. Sie beruhen auf den für unbefangene Juristen ganz offensichtlichen – also bei näherer Betrachtung leicht erkennbaren – falschen Antworten auf folgende Fragen:

1.   Wer war in der DDR Eigentümer des Aufbau-Verlags?

 

2.   War die Erfüllung des Kaufvertrages schon anfänglich objektiv unmöglich?

Zu der Frage, wer in der DDR Eigentümer des Aufbau-Verlags war, gibt es zunächst in diesem Verfahren die rechtskräftig gewordene Entscheidung des LG Frankfurt vom 18.11.2005 (Anlage K 2), die im Rahmen einer Streitverkündung zwischen der Aufbau-Verlagsgruppe GmbH und der BVS zwischen diesen Parteien verbindlich feststellte, dass eine Umwandlung des Aufbau-Verlages in eine GmbH i. A. nach dem Treuhandgesetz nicht stattgefunden hat. Deshalb war die im Handelsregister eingetragene vermeintliche Aufbau-Verlag GmbH i. A. lediglich eine nichtige Scheingesellschaft. Sie existierte also gar nicht.

 

Nach diesem Urteil, das der BGH mit seinem Beschluss vom 8.3.2008 bestätigte, hat der Kulturbund das Eigentum am Aufbau-Verlag in der DDR nie verloren und es deswegen am 21.12.1995 wirksam an den Verleger Bernd F. Lunkewitz übertragen können. Unabhängig davon entstand zuvor „fehlerhaft“ die Klägerin durch Abschluss ihres (neuen) Gesellschaftsvertrags in Verbindung mit der Eintragung im Handelsregister am 6.8.1992 als vermögenslose Hülle, die aber nicht Rechtsnachfolger des Aufbau-Verlages wurde.

 

Ein von diesen Feststellungen abweichendes Urteil wäre eigentlich wegen der wirksamen Streitverkündung und der daraus folgenden Bindungswirkung des Frankfurter Urteils in dem nachfolgenden Verfahren zwischen diesen Parteien vor den Berliner Gerichten prinzipiell nicht mehr zulässig gewesen.

 

Um sich dieses rechtlichen Problems zu entledigen, behauptete daher sowohl das Landgericht Berlin als auch nachfolgend das Kammergericht, dass die Frankfurter Richter durch die dortige Klageabweisung, weil die Aufbau-Verlaggruppe ihr Eigentum am Aufbau-Verlag nicht nachweisen konnte, lediglich eine negative Beweislastentscheidung getroffen hätten, die keine Bindungswirkung habe und weil die Klägerin die Streitverkündungsschrift aus dem Prozess in Frankfurt in dem Verfahren vor den Berliner Gerichten nicht vorgelegt habe, sei ihr gegenteiliger Vortrag nicht näher dargelegt und daher unbeachtlich.

 

Den mehrfachen Hinweis, dieses Dokument sei sehr wohl, und zwar am 15.11.2009 als Anlage K 136, wie auch hier dokumentiert, dem Landgericht vorgelegt worden, ignorierten die Gerichte.

 

Sie übergingen auch den durch die Vorlage der Urteile (Anlage K 2, K 3) erbrachten Nachweis, dass die Frankfurter Richter nicht nur die Klage der Aufbau-Verlagsgruppe GmbH abgewiesen haben, weil diese ihr Eigentumsrecht am Aufbau-Verlag nicht nachweisen konnte, sondern dass sie ausdrücklich der Widerklage des Verlegers in diesem Verfahren stattgegeben hatten, weil er sein Eigentum am Aufbau-Verlag positiv beweisen konnte, wodurch die Bindungswirkung des Urteils eingetreten ist. 

 

Aber auch aus materiellen Gründen, unabhängig von der rechtlichen Wirksamkeit der Streitverkündung aus den Frankfurter Verfahren, steht das bis 1995 fortbestehende Eigentum des Kulturbunds am Aufbau-Verlag fest. Für die rechtliche Beurteilung der Eigentumsfrage ist es entscheidend, dass unstreitig der Kulturbund im Jahre 1946 von den Gründungsgesellschaftern alle Geschäftsanteile an dem Vermögensträger des Aufbau-Verlages, der damaligen Aufbau-Verlag GmbH, erworben hat. Damit wurde der Kulturbund unstreitig Eigentümer des Verlages.

 

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein einmal wirksam begründetes Eigentum an einem Vermögensgegenstand oder einem Recht kontinuierlich weiterbesteht und nicht ständig neu belegt werden muss. Wenn sich jemand darauf beruft, dieser Vermögensgegenstand oder dieses Recht sei untergegangen oder es habe einen Eigentumswechsel gegeben, muss er das beweisen.

 

Die Beweislast trägt also stets der, der aus der behaupteten Tatsache (hier: Eigentumswechsel) eine positive Rechtsfolge für sich ableiten will.

 

Die Klägerin hatte das Eigentum des Kulturbunds durch die Vorlage der Kaufverträge aus 1945/46 bewiesen. Wie auch alle sonstigen Beweisanträge der Klägerin, z. B. zu den Plusauflagen und dem prozessbetrügerischen Vortrag der BVS, wurden in beiden Verfahren – wohl aus „gutem“ Grund – diese Beweise von den Gerichten systematisch ignoriert.  

 

Die BVS ist aber – nicht nur in diesen Verfahren – außerstande, beim Eigentum des Kulturbunds am Aufbau-Verlag einen Wechsel – z. B. in Volkseigentum oder Eigentum der SED – auch nur substantiiert vorzutragen oder gar zu beweisen. Beide Gerichte haben im Urteil sogar selbst dazu festgestellt, dass es dafür keine eindeutigen Nachweise in den Dokumenten gibt. Folglich hätten die Gerichte vom weiterbestehenden Eigentum des Kulturbunds am Aufbau-Verlag ausgehen müssen.

 

Um sich auch dieses rechtlichen Problems zu entledigen und die Klage abweisen zu können, kehrten die Gerichte irrtümlich – nicht etwa in rechtsbeugender Absicht – einfach die Beweislast um: entscheidend sei, das die Klägerin nicht bewiesen habe, dass der Kulturbund sein Eigentum am Aufbau-Verlag nicht verloren habe. Um das behaupten zu können, mussten die Gerichte allerdings zusätzlich auch alle von der Klägerin vorgelegten Dokumente übergehen, die das Eigentum des Kulturbunds detailliert und schlüssig über alle Jahre bis nach der Wende zweifellos belegen.

 

Das Urteil des Landgerichts vom 20.10.2009 ist sonst inhaltlich kaum kritikfähig, weil es sowohl im Tatbestand als auch in der Begründung nicht nur schlicht falsch, sondern geradezu absichtlich konfus und in sich widersprüchlich und von einem erschreckenden Niveau ist. Im Antrag der Klägerin vom 16.11.2009 auf Tatbestandsberichtigung und in der Berufungsbegründung vom 27.1.2010 ist das im Einzelnen dargestellt und nachvollzogen.

 

Die Vorsitzende Richterin, Frau Weihe-Gröning, hat wohl nicht die intellektuellen Fähigkeiten, stringent und wenigstens in sich schlüssig ihr Urteil zu begründen, wenn es – gewollt oder ungewollt – nicht der Tatsachen- und Rechtslage entspricht. Es wäre halt wesentlich einfacher, für den jeweiligen Sachverhalt der Logik des Gesetzes zu folgen, über die viele kluge Menschen nachgedacht haben, als sich mit beschränkten geistigen Mitteln selbst etwas auszudenken, wenn man unbedingt ein bestimmtes „Ergebnis“ erzielen will. Man könnte meinen, manche Richter können das Recht höchstens brechen, aber nicht beugen, weil ihnen die intellektuellen Fähigkeiten dafür fehlen.

 

Dazu hier noch eine kafkaeske Episode: Das Landgericht wollte die Schwierigkeit umgehen, die sich für das gewünschte Urteil aus der Tatsache ergab, dass der Kulturbund sein Eigentum am Aufbau-Verlag in der DDR nie verloren hatte und deshalb eine Umwandlung des Betriebes nach dem Treuhandgesetz in eine GmbH i. A. ausgeschlossen und folglich Geschäftsanteile an einer Aufbau-Verlag GmbH i. A. nie entstanden waren und daher auch nicht übertragen werden konnten.

 

Dass die vermeintliche Aufbau-Verlag GmbH i. A. eine nichtige Scheingesellschaft war, führt nämlich zwangsläufig zur Anwendung des § 306 BGB a. F., nach dem ein Vertrag nichtig ist, wenn er auf eine von Anfang an objektiv unmögliche Leistung gerichtet war. Diese Feststellung wollte das Landgericht irgendwie vermeiden.

 

In der mündlichen Verhandlung am 30.6.2009 versuchte Frau Weihe-Grönig deshalb unbedingt an der Existenz einer GmbH i. A. mit abtretbaren Geschäftsanteilen festzuhalten und vertrat die fantasievolle These, die Aufbau-Verlag GmbH i. A. sei am 1.7.1990 durch „Creatio ex nihilo“ – also aus dem „Nichts“ – als Eigentum der BVS entstanden und durch deren Übertragung habe die BVS den Kaufvertrag erfüllt. Dass dieses „Gebilde aus Nichts“ nicht Rechtsnachfolger des Aufbau-Verlages geworden wäre, spielte dabei keine Rolle. Nach deutlicher Klarstellung durch die Klägervertreter in dem Schriftsatz vom 20.7.2009 findet sich der Terminus der „creatio ex nihilo“ in der Urteilsbegründung nicht mehr.

 

Dort wird – konfus und widersprüchlich – allerdings darauf abgestellt, dass die Übertragung „einer leeren Hülle“ eine „Privatisierung im Sinne des Treuhandgesetzes“ gewesen sei, und die Übertragung von „Gesellschaftsanteilen“, „denen wirtschaftlich kein Wert zukam, beziehungsweise die rechtlich nicht existierten“ möglich und damit der Kaufvertrag erfüllbar gewesen sei, andererseits aber „letztlich das, was verkauft werden sollte, nämlich der in eine GmbH i.A. umgewandelte Aufbau-Verlag, nicht existent war, so dass hier anfängliche Unmöglichkeit anzunehmen ist“. Die sich daraus ergebenden Ansprüche seien aber verjährt. Insgesamt ist aus dem Urteil nicht eindeutig erkennbar, aus welchen rechtlichen Gründen die Klage abgewiesen wurde. Eventuell hat das Gericht die Ansprüche für verjährt halten wollen?

 

Das Kammergericht hat nach der Berufungsbegründung die These der Verjährung als aussichtslos fallengelassen, war dafür aber mit seinen sonstigen „Begründungen“ noch kreativer. Es prüfte erst gar nicht, ob die beklagte BVS beweisen konnte, ob, wie und wann der Kulturbund das unstreitig 1945 begründete Eigentum am Aufbau-Verlag irgendwann verloren hatte, sondern schob die Beweislast dafür, dass der Kulturbund sein Eigentum nicht verloren hat, der Klägerin zu und stellte dann zynisch fest, dass es dafür in den vorgelegten Unterlagen keine eindeutigen Hinweise gibt und folglich „die Klägerin nicht bewiesen hat, dass der Kulturbund Eigentümer des Aufbau-Verlages geblieben ist.“

 

Die Unzulässigkeit der Beweislastumkehr bei negativen Tatsachen (wie kann ein Ereignis bewiesen werden, das nicht stattgefunden hat?) war selbst diesen Richter klar. Deshalb haben sie diese Feststellung, die wohl nur eine Verbeugung vor der beklagten Obrigkeit war, dann sogleich als nicht entscheidungserheblich bezeichnet und ihr Urteil auf andere Gründe gestützt, die nicht weniger absurd sind.

 

Der für dieses Verfahren einschlägige § 306 a. F. BGB besagt, dass ein Vertrag nichtig ist, wenn er auf eine von Anfang an objektiv unmögliche Leistung gerichtet ist. Bei der Übertragung von Rechten ist das z. B. dann der Fall, wenn das Recht zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses aus Rechtsgründen nicht (mehr) besteht und auch nicht mehr entstehen und deshalb auch von niemand verschafft werden kann. Der § 307 a.F. BGB regelt die Rechtfolge: wenn dem Verkäufer die Nichtexistenz des verkauften Rechts bekannt war oder hätte bekannt sein müssen, haftet er dem Käufer für dessen Kosten und vergeblichen Aufwand („negatives Interesse“).

 

Daher war die Beantwortung der Frage „War die Erfüllung des Kaufvertrages schon anfänglich objektiv unmöglich?“ für die Entscheidung des Rechtsstreit von grundlegender Bedeutung.

 

Das Kammergericht unterstellte „zugunsten der Klägerin“ nun – zutreffend – der Aufbau-Verlag war in der DDR niemals Volkseigentum, sondern ein organisationseigener Betrieb des Kulturbunds. Deshalb unterfiel er nicht den Bestimmungen des Treuhandgesetzes, nach denen nur volkseigene Betriebe in Kapitalgesellschaften der BVS umgewandelt wurden. Daher konnte er zum Stichtag 1.7.1990 nicht in eine GmbH i. A. im Eigentum der BVS umgewandelt werden. Die vermeintliche Aufbau-Verlag GmbH i. A. war somit zum Zeitpunkt des Verkaufs eine nicht existierende Scheingesellschaft.

 

Die völlig unbefangenen Richter des Kammergerichts kamen aber auf eine verblüffende Volte: Obwohl der Stichtag 1.7.1990 der gesetzlichen Umwandlung der volkseigenen Betriebe bei Vertragsabschluss längst vorbei war und auch das Institut des Volkseigentums mit Ablauf des 2.10.1990 ersatzlos entfallen war, wodurch bei Vertragsabschluss in 1991/92 die verkauften Gesellschaftsanteile nicht existierten und aus Rechtsgründen auch nicht mehr entstehen konnten, sei aber vor dem 1.7.1990 die Entstehung solcher Geschäftsanteile „ihrer Art nach“ möglich gewesen.

 

Die objektive anfängliche Unmöglichkeit der vertraglich geschuldeten Übertragung der Geschäftsanteile an der Aufbau-Verlag GmbH i. a. bestünde hier deshalb nicht, weil viele andere – volkseigene – Unternehmen nach dem Treuhandgesetz in GmbH i. A. umgewandelt wurden. Der Aufbau-Verlag wäre ja durchaus nach dem Treuhandgesetz umgewandelt worden, wenn er vor dem Stichtag vom 1.7.1990 in Volkseigentum geraten wäre. Die Entstehung einer Aufbau-Verlag GmbH i. A wäre dann möglich gewesen. Damit sei die Anwendung des § 305 BGB a. F. in diesem Fall ausgeschlossen.

 

In der drastischen Jägersprache gibt es für diese Scheinlogik des Kammergerichts den Satz: „Wenn der Fuchs nicht geschissen hätte, hätte er einen Hasen gefangen.“ Denn natürlich ist richtig: die gesetzliche Frist wäre nicht versäumt worden, wenn man sie eingehalten hätte. Auch Kafka würde noch leben, wenn er nicht gestorben wäre. Die Richter Neuhaus, Schönberg und Frey des Kammergerichts könnten aber nach ihrer Ansicht trotzdem heute wirksam einen exklusiven Urheberrechtsvertrag über Kafkas Texte abschießen, obwohl aus rechtlichen Gründen – Ablauf des Urheberrechtsschutzes 70 Jahre nach dem Tod des Autors – das prinzipiell nicht möglich ist. Diese Richter könnten sogar einen exklusiven Verlagsvertrag über einen von Franz Kafka noch zu schreibenden zweiten Band des Romans „DER PROZESS“ wirksam abschließen und den Romanstoff – samt Happy End – durch ihre Prozessführung gleich mitliefern.

 

Die Übertragung der Verlagsrechte eines Autors auch an noch nicht geschriebenen Romanen ist durchaus möglich – wenn der Autor noch lebt – und sogar üblich und zweifellos können solche Rechte „ihrer Art nach“ entstehen. Im Happy End des Romans „DER PROZESS 2. Teil“ wird dann am 1.7.1990 die BVS Eigentümer einer Aufbau-Verlag GmbH i. A., weil der Kulturbund vorher den Aufbau-Verlag in Volkseigentum übertragen hätte. Im wirklichen Leben hat er das aber nicht getan und nach 1990 war es aus Rechtsgründen objektiv unmöglich.

 

Die BVS hat aber am 18.9./27.9.1991 und am 24.11.1992 Geschäftsanteile (Rechte) an einer angeblichen GmbH i. A. verkauft, die nie existierten und die „von Anfang an“ bei oder nach Vertragsschluss aus Rechtsgründen auch nicht (mehr) entstehen konnten. Das ist ein klarer Fall der von Anfang an, nämlich bei Vertragsschluss, bestehenden objektiven Unmöglichkeit der konkret geschuldeten Leistung aus dem abgeschlossenen Vertrag. Die zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt in 1991 und 1992 geschuldete Leistung war die Übertragung von bestehenden Anteilen an GmbH i. A., nicht deren hypothetische Schaffung oder Entstehung durch eine „mögliche“ Umwandlung nach dem Treuhandgesetz zum Stichtag 1.7.1990, was auch noch eine vorherige wirksame Übertragung des Eigentums an den Unternehmen in das Volkseigentum zur Voraussetzung gehabt hätte.

Genau für diese Fälle der anfänglich objektiven Unmöglichkeit war die Regelung des § 305 BGB a. F. vorgesehen.

 

Diese eindeutige Rechtslage hätte konsequent zur Stattgabe der Klage führen müssen, wodurch das Fehlverhalten der BVS gerichtlich bestätigt worden wäre. Neben der wohl als unangenehm empfundenen Selbstkorrektur der Berliner Rechtsprechung zur Privatisierung der Verlage und den politischen Auswirkungen wären im Ergebnis erhebliche Schadensersatzzahlungen aus dem Bundeshaushalt erforderlich gewesen, was die Richter am Kammergericht Neuhaus, Schönberg und Frey durch ihr Urteil dem dankbaren Bundesfinanzminister erspart haben.

 

Da ist es schon fast nachvollziehbar, dass und warum der VIII. Senat des BGH, der sonst Monate oder gar Jahre für seine Entscheidungen benötigt, bei seiner rasanten Überprüfung dieses Urteils zu dem schnellen Ergebnis gekommen ist, die Beschwerde über die Nichtzulassung der Revision zurückzuweisen.

 

Denn stattgegeben wird einer solchen Beschwerde nur, wenn die Klage Aussicht auf Erfolg hätte – dazu hat der VIII. Senat des BGH hier geschwiegen – und die Sache grundsätzliche Bedeutung dadurch erlangt, dass andere Gerichte der falschen Entscheidung folgen könnten, so dass an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen ein erhebliches öffentliches Interesse besteht.

 

Weil die in den angegriffenen Urteilen enthaltenen groben Fehler so offensichtlich sind, war – auch das eine kafkaeske Wendung – schon deshalb die Beschwerde zurückzuweisen, denn gerade die Offensichtlichkeit der Fehler schließt nach der Rechtsprechung des BGH schon die Gefahr ihrer ständigen Wiederholung durch andere Gerichte aus.

 

Dass bei einer Schadensersatzklage gegen den Bundeshaushalt mit einem Streitwert von mindestens 30 Millionen € überhaupt kein „öffentliches Interesse“  an der Fortsetzung des Rechtsstreits besteht, liegt auf der Hand. Das öffentliche Interesse würde wahrscheinlich erst dann bestehen, wenn umgekehrt die Behörden einen Klageanspruch in dieser Höhe durchsetzen wollten.

 

 

Bernd F. Lunkewitz

 

„PLUSAUFLAGEN“ – Staatskriminalität auf beiden Seiten

KAPITEL 1

Unmittelbar nach der Wende wurden die Ermittlungsbehörden in Berlin von einer Welle der politisch gefärbten Wirtschaftskriminalität in der zusammenbrechenden DDR überrollt. Erst Monate später hatten die Staatsanwaltschaft Berlin, die Unabhängige Kommission und die Treuhandanstalt ihre Strukturen darauf eingestellt und führten breit angelegten Ermittlungen, insbesondere gegen Verantwortliche der SED/PDS durch.

Eines dieser Ermittlungsverfahren hatte gravierende Auswirkungen auf den Aufbau-Verlag. Seine Auswirkungen beschädigten durch die Aufdeckung von vertragswidrig verbreiteten „Raubdrucken“ („Plusauflagen“) durch den Aufbau-Verlag den Ruf des Verlages in der gesamten Branche und führten zum Verlust wichtiger Autorenrechte (z. B. Heinrich Mann) und zu einer ernsthaften Existenzkrise des Verlages, denn Betrug an den eigenen Autoren ist – zu recht – normalerweise das Ende jeder verlegerischen Existenz.

Erst sehr viel später, im Jahre 2006, erhielt der Verleger Bernd F. Lunkewitz durch Einsicht in alte Gerichtsakten beweiskräftige Dokumente, die belegten, dass die Treuhand bereits vor dem Verkauf der Verlage die Existenz der Plusauflagen gekannt und sogar mit der Staatsanwaltschaft und Kripo bei den Ermittlungen kooperiert, aber ihm gegenüber bei Vertragsabschluss und auch später diese Umstände geheim gehalten hatte.

Durch die Entdeckung dieser Dokumente wurde auch klar, dass die kriminelle Treuhandbande noch mehr Mitglieder hatte als bisher angenommen und wahrscheinlich bis in die oberste Führungsspitze der THA reichte. Angewidert von der Niedertracht dieser Mitarbeiter der Treuhand und nach gründlicher Abwägung der Bedeutung dieses Schrittes, der seine bisher unbedingte Solidarität mit der Aufbau-Verlag GmbH, nicht aber mit dem Aufbau-Verlag, beendete, erklärte er am 26.6.2007 die Anfechtung der Kaufverträge mit der Treuhand wegen arglistiger Täuschung (Anlage K 85).

(Anmerkung:

1. die an den systematischen Betrugs- und Untreue- oder Fälschungshandlungen beteiligten Mitarbeiter oder Erfüllungsgehilfen der Treuhandansstalt oder der Unabhängigen Kommission werden hier zusammenfassend als „Treuhandbande“ bezeichnet, um sie von der überwiegenden Zahl der gesetzmäßig handelnden Mitarbeiter dieser Behörden abzugrenzen.

2. Alle in Bezug genommenen Anlagen können im Verfahren „Aufbau-Liquidationsgesellschaft vs. Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben“ unter der jeweils genannten Nummer eingesehen werden.)

Diese verwickelte Kriminalgeschichte der Betrüger in der SED und der „Treuhandbande“, einer kriminellen Vereinigung in der Treuhandanstalt und den anderen beteiligten Behörden, wurde in der Folge der Wende in der DDR im Frühjahr 1990 in Berlin durch die Gründung einer Belvedere GmbH durch Treuhänder der SED ausgelöst. Dieser Gesellschaft übertrug die SED sieben Hotels und überwies ihr zusätzlich 66 Millionen DM als ungesichertes zinsloses Darlehen, ganz offensichtlich in der Absicht, Parteivermögen zu verstecken. Nachfolgend kam es zu hier nicht interessierenden Missbrauch und ungerechtfertigten Zahlungen an Verantwortliche des Unternehmens.

In dem Bericht der Unabhängigen Kommission vom 25.8.1998 (Drucksache 13/10900 des Deutschen Bundestages) ist auf Seite 210 dazu ausgeführt:

„Durch eine Strafanzeige des neuen Geschäftsführers der Belvedere GmbH am 22. November 1990, die zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bei der Staatsanwaltschaft II bei dem Landgericht Berlin führte, erhielten die UKPV und die THA Kenntnis von dieser Gesellschaft und der ursprünglichen Eigentümerstellung der PDS. Nach Prüfung des Sachverhalts teilte die THA am 25. März 1991 allen beteiligten Banken mit, dass die Belvedere GmbH der treuhänderischen Verwaltung durch die THA unterliege.“

Nachdem das Ermittlungsverfahren (1 Bt Js 330/90) ursprünglich nur wegen der Untreuehandlungen gegen die Belvedere GmbH eingeleitet worden war, veranlasste nunmehr die von der Staatsanwaltschaft informierte Treuhandanstalt über ihre beim Vorstand angeordnete „Stabsstelle für besondere Aufgaben“ im Direktorat Recht im Einvernehmen mit der Unabhängigen Kommission weiter gehende Ermittlungsmaßnahmen gegen Verantwortliche der PDS wegen Untreue zum Nachteil des unter der Zwangsverwaltung der Treuhandanstalt stehenden Altvermögens der SED mit dem Ziel, den Verbleib des Parteivermögens aufzuklären.

Am 20. und 21. August 1991 wurden bei Durchsuchungen u. a. der Wohnung und des Büros des damaligen Finanzverwalters der PDS, Herrn Dr. Gerd Pelikan, umfangreiche Unterlagen über das  Parteivermögen der SED/PDS sichergestellt.

Als Zufallsfund sicherte die Kripo dabei auch ein Schreiben vom 28.11.1990 eines Herrn Dieter Lange, Hauptabteilungsleiter im Ministerium für Kultur der DDR, an seinen ehemaligen Vorgesetzten, den langjährigen Leiter der HV Verlage und stellvertretenden Minister für Kultur der DDR, Klaus Höpcke, der in diesen Tagen aus dem Ministerium ausgeschieden und zum Mitglied des Präsidiums der SED/PDS gewählt worden war. Darin erklärte Lange, dass u. a. der Aufbau-Verlag seit Anfang der sechziger Jahre auf Anweisung der SED und der Hauptverwaltung Verlage des Ministeriums zusätzlich zu den mit westlichen Lizenzgebern vereinbarten Auflagenhöhen sogenannte „Plusauflagen“ („im internationalen Sprachgebrauch: RAUBDRUCKE !“ hergestellt hatte.

Die Verlage hatten die dafür anfallenden Honorare – ca. eine Millionen Mark jährlich – zwar an die HV Verlage abgeführt, aber das Geld war nicht – in Devisen – an die westlichen Vertragspartner, sondern an die Hauptkasse des ZK der SED weitergeleitet worden.

Die Staatsanwaltschaft eröffnete umgehend ein weiteres Ermittlungsverfahren u. a. gegen Verantwortliche des Aufbau-Verlages wegen „Verdacht des Betrugs in Tateinheit mit Vergehen nach dem Urheberrechtsgesetz“ (Anlage K 74) und informierte gleichzeitig die „Stabsstelle für besondere Aufgaben“ und bat sie um sachdienliche Auskünfte, da die betroffenen Verlage als Unternehmen der Treuhand geführt wurden.

Die Stabsstelle für besondere Aufgaben wurde von Herrn Dr. Hans Richter geleitet, einem erfahrenen Staatsanwalt aus Stuttgart, der dafür vom Land Baden-Württemberg beurlaubt worden war. Seine Aufgabe war es, die Zusammenarbeit der Treuhand mit den Ermittlungsbehörden bei allen Verdachtsfällen gegen Personen aus dem Bereich der Treuhand oder der zu ihr gehörenden Unternehmen zentral zu koordinieren und die Leitungsebene der Treuhand umfassend zu informieren.

In seiner Position tauschte Dr. Richter zu dieser Zeit fast täglich mündlich und schriftlich ausführlich die jeweils anfallenden Informationen über Verdachtsfälle mit Herrn Kriminaloberrat Uwe Schmitt, dem Ermittlungsführer der Kripo Berlin für solche Straftaten aus.

Herr Dr. Richter hat im Jahre 2013 in einem Telefongespräch erklärt, die damaligen Ermittlungen und Erkenntnisse der Stabsstelle zu den Plusauflagen seien jeweils chronologisch nach Eingangsdatum und Sachgebiet geordnet und „penibel dokumentiert“ worden. Die betreffenden Akten seien getrennt von den sonstigen Akten der Treuhand aufbewahrt worden und auch heute noch vorhanden.

Daher sei es im Prinzip jederzeit sehr einfach festzustellen, wann, von wem und unter welchen Umständen die Treuhand von den Plusauflagen Kenntnis erlangt und welche Maßnahmen sie getroffen habe. Das würde allerdings voraussetzen, dass die Treuhand Einsicht in diese Akten gewährt oder dass die damit befassten Gerichte deren Vorlage anordnen. Die berüchtigte 9. Kammer des Landgerichts Berlin und die Richter des 10. Zivilsenats des Kammergerichts haben das im Verfahren der Aufbau-Liquidationsgesellschaft abgelehnt und in ihren Urteilen auf Seite 24 (LG), bzw. Seite 39 (KG) den Vortrag der Klägerin beiseite gewischt.

Doch bereits aus den im damaligen Strafverfahren gegen Mitarbeiter des Verlages angelegten Gerichtsakten geht hervor, dass Herr KOR (Kriminaloberrat) Schmitt am 2. Oktober 1991 einen Vermerk (Anlage K 74) unterzeichnete, in dem er den bis dahin ermittelten Sachverhalt darlegte und dann feststellte:

Auszug aus Anlage K 74

Auszug aus Anlage K 74

Der zuständige Staatsanwalt Dorsch notierte in seinem Vermerk vom 4.10.1919 (Anlage K 75), dass die Treuhand, Dr. Richter, auf die besondere Eilbedürftigkeit der Ermittlungen hingewiesen habe. Ebenso in dem Vermerk (Anlage K 76) an das Amtsgericht Tiergarten: „die Kripo, Herr Schmitt und die THA, Dr. Richter, wiesen auf die besondere Eilbedürftigkeit hin“ und beantragte den Erlass eines Durchsuchungsbefehls für die Geschäftsräume des Aufbau-Verlages.

Die „besondere Eilbedürftigkeit“ ergab sich allein nur daraus, dass sich die Treuhand zu dem Zeitpunkt, in dem Dr. Richter die Auskünfte an die Kripo erteilte, kurz vor dem Abschluss der Verhandlungen mit den Investoren über den Kauf des Aufbau-Verlages stand und dass die Treuhand diesen Vertrag – trotzt oder sogar gerade wegen der Ermittlungen zu den Plusauflagen – unbedingt abschließen wollte.

Dr. Richter hatte die Kripo laut Vermerk vom 2.10.1991 über Details der Kaufverhandlungen und der Käufer informiert, die er selber nur vom Referat Printmedien der Treuhand erfragte haben kann. Daraus ergibt sich, dass nicht nur der Vorstand der Treuhand, dem Dr. Richter ständig zuarbeitete, sondern auch Mitarbeiter des Referats Printmedien von den Ermittlungen zu den Plusauflagen wussten.

Der am Schluss des Vermerks enthaltene Hinweis auf Herrn Faber und die „vagen Anhaltspunkte“ beleuchten aber auch die westlich geprägte Denkweise der Kriminalisten:

Die Vorstellung, Elmar Faber habe möglicherweise die Beute aus den Plusauflagen irgendwo versteckt und versuche nun über Strohmänner dieses Geld für den Kauf des Verlages zu verwenden, blendet die realen Verhältnisse in der DDR völlig aus. Dass es sich bei den Plusauflagen, die ja in der Zeit vor der Wende stattfanden, um Staatskriminalität (der DDR) handelte, hätte eigentlich jedem klar sein müssen. Zwar gab es auch in der DDR Fälle von Veruntreuung und Betrug durch Privatpersonen, aber es war vor der Wende für Privatpersonen unmöglich, Millionenbeträge zur persönlichen Bereicherung zu ergaunern oder gar unauffällig über Konten abzuwickeln.

In Ihrem Eifer, die Staatskriminalität der DDR aufzuklären und zu bekämpfen, wirkten die wackeren Kämpfer für die staatliche Ordnung der Bundesrepublik nun aber – unbewußt – daran mit, dass es auf der westlichen Seite, bei der Treuhand, zu staatlicher Kriminalität im Fall der Plusauflagen kam:

Die Stabsstelle für besondere Aufgaben war von der Kripo unverzüglich nach dem Fund des Schreibens vom 28.11.1990 über den Verdacht des Lizenzbetruges durch die betreffenden  DDR-Verlag zu Lasten westlicher Lizenzgeber in Höhe von bis zu 30 Millionen DM informiert worden. Dr. Richter unterrichtete seinerseits umgehend den Vorstand der Treuhand über diese politisch, wirtschaftlich und vor allem publizistisch brisanten Umstände. Diese schlechten Nachrichten kamen gerade noch rechtzeitig vor dem Verkauf der Verlage.

Daher verweigerte der Vorstand der Treuhand unter einem Vorwand die Genehmigung des mit seiner Kenntnis in mehreren Wochen verhandelten und vom Direktorat Privatisierung, Referat Printmedien, bereits unterzeichneten notariellen Kaufvertrages vom 18. 9. 1991 (Anlage K 132) mit der BFL-Beteiligungsgesellschaft. Um die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht zu gefährden, verschwieg die Treuhandanstalt Herrn Lunkewitz, dem Geschäftsführer und Gesellschafter der BFL Beteiligungsgesellschaft, die als Käuferin vorgesehen war, die wahren Gründe für diese Entscheidung.

Der Abteilungsleiter des Referats Printmedien, Herr Clemens Molinari,  erklärte stattdessen Herrn Lunkewitz, der Vorstand stimme dem Kaufvertrag nicht zu, weil er, aus der Immobilienbranche kommend, keine Branchenerfahrung im Verlagsgeschäft habe und daher nicht geeignet sei, den Aufbau-Verlag zu erwerben.

Nach dem Einwand, dass seine Herkunft aus der Immobilienbranche seit Beginn der Verhandlungen bekannt gewesen sei und mit dem seit zehn Jahren den Verlag erfolgreich führenden Verlagsleiter Elmar Faber ein ausgewiesener Fachmann zur Verfügung stehe, und die bisher allein vorgesehene Käuferin, die BFL GmbH, jederzeit weitere Experten aus der Verlagsbranche beteiligen könne, erklärte Herr Molinari, dass bei einer Beteiligung weiterer Fachleute der Verkauf doch möglich sei. Er werde dies mit seinen Vorgesetzten klären. Schon am nächsten Tag signalisierte Herr Molinari das Einverständnis der Treuhand und akzeptierte die vorgeschlagenen weiteren Gesellschafter Dr. Wechsler, Dr. Kossack und Thomas Grundmann. Er erklärte sich bereit – als Kompensation für den Aufwand für den nicht genehmigten Vertragsabschluss in Berlin – den abzuschließenden Änderungsvertrag selbst zu verhandeln und dafür sogar nach Frankfurt kommen.

Am 27.9.1991 kam es in Frankfurt am Main zu den abschließenden Kaufverhandlungen zwischen der Treuhand und den Investoren und der Unterzeichnung des Kaufvertrages gleichen Datums (Anlage K 133).

Es gab dabei nur ein für die Käufer neues Thema: Wenige Tage vorher war überraschend der langjährige Verlagsleiter Elmar Faber von der Treuhand mit sofortiger Wirkung beurlaubt, mit Hausverbot belegt und anschließend fristlos entlassen worden. Dr. Faber schilderte in einem Telefongespräch den Käufern, dass er kurzfristig zur Treuhand einbestellt worden sei, um die dort vorbereitete Erklärung zu unterzeichnen, dass er nie für die Stasi gearbeitet habe. Als er sich weigerte, die Erklärung in der von der Treuhand verlangten Formulierung abzugeben, sei es zu einem Streit gekommen und die Abberufung und Kündigung ausgesprochen worden. Diese Einlassungen konnten die Käufer nicht überprüfen, denn bei den Vertragsverhandlungen in Frankfurt bestätigte zwar Herr Molinari die Entlassung von Herrn Faber, verweigerte aber jede Rechtfertigung. Als Herr Lunkewitz erklärte, die Treuhand könne doch nicht ein Unternehmen verkaufen und anschließend bestimmen, wer dort Geschäftsführer sei, verlangte Herr Molinari den Abschluss einer weiteren Urkunde, mit der die zukünftige Berufung Fabers zum Geschäftsführer des Verlages von der Zustimmung der Treuhand abhängig gemacht wurde.

Auszug aus Vereinbarung Molinari, Lunkewitz

Auszug aus Urkunde Nr. 367/91 des Notars Dr. Paul vom 27.9.1991

Auf Verlangen der Treuhand wurde Herr Faber auch als Gesellschafter des Verlages im Kaufvertrag gestrichen. Damit war, auf Veranlassung der Treuhand selber, der Aufbau-Verlag tatsächlich ohne erfahrene verlegerische Führung, die jedenfalls so schnell auch nicht von dem neuen Verleger selbst hätte geleistet werden können. Das erklärt möglicherweise, warum der Vorstand den Kaufvertrag erst genehmigt hatte, als aus seiner Sicht die Führung des Verlages durch Fachleute aus der Branche gewährleistet war, denn er wollte sich wohl in der nachfolgenden Entwicklung nicht auch noch dem Vorwurf aussetzen, den Aufbau-Verlag ohne kompetente Geschäftsleitung verkauft zu haben.

Den tatsächlichen Grund für die fristlose Entlassung Elmar Fabers war aber nicht eine von der Treuhandanstalt erfundene Stasi-Verstrickung, sondern die den ahnungslosen Käufern unbekannten Erkenntnisse der Treuhandanstalt über die Plusauflagen und das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, Diese gravierenden Mängel der Kaufsache, die ganz offensichtlich gegenüber den Käufern mitteilungspflichtig waren, erwähnte Herr Molinari nicht. Erst Recht nicht die damals erkennbare Haftung des Verlages aus den Lizenzverstößen in Höhe von bis zu 30 Millionen DM, die allein schon zur extremen Überschuldung des Unternehmens führte.  

In rechtsstaatlichen Verhältnissen ist das (vorsätzliche) Verschweigen solcher gravierender Mängel der Kaufsache ein Eingehungsbetrug zu Lasten der Käufer und führt nach Anfechtung nicht nur zur Unwirksamkeit des Vertrages, sondern kann unabhängig davon mit einer Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden. Aber die Treuhand stand damals – und steht heute – über dem Gesetz.

Am 2.10.1991 – am gleichen Tag unterzeichnete Herr KOR Schmitt den Vermerk der Kripo – erklärte Herr Molinari in einem persönlichen Gespräch mit Herrn Lunkewitz, dass der Vorstand der Treuhand die Genehmigung des Kaufvertrages unterzeichnet habe. Als Tag der Übergabe des Verlages wurde einvernehmlich Montag, der 7.10.1991, vereinbart. Das war der Tag vor der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse.

Zusammengefasst ergibt sich bis zum 7.10.1991:

1.     Die Stabsstelle der Treuhand wurde im August 1991 über den Verdacht des Betruges in Tateinheit mit Lizenzvergehen gegen Mitarbeiter des Aufbau-Verlages informiert.

2.     Die Treuhand kannte seither den potentiellen Schaden für den Aufbau-Verlag: bis zu 30 Millionen DM Haftung für Lizenzgebühren, möglicher Verlust von Autorenrechten, unübersehbare Rufschädigung.  

3.     Die Treuhand leistete nachfolgend aktive Amtshilfe bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

4.     Die Treuhand entließ – unter einem Vorwand – den aus ihrer Sicht für die Plusauflagen hauptverdächtigten Dr. Faber und hatte deshalb schon vor dieser Maßnahme auf der Beteiligung von „Fachleuten“ bestanden.

5.     Die Treuhand kannte die bevorstehenden weiteren Ermittlungsschritte der Staatsanwaltschaft und deren „besondere Eilbedürftigkeit“, die wiederum in den Verkaufsbemühungen der Treuhand begründet war.

6.     Die Treuhand wusste, dass die Käufer über alle diese Umstände keine Kenntnis hatten und auch nicht haben konnten, da sie diese Umstände vor und bei Vertragsabschluss und auch danach gegenüber den Käufern verschwiegen hatte.

7.     Die Käufer gingen nach Ablauf des bis zum 4.10.1991 vertraglich vereinbarten Rücktrittsrechtes am 7.10.1991 davon aus, dass der Vertrag nunmehr wirksam abgeschlossen und der Kaufpreis zu zahlen ist. Sie freuten sich darauf, den Erwerb des Aufbau-Verlages am nächsten Tag bei der Eröffnung der Buchmesse in Frankfurt zu verkünden und in der Branche auf die guten Perspektiven für die Arbeit des bedeutendsten Verlages aus der DDR hinzuweisen.

KAPITEL 2

Am Morgen des 7.10.1991 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Berlin mit großem Polizeiaufgebot die Büros des Aufbau-Verlags in der Französischen Straße 32 und andere Räume in Berlin und informierte die Öffentlichkeit über die Vorwürfe gegen die Verdächtigen, insbesondere gegen den Aufbau-Verlag.

Das bundesweite Medienecho war entsprechend (Anlage K 77). Auf der Frankfurter Buchmesse waren die Lizenzverstöße des Aufbau-Verlages auch bei ausländischen Verlagen das Gesprächsthema und führten sogar zu einem generellen Misstrauen internationaler Verlage in die Zuverlässigkeit deutscher Lizenzpartner. Der Aufbau-Verlag hatte seinen bis dahin guten Ruf in der gesamten Branche verloren. Viele Verleger und Buchhändler ließen das in den folgenden Jahren den Verlag spüren.

Die Pressemeldungen am 7.10.1991 führten auch zu dem Telefonanruf der Unabhängigen Kommision bei der Treuhand, Herrn Molinari, mit dem der Verkauf des Aufbau-Verlages unter den Vorbehalt der Zustimmung der Unabhängigen Kommission gestellt wurde (Anlage K 80). Die Betrugsfälle „Plusauflagen“ und „Eigentum am Aufbau-Verlag“ als gemeinsame kriminelle Handlungen der Treuhandbande waren seither miteinander verknüpft. (siehe: „Treuhandanstalt und die kriminelle Vereinigung).

Am 17.10.1991 erhielt der Notar in Frankfurt die vom Vorstand der Treuhand unterzeichnete Genehmigungsurkunde vom 1.10.1991 für die abgeschlossenen Kaufverträge mit einem Begleitschreiben der Treuhand, in dem sie erklärte, dass „alle zwischenzeitlich den Käufern des Aufbau-Verlages bis heute bekannt gewordenen bzw. bekannt gegebenen weiteren Entwicklungen bei den zu übernehmenden Verlagen als offenbart zu betrachten sind.“ (Anlage 70).

Durch dieses Schreiben, dass offensichtlich der Exkulpierung der Treuhand hinsichtlich der Plusauflagen dienen sollte, hat die Treuhand aber gerade bestätigt, dass sie die Käufer vor und bei Vertragsabschluss nicht über die „Entwicklungen“ informiert hatte. Das war auch insofern konsequent, weil die Treuhand auch später gegenüber den Käufern stets angegeben hatte, von den Plusauflagen und den Ermittlungen dazu nichts gewusst, bzw. erst durch die Durchsuchungsaktion am 7.10.1991 aus der Presse davon erfahren zu haben.

Die Käufer hatten dieses Schreiben von der Treuhand vorab per Fax erhalten. Vertragsgemäß zahlten sie sofort den Kaufpreis in Höhe von 1 Millionen DM und die vertraglich vereinbarten Leistungen an die Aufbau-Verlag GmbH i. A. in Höhe von 3 Millionen DM und antworteten mit Schreiben vom 14.10.1991 (Anlage K 84), in dem sie voller Vertrauen in die Integrität der Treuhand um deren zukünftigen Beistand bei der Bewältigung der möglichen finanziellen Folgen aus den Plusauflagen baten.

Die Käufer kannten – im Gegensatz zur Treuhand – noch immer nicht die potentielle Höhe der Schäden aus den Plusauflagen. Dr. Faber erklärte intern, dass höchstens ein niedriger fünfstelliger Betrag anfallen könnte, so dass die Gesellschaft für den Jahresabschluss 1991 eine Rückstellung in Höhe von DM 100.000 beschloss.

Der neue Verleger Bernd F. Lunkewitz beauftragte umgehend die Geschäftsleitung, den genauen Umfang der Plusauflagen und alle Geschädigten zu ermitteln. Die Staatsanwaltschaft war dazu nicht in der Lage. Sie hatte ohne Kenntnis des Verlagsgeschäfts zwar zahlreiche Akten beschlagnahmt, darunter sämtliche Lizenzverträge, aber die Höhe der Plusauflagen konnte man gerade nicht daraus, sondern aus den nicht beschlagnahmten Unterlagen über Druckaufträge ersehen, die allerdings sehr aufwändig überprüft werden mussten.

Der Verleger entschied, dass der gesamte Umfang der Plusauflagen ermittelt und alle Betroffenen entschädigt werden, auch wenn sie selber bisher von den Lizenzverstößen keine Kenntnis hatten. Statt des von der Treuhand und der Kripo befürchteten „Beweismittelverlusts“ ergab sich also durch den Verkauf des Verlages überhaupt erst die vollständige Aufklärung der Plusauflagen des Aufbau-Verlages. Anfang 1992 lag der erste Bericht der Wirtschaftsprüfer vor:

Die nicht an die westlichen Vertragspartner gezahlten Lizenzgebüren summierten sich allerdings auf mehr als 8 Millionen DM, der daraus drohende Schaden wegen der bei Lizenzverstößen üblichen Strafzahlungen und Zinsen war mehr als doppelt so hoch. Die Realsierung schon dieser Verbindlichkeiten würden sofort zur Überschuldung und damit zur Insolvenz des Aufbau-Verlages führen. Unabhängig davon stellten die Wirtschaftsprüfer fest, dass die in den Kaufverhandlungen angegebenen Bilanzwerte unzutreffend waren, was Wertberichtigungen in Höhe von 7 Millionen DM notwendig machte.

Der Verleger wandte sich telefonisch an den Verhandlungsführer der Treuhand, Herrn Clemens Molinari, und verlangte, dass die Treuhand den Aufbau-Verlag von den Ansprüchen aus den Plusauflagen freistelle und die vereinbarte Entschuldung des Verlages neu verhandelt werden müsse. Die Antwort auf dieses Verlangen war ernüchternd und entlarvte das Selbstverständnis der Treuhand. Herr Molinari erklärte: „Wir verkaufen Chancen und Risiken. Sie haben ein Risiko gekauft. Am Besten machen Sie den Laden dicht.“

Als nach mehreren vergeblichen Versuchen, die Treuhandanstalt zur Hilfe für den Aufbau-Verlag zu bewegen, die Angelegenheit wegen der anstehenden Bilanzaufstellung immer dringender wurde, sandte schließlich am 24.3.1992 der Verleger einen von Rechtsanwalt Schrader entworfenes Schreiben (Anlage K 96) an den Vorstand der Treuhand.

In dem Schreiben wurde unter Bezugnahme auf die Wirtschaftsprüfer des Verlages die wegen der Plusauflagen drohende Überschuldung und damit die Insolvenzreife der Gesellschaft dargestellt und erneut die Abgabe einer – beigefügten – Freistellungserklärung gefordert.  Ohne allerdings dafür irgendwelche Anhaltspunkte oder Belege zu haben, wird in dem Schreiben der Treuhand vorgeworfen, dass sie bereits bei Abschluss der Kaufverträge Kenntnis von den Plusauflagen hatte, diese aber wissentlich den Käufern verschwiegen habe. Damit sei die Geschäftsgrundlage des Anteilserwerbs entfallen.

Erst nach diesen massiven Drohungen mit Insolvenz und Kaufvertragsanfechtung bewegte sich die Treuhand und signalisierte Verhandlungsbereitschaft.  Allerdings stellte sie zahlreiche Bedingungen und bestritt vehement, vor dem 7.10.1991 von den Plusauflagen gewusst zu haben. Nach zähen Verhandlungen zwischen dem Verleger und den Direktoraten Vertragsmanagement und Recht der Treuhand kam es am 24.6.1992 zu der – bedingten – Freistellungserklärung für den Aufbau-Verlag durch die Treuhand (Anlage K 97), die von Herrn Notar Dr. Raue in Berlin protokolliert wurde.    

Diese Vereinbarung enthielt keine direkte und unbedingte Freistellung, sondern letztlich nur eine Übernahme der Gerichts- und Anwaltskosten und den Ersatz von gegen den Verlag ausgeurteilten Schadensersatzleistungen durch die Treuhand. Der Aufbau-Verlag musste sich als Gegenleistung dazu verpflichten, sich selber mit allen rechtlichen Mitteln gegen mögliche Anspruchssteller zu verteidigen und jeden einzelnen Schritt mit der Treuhand abzusprechen. Dies führte zu jahrelangen Prozessen mit Geschädigten, öffentlicher Kritik an der Haltung des Verlegers und behinderte enorm die eigentliche Verlagsarbeit. Die Vereinbarung enthielt zusätzlich eine – von der Treuhand geforderte – Schweigeklausel, die es dem Verleger auch unmöglich machte, den Geschädigten die Hintergründe dieses Verhalten zu erklären.

Der Notar Raue ließ es sich übrigens nicht nehmen, in voller Kenntnis aller von der Treuhand diktierten Regelungen, den Aufbau-Verlag und den Verleger wegen seines rechtlichen Verhaltens öffentlich anzugreifen und als gegnerischer Rechtsanwalt für geschädigte Verlage aufzutreten.

Nachdem mit der bedingten Freistellung für die Plusauflagen durch die Treuhand das Mindestziel des Verlegers, nämlich die Abwendung der Überschuldung der Gesellschaft wegen der Plusauflagen erreicht war, entschloss er sich zu der härteren Gangart gegen diese Behörde.

Bei einer rechtlichen Überprüfung der abgeschlossenen Verträge über den Verkauf der dem Aufbau-Verlag gehörenden Grundstücke in Berlin Mitte, Französische Straße 32 und 33, an die Treuhand stellte er fest, dass im Grundbuch keine Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Treuhand eingetragen und darüber hinaus im Kaufvertrag einige Flurstücke falsch bezeichnet waren.

KAPITEL 3

Die Treuhand hatte am 18.9.1991 noch als Gesellschafter der vermeintlichen Aufbau-Verlag GmbH i. A. die Geschäftsleitung des Verlages angewiesen, die Grundstücke und das Verlagsgebäude in der Französischen Straße 32/33 für 8.260.000 DM an die Treuhand zu verkaufen und diesen Betrag mit den von ihr an die GmbH i. A. gegebenen Gesellschafterdarlehen in gleicher Höhe verrechnet. Die Aufbau Verlag GmbH i. A. schloss danach einen 5-Jahres Mietvertrag über die vom Verlag genutzten Flächen in dem Gebäude.

Erst nach diesem Grundstücksverkauf wurde am gleichen Tag der Vertrag über den Verkauf der Geschäftsanteile an der Aufbau-Verlag GmbH i. A. an die BFL GmbH i. G. unterzeichnet (Anlage K 132). Nachdem der Vorstand der Treuhand aber diesen Vertrag zunächst nicht genehmigte, kam der Kaufvertrag über die Geschäftsanteile erst nach Unterzeichnung des Vertrages vom 27.9.1991 (Anlage K 133), der Vereinbarung gleichen Datums über Herrn Faber und dem Zugang der Genehmigungserklärung des Vorstands der Treuhand bei dem Notar in Frankfurt am 17.10.1991 (Anlage K 70) zustande.

Im Frühjahr 1992 stellten die vom Verleger beauftragten Wirtschaftsprüfer des Verlages bei der Bilanzaufstellung fest, dass die Aufbau-Verlag GmbH i. A. zum Zeitpunkt des Grundstücksverkaufs trotzt der nachfolgenden Kapitalzuführung  von mehr als 7 Millionen DM durch den Hauptgesellschafter und unabhängig von dem Risiko der Plusauflagen noch immer um mindestens weitere sieben Millionen DM überschuldet war, weil die beim Verkauf angegebenen Vermögenswerte der Gesellschaft, insbesondere die Verlagsrechte und die Buchbestände, weit weniger wert waren als von der Treuhand angegeben und der Buchabsatz, auch wegen der Plusauflagen, dramatisch eingebrochen war, wodurch weitere Verluste in den folgenden Jahren unvermeidlich waren.

Daraufhin wies der Verleger die Geschäftsleitung an, die noch immer in Eigentum des Verlages stehenden Grundstücke zur Absicherung seiner Darlehen an die Aufbau-Verlag GmbH i. A. mit Grundschulden in Höhe von 20 Millionen DM zu belasten.  Darüber hinaus wurden die Grundstücke für 20 Millionen DM an ein Unternehmen des Verlegers, die Bürohaus GmbH, verkauft und die Auflassung im Grundbuch beantragt. Damit war es für die Treuhand unmöglich, den ersten Kaufvertrag zu vollziehen.

Nachdem die Treuhand über diese Umstände informiert wurde, erwirkte sie eine einstweilige Verfügung des LG Berlin, die den Vollzug des Verkaufs an die Bürohaus bis zu einer gerichtlichen Entscheidung untersagte und verlangte unter massiven Vorwürfen die Rücknahme dieser Anträge. Der Verlag beantragte seinerseits eine einstweilige Verfügung, die den Vollzug des Verkaufs an die Treuhand untersagen sollte und bot der Treuhand an, den von ihr gezahlten Kaufpreis in Höhe von 8 Millionen DM an die Treuhand zurückzuzahlen.

Die Treuhand weigerte sich, dieses Angebot anzunehmen, weil die Grundstücke nachweislich einen wesentlich höheren Verkehrswert hätten, woraufhin der Verleger konterte, dass damit die Treuhand dem Aufbau-Verlag unrechtmäßig erhebliches Kapital entzogen habe, was nach den Vorschriften des GmbH Gesetzes unzulässig und unter dem Aspekt der Untreue zum Nachteil der Gesellschaft möglicherweise auch strafbar sei.

Es kam nunmehr zu Verhandlungen, die schließlich in der Nacht zum 24.11.1992,  vor der an diesen Tag angekündigten gerichtlichen Entscheidung, zu einem notariellen Vergleichsvertrag führten (Anlage B 23).  Zur Aufrechterhaltung und Durchführung der bisher abgeschlossenen Verträge wurde darin im Wesentlichen folgendes vereinbart:

1.     Zur Durchführung und Aufrechterhaltung der abgeschlossenen Kauf- und Abtretungsverträge über die Geschäftsanteile und die Grundstücke zahlt die Treuhand weitere 9 Millionen DM für die Grundstücke des Verlages. Damit erhöht sich deren Verkaufspreis auf 17,26 Millionen DM. Das Grundbuch wird freigemacht und die Grundstücke wurden auf die Treuhand übertragen.

2.     Der bestehende Vertrag über die Freistellung für die Plusauflagen wird aufgehoben. Die Verantwortlichkeit der Treuhand für die Plusauflagen zu Lasten geschädigter westlicher Verlage wird auf 5,2 Millionen DM gedeckelt. Dem Verlag werden alle Verhandlungsmöglichkeiten für Vergleiche mit den Geschädigten eingeräumt. Durch Vergleich erreichte Einsparungen werden 50:50 zwischen der Treuhand und dem Verlag geteilt.

3.     Der Verlag regelt die Ansprüche geschädigter eigener Autoren (ca. 2 Millionen DM) selbst.

4.     Da von – bei diesem Vertragsabschluss nicht anwesenden – Mitgesellschaftern des Verlegers geäußert wurde, dass die bisherigen Verträge mit der Treuhand sittenwidrig seien, werden nunmehr mit diesem Vertrag diese Vorwürfe fallengelassen und zur Sicherheit die Geschäftsanteile erneut an die Investoren abgetreten.

5.     Mit diesem Vertrag sind nunmehr alle gegenseitigen Ansprüche aus der Übertragung der Geschäftsanteile erfüllt. Die Käufer verzichten daher auf alle weiteren Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund.

Der Verleger schloss diesen Vergleich, obwohl die Zahlungen der Treuhand um fünf Millionen niedriger sein würden als eigentlich angemessen, aber im Ergebnis des Vergleichs waren erheblich bessere Konditionen der Geschäftsanteilsübertragung für die Käufer erreicht worden.

Der bisherige Verlagsleiter Elmar Faber war vom Verleger bereits entlassen worden, weil er durch die Verantwortung für den Lizenzbetrug durch die Plusauflagen belastet war und darüber hinaus durch sein Schweigen auch nach deren Aufdecken einen Teil des Desasters verursacht hatte. Nach Außen die üblichen „strategischen Differenzen“ angegeben.

Der Aufbau-Verlag brauchte nun Ruhe und der Verleger, der inzwischen persönlich die Leitung des Verlages übernommen hatte, konnte sich auf die Verlagsgeschäfte konzentrieren: eine exzellente Vertriebs- und Marketingmannschaft und Lizenzabteilung wurden aufgebaut und die Programmstruktur der Verlage auf die Bedingungen des Buchmarktes umgestellt und schon bald zeigten sich die ersten Erfolge durch neue Titel, z. B. von Erwin Strittmatter, Christof Hein, Victor Klemperer, Alfred Kerr oder Hans Fallada. Nach der Verstärkung des Lektorats entwickelte sich auch der Verlag Rütten & Loening sehr gut und brachte mit dem Buch von Donna Cross „Die Päpstin“ den ersten Mega-Bestseller der Verlagsgruppe nach der Wende.

Im Frühjahr 2003 kaufte der Verleger über die BFL-Beteiligungsgesellschaft noch die Leipziger Verlagsgruppe um den Gustav Kiepenheuer Verlag von der Treuhand. Diese Geschichte ist ein eigenes Kapitel wert, das aber noch geschrieben werden muss. Nur im Nachhinein ist sehr auffällig, dass in dem Kaufvertrag über diese Geschäftsanteile die Treuhand noch nicht einmal für deren Bestand garantierte. Vom Verleger damals unbemerkt, ist das ein Indiz dafür, dass die Treuhand inzwischen die Probleme der Rechtsnachfolge und Umwandlung der DDR-Verlage in GmbH i. A. erkannt hatte, aber eine generelle Heilung der in diesem Zusammenhang gemachten Fehler – wohl aus Kostengründen – trotzdem nicht durchführen wollte.

 

KAPITEL 4

Erst im Jahre 2009, als nach der Insolvenz und dem Verkauf des Verlages der Rechtsstreit mit der Treuhand erneut begann, und deshalb auch die Akten des Kulturbunds noch einmal gründlich gesichtet wurden, erfuhr der Verleger durch den Fund beweiskräftiger Dokumente, dass die Treuhand auch bei diesem Vertragsabschluss die Käufer betrogen hatte.

Denn in den Akten fanden die beauftragten Anwälte zwei Vermerke der Treuhand, die im Zusammenhang mit den Vergleichsverhandlungen von einem Mitarbeiter der Treuhand angefertigt wurden.

In dem Gesprächsprotokoll vom 20.11.1992 (Anlage K 99) wurde zunächst zutreffend die Sach- und Rechtslage aus der Sicht der Treuhand dargestellt und die vom Verleger beanstandeten wirtschaftlichen Mängel der Kaufverträge aufgrund der mangelhaften Rechte- und Buchbestände, auch durch eigene Prüfer der Treuhand, bestätigt.

Auch die Position des Verlegers hinsichtlich der Plusauflagen wurde – „aufgrund der klaren Rechtslage“ – bestätigt. Trotzdem hatte die Treuhand in der Freistellungsvereinbarung noch den Verlag gezwungen, sich gegen Anspruchssteller mit allen rechtlichen Mitteln zu verteidigen, um die Erfüllung derer gerechtfertigter Forderungen möglichst zu verhindern.  

Aber unten auf Seite 3 des Vermerks wies der Protokollführer, Herr Voelker außerdem darauf hin, dass die abgeschlossenen Kaufverträge aus formellen Gründen, wegen Fehler des Notars, nichtig sind und die Käufer gar nicht Eigentümer der Verlage geworden seien. Wenn dies im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung bekannt würde, müsste die Treuhand allein alle bisherigen Verluste des Aufbau-Verlages selber tragen und die Käufer erhielten alle ihre Investitionen ersetzt.

Um das zu verhindern und den Käufern den größeren Teil der auflaufenen Verluste aufzubürden, beschlossen die Teilnehmer der Beratung, darunter der Vorstand der Treuhand Dr. Wolf R. Klinz und die Direktoren J. N. Braun und Dr. Sinnecker, diese Tatsache zu verheimlichen und möglichst einen Vergleich zu schließen, der auf jeden Fall eine erneute Abtretung der Geschäftsanteile enthalten muss, damit – von den Käufern unbemerkt – die Nichtigkeit des Unternehmenskaufvertrages geheilt werden kann.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Käufer arglistig getäuscht wird,  wenn der Verkäufer unter der Verheimlichung der nur vom ihm erkannten Nichtigkeit eines Vertrages den Käufer durch einem Vorwand dazu verleitet, einen neuen Vertrag abzuschließen, um dadurch den ursprünglichen Vertrag unerkannt zu heilen.  Nur bei Prozessen gegen die Treuhand wird diese Rechtsprechung weder vom LG noch vom KG Berlin angewandt, sondern generell die betrügerischen Methoden der THA als „Verfolgung berechtigter Interessen“ bewertet.

Aus der „Sachstandsdarstellung“ vom 20.1.1993 (Anlage K 100), in der die Treuhand ihren gelungen bandenmäßigen Betrug darstellt, geht dann detailliert hervor, dass sich die Betrügerbande in der Treuhand beim Abschluss des Vertrages vom 24.11.1992 vorsätzlich und gezielt über das Prinzip der offenen Verständigung beider Vertragspartner hinweggesetzt hat. Der Verleger wurde durch die wissentlich falsche Behauptung, von Seiten seiner – bei Vertragsschluss nicht anwesenden – Mitgesellschafter seien die bisherigen Verträge als sittenwidrig bezeichnet worden, dazu gebracht, einer erneuten Abtretung der (vermeintlichen!) Geschäftsanteile zuzustimmen.

Hätte ihn die Treuhand wahrheitsgemäß informiert, dass die Käufer wegen der formellen Nichtigkeit der Verträge gar nicht Eigentümer der Verlage geworden waren, hätte er diesen Vergleich allerdings auf keinen Fall abgeschlossen.

Nach der Entdeckung dieser Dokumente kam es im Jahre 2009 erneut zur Anfechtung der mit der Treuhand geschlossenen Verträge wegen arglistiger Täuschung (Anlage K 122, K 123, K137).

Bemerkenswert ist jedoch, dass die Treuhandbande bei der Protokollierung des Vergleichsvertrags am 24.11.1992 und der darin enthaltenen Abtretung der Geschäftsanteile einen weiteren Fehler machte: der Notar hat auch hier die Anlagen zum Vertrag nicht verlesen und damit die Vorschriften des Beurkundungsgesetzes verletzt, was erneut zur Nichtigkeit des Vertrages führt, allerdings nicht in der Berurteilung durch die Berliner Gerichte, die sich eher dem Schutz der THA verpflichtet fühlen, als der Anwendung des Rechts ohne Ansehung der Person.

Die Nichtigkeit des Vergleichsvertrages ergibt sich unabhängig davon allerdings schon daraus, dass die darin (nunmehr vermeintlich formgerecht) abgetretenen Geschäftsanteile an den GmbH i. A. nicht existieren, da die Verlage nicht Volkseigentum waren und folglich nicht nach den Bestimmungen des Treuhandgesetzes in GmbH i. A. umgewandelt werden konnten. Nicht existierende Geschäftsanteile können nach allgemeiner Auffassung auch nicht wirksam abgetreten werden. Allerdings haben auch das sowohl das LG Berlin als auch das KG anders beurteilt.

Die Verheimlichung der Kenntnis von den Plusauflagen und den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft vor, bei und nach Abschluss der Verträge, auch des Vertrages vom 24.11.1992, mit der die Treuhand in arglistiger Weise den Vertragsabschluss erreicht hat, ist nach der Urteilsbegründung der Berliner Gerichte dadurch obsolet, dass nachträglich durch diesen Vertrag einige der Schäden daraus geregelt wurden. Nach dieser Rechtsprechung käme ein Räuber ganz legal mit dem größtenTeil der Beute davon wenn er, des Raubes überführt, für einen kleinen Teil der Beute etwas zahlen würde.

Nach dem hier im Zusammenhang mit den Plusauflagen und dem Vergleichsvertrag vom 24.11.1991 geschilderten Vorgängen zeigt sich, das die kriminelle Bande in der Treuhand tatsächlich bis in deren Vorstand reichte und umfangreichen bandenmäßigen Betrug begangen hat, aber unter dem speziellen Schutz der dagegen angerufenen Berliner Gericht steht.

Bernd F. Lunkewitz